Nur die besten der sehr guten Sambaschulen in Brasilien haben in den Nächten zum Rosenmontag und zum Faschingsdienstag ihren ganz großen Auftritt: Insgesamt zwölf Sambaschulen ziehen mit bis zu 5000 Tänzern durch das Sambódromo in Rio de Janeiro und versuchen nicht nur das Publikum mitzureißen, sondern auch die Jury zu beeindrucken.
Tänzerinnen wie Bianca Leao, die Trommlerkönigin der Sambaschule Uniao da Ilha, sind ein besonders begehrtes Fotomotiv - wie auch Tänzerinnen auf den Themenwagen der Schulen, deren Kostüm sich bisweilen auf ein paar Farbkleckse beschränkt. Karneval in Rio ist ein Fest der Körperlichkeit in einem Land, in dem der Gang zum Schönheitschirurgen nicht außergewöhnlich ist. Doch um vor den Punktrichtern bestehen zu können, zählen eine Vielzahl von Kriterien, etwa die Choreographie, die künstlerische Umsetzung des Mottos der Schule oder auch deren Karnevalssong.
Gefeiert wird trotz des grassierenden Zika-Virus, schließlich haben sich die Sambaschulen auf das wichtigste Event des Jahres monatelang vorbereitet. Zwischen den Paraden wurde aber vor der Zika-Gefahr gewarnt, natürlich tanzend (hier lesen Sie alles Wissenswerte über Zika). Vor Beginn hatten Männer in gelben Schutzanzügen versucht, das Sambódromo mückenfrei zu spritzen - auch wenn es nicht überdacht ist.
80 Minuten haben die Sambaschulen Zeit, sich so gut, schön und fröhlich wie möglich zu präsentieren. Die Zeit darf nicht wesentlich über-, aber auch nicht unterschritten werden, sonst gibt es Punktabzüge. Im Bild ein Paradewagen von Beija Flor, dem Vorjahressieger. Sie gilt als eine der besten Sambaschulen Rios und leistet sich fünf statt des sonst üblichen einen Designers für den Karnevalszug.
Die Konkurrenz von Uniao da Ilha holt sich angesichts dieses starken Gegners wohlbekannten himmlischen Beistand.
Uniao da Ilha macht Olympia zum Leitthema und zeigt die Vielfalt der Akrobatik sowie der Akrobaten.
Bei den Kostümen setzt nicht nur Beija Flor auf tiefe Einblicke und viel nackte Haut sowohl bei Tänzerinnen ...
... als auch bei den Tänzern. Die Ränge im Sambódromo, das von Oscar Niemeyer entworfen wurde, bieten Platz für mehr als 88 000 Zuschauer, die das Spektakel bis zum Morgengrauen verfolgen: Dann zieht die letzte der sechs Sambaschulen zwischen den Tribünen hindurch.
Die Grande Rio Sambaschule huldigt Fußballgott Pelé in Bildern und ...
... mit einem leichtfüßigen Pelé-Darsteller, der vielleicht den besten Platz des Abends hat und diesen dank eines Sicherheitsseils auch nicht unfreiwillig verließ.
Doch der Wettbewerb ist wie der gesamte Karneval in Rio de Janeiro nicht nur von den Warnungen vor dem Zika-Virus überschattet: Noch schwerer wiegt die tiefe wirtschaftliche Krise Brasiliens. Dutzende Umzüge im ganzen Land mussten mangels Geld abgesagt werden. Mangueira, eine der besten Sambaschulen Rios, schickt 4000 statt 5000 Tänzer durchs Sambódromo.
Am Karneval in Rio, dessen Höhepunkt im Sambódromo zwei Wochen mit Straßenfesten und -umzügen vorausgehen, nehmen aber Schätzungen zufolge wieder fünf Millionen Menschen teil, darunter eine Million Touristen. Knapp 700 Millionen Euro Umsatz erwartet die Stadt.
Am Aschermittwoch wird bekannt gegeben, welche Sambaschule diesmal den überzeugendsten Auftritt hatte. Die besten sechs ziehen dann nochmal am Samstag eine Ehrenrunde durchs Sambódromo.
Gemeinsam mit Grande Rio dürfen Spieler des Fußballklubs Santos auftreten. Deren lässiges Winken fällt gegen die hochkonzentrierte Körperspannung der Tänzer doch etwas ab und gibt hoffentlich keine Abzug in der Haltungsnote.
Doch Brasilien ist mehr als Fußball: So darf sich Vanderlei Cordeiro de Lima, der in Athen 2004 eine olympische Bronzemedaille im Marathon erlief, 80 Minuten lang als Sieger fühlen.