Das Hansaviertel in Münster
Münster ist wahrscheinlich wirklich die schönste Stadt im ganzen Bundesland. Die Münsteraner warten deshalb nicht nur mit einem für NRW merkwürdig ausgeprägten Lokalpatriotismus auf, sondern stören sich deshalb auch sehr am Hauptbahnhof, dem Schandfleck ihrer Stadt: Dieser ist, man muss es so deutlich sagen, unfassbar hässlich. Aber der Bahnhof ist auch das Tor zu Münsters spannendstem Kiez, dem Hansaviertel, das sich zwischen Bahnhof und Hafen erstreckt.
Hier ist das eher beschauliche Münster ausnahmsweise nicht nur hübsch anzusehen, sondern fühlt sich tatsächlich urban und ein bisschen wild an. Das liegt zum einen an der spannenden Kulisse aus Industrieromantik am Hafen, Altbauten und ein bisschen Graffiti. Zum anderen liegt es an dem, was hier geboten wird, vor allem nach Einbruch der Dunkelheit.
Im Hansaviertel finden sich schon seit Ewigkeiten beliebte Kneipen wie die "Watusi Bar" und "Doc Müllers Raketen Café", aber auch aktuelle angesagte Clubs wie das eher schicke "Heaven". Im alternativen "Gleis 22", das weit über die Stadtgrenzen hinaus für seine Konzerte bekannt ist, finden Indie-Partys statt. Gemütlich ist es aber auch im Hansaviertel, und zwar in Cafés wie dem "Teilchen und Beschleuniger", wo man sich zwischen Flohmarkt-Mobiliar in 50er-Jahre-Sesseln entspannt, dabei sehr guten Kaffee trinken, selbstgemachten Kuchen essen und sich wirklich ein bisschen wie in der Hauptstadt fühlen kann.
Wenn man also trotz all der hervorragenden Möglichkeiten zur Zerstreuung in den Seiten- und Parallelstraßen irgendwann vom Bahnhof bis zum Hafen gelangt ist (nur etwa ein halber Kilometer Luftlinie), sollte man sich dort unbedingt ans Kanalufer setzen, eventuell die Füße in den Sand des "Coconut Beach" vergraben und auf das Hafenbecken schauen. Wenn dann noch die Lichter des "Kreativkais" im Dunkeln glitzern, kann man ob dieser Schönheit selbst den Anblick des maroden Bahnhofs viel besser ertragen.
Juliane Frisse