13. Spieltag der Bundesliga:Zoff um Timo Werner und Schiri Dankert

RB Leipzig - FC Schalke 04

Schwalbe oder was? Der Schalker Torwart Ralf Fährmann trifft auf Leipzigs Timo Werner.

(Foto: Jan Woitas/dpa)
  • Schwalbe oder Missverständnis? Beim Leipziger 2:1 gegen Schalke streiten die Beteiligten über eine der offensichtlichsten Fehlentscheidungen der jüngeren Bundesliga-Historie.
  • Der Leipziger behauptet, gestoßen worden zu sein - die Bilder belegen, dass Schiedsrichter Dankert falsch entschied.

Von Sebastian Fischer, Leipzig

Der Torhüter Ralf Fährmann ist kein großer Fan von RB Leipzig. Er wurde im nahen Chemnitz geboren, wo die Rote-Bullen-Euphorie auch heute, 28 Jahre nach Fährmanns Geburt, nicht ausgeprägt ist, außerdem ist Fährmann beim als Malocherverein bekannten FC Schalke 04 so etwas wie der tätowierte Obermalocher. Vor der Begegnung am Samstag hatte er angekündigt, "denen zu zeigen, wie ehrlicher, echter Bundesligafußball geht".

Am Samstagabend, nach dem Spiel, stand Fährmann dann einsam in seinem Strafraum, er blickte zu Boden und gab später zu Protokoll, ihm drohe Wut-Herpes: Er musste anerkennen, dass sein Vorhaben gescheitert war. Die Leipziger feierten, und der Stadion-DJ spielte die Beastie Boys: "You gotta fight for your right to party". Es waren nämlich die Gastgeber gewesen, die mit echtem Bundesligafußball die Schalker mit 2:1 geschlagen hatten. Die Leipziger bleiben auch nach 13 Spieltagen ungeschlagener Tabellenführer, weil sie nicht nur ziemlich gut kombinieren, sondern auch malochen können, das war die Erkenntnis dieses Abends. Die Frage war bloß, wie ehrlich der Leipziger Fußball gewesen war.

"Jeder hat gesehen, dass es eine Fehlentscheidung war"

Die spielentscheidende Szene ereignete sich schon nach kaum mehr als 20 Sekunden, Fährmann war einer ihrer Protagonisten. Leipzigs Angreifer Timo Werner war Verteidiger Naldo entwischt und lief nun allein auf Fährmann zu, der Stürmer lupfte den Ball über ihn, aber am Tor vorbei. Und wohl weil der junge Werner sah, dass er gerade eine große Chance verpasst hatte, versuchte er es mit einer der offensichtlichsten Schwalben der jüngeren Bundesligageschichte. Werner sank unberührt neben Fährmann zu Boden. Und Schiedsrichter Bastian Dankert entschied auf Elfmeter.

"Es war keiner", sagte Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl. "Jeder hat gesehen, dass es eine Fehlentscheidung war", sagte Schalkes Markus Weinzierl. Fährmann war vor allem auf den Schiedsrichter wütend. "Ich muss aufpassen, dass ich morgen keinen Herpes hab, so sehr wie ich mich aufrege!" Werner habe ihm gesagt, "dass ich ihn nicht berührt habe, er hat es auch dem Schiedsrichter gesagt". Den Leipziger nahm Fährmann in Schutz: "Da muss man Werner loben für seine Fairness, aber da muss der Schiedsrichter handeln."

Dankert wiederum gab nach Studium der Fernsehbilder seinen Fehler zu. Von einem "Gespräch" mit Werner und dass dieser ihm gegenüber die Schwalbe zugegeben habe, wollte Dankert aber nichts mitbekommen haben: "Dem muss ich widersprechen. Ich habe ihn gefragt, was war da - da kam aber nichts. Und dann musste ich ja irgendwann den Strafstoß anpfeifen."

Im Stadion sei es laut gewesen, sagt Timo Werner

Und Timo Werner? Der Stürmer hatte den Strafstoß anschließend selbst verwandelt, er ließ sich ausgiebig für sein achtes Saisontor feiern, ballte die Faust, schlug sich auf die Brust. Später war ihm die Szene offensichtlich unangenehm. Wie war das jetzt genau, das Gespräch mit dem Schiedsrichter, Herr Werner? Naja, sagte Herr Werner: "Die Schalker standen vor ihm und haben ihn angeschrien, dann noch Tausende Zuschauer die schreien, da ist es nicht einfach, zu verstehen." Er habe vor den Schalker Spielern zugegeben, dass es kein Foul gewesen sei: "Ich bin kein Lügner."

Das Tor zählte, und in den restlichen 93 Minuten inklusive Nachspielzeit setzte sich die Geschichte von mit allen Mitteln malochenden Leipzigern und frustrierten Schalkern fort. Zwar erholten sich die Gäste zwischenzeitlich, glichen vor der Pause durch Sead Kolasinac aus, der einen Schuss von Leon Goretzka im Nachsetzen über die Linie drückte. Doch in der 47. Minute verlängerte Kolasinac einen Freistoß von Emil Forsberg ins eigene Tor.

Beastie Boys übertönen die Kämpfer und Malocher

Forsberg, wie schon in den Vorwochen bester Leipziger, gab zu, dass seine Mannschaft vielleicht "nicht viel Fußball" abgeliefert hatte, aber sie lieferte in der zweiten Halbzeit trotzdem noch mehr Fußball als die Schalker - und sie kämpfte. Immer wenn die Schalker ins Spiel zu finden schienen, gewannen die Leipziger die wichtigen Zweikämpfe, schnürten ihren Gegnern im Mittelfeld die Luft ab, streuten wenn nötig clevere Fouls ein. "Wir waren sehr griffig", sagte Kapitän Willi Orban. Neben Forsberg galt das vor allem für dessen Nebenmann in der Zentrale, Naby Keita, und den Angreifer Yussuf Poulsen, der einfach nicht aufhören wollte zu laufen. Nationalspieler Benedikt Höwedes kam kaum hinterher, er war oft gezwungen zu foulen, sah Gelb und musste nachher "anerkennen, dass RB das super gespielt hatte".

Schalke war zwar anzumerken, dass der verpatzte Saisonstart nach zuletzt zwölf Spielen ohne Niederlage Geschichte ist, dass sich die Mannschaft gefangen hat. Aber in der Schlussphase gelang ihr fast nichts mehr, was das Leipziger Tor hätte gefährden können, sieht man von einem Geis-Freistoß ab. "Gegründet von Kämpfern und Malochern" stand auf einem Plakat, das die Schalker Spieler nach dem Schlusspfiff vor ihren Fans in die Luft reckten. Doch die Beastie Boys hallten zu laut durch Leipzig, als dass man die Schalker Gesänge hätte hören können.

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