Wahlprogramm:So wollen die Grünen in die Wahl ziehen

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Von der Zukunft Gorlebens bis zum Einstieg in die Kindergrundsicherung: Die Grünen-Spitze hat ihr Wahlprogramm fertiggestellt, jetzt soll die Basis darüber diskutieren. Die wichtigsten Punkte im Überblick.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Die Grünen haben jetzt ein Wahlprogramm - oder zumindest einen Entwurf. Am Freitag hat Parteichef Cem Özdemir ihn mit den Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin vorgestellt, nun können aus der Partei bis Ende April Änderungsanträge kommen. Im Wahlkampf sollen zudem etwa zehn Projekte und Anliegen besonders hervorgehoben werden - welche das sein sollen, darüber dürfen im Juni die Mitglieder entscheiden. Der Titel des Entwurfs: "Zeit für den grünen Wandel - Teilhaben. Einmischen. Zukunft schaffen." Hier zentrale Aussagen zu ausgewählten Themen:

Koalitionen

"Wir wollen den grünen Wandel mit einer rot-grünen Koalition erreichen", heißt es im Programmentwurf. Weil die Spitzen-Grünen im Wahlkampf Koalitionsdebatten möglichst klein halten, gleichzeitig aber keine Option formal ausschließen wollen, wird die Abgrenzung zu den anderen Parteien inhaltlich begründet: "CDU und CSU hintertreiben die Energiewende", heißt es etwa, oder: "Die Linkspartei macht unseriöse sozial- und finanzpolitische Versprechungen." Mit der SPD gebe es ebenfalls Differenzen, manchmal sei sie "kein Antreiber, sondern ein Bremser" und werde nur mit "starken Grünen" ein "Partner für den grünen Wandel sein".

Steuern und Finanzen

Die Grünen wollen den Grundfreibetrag auf 8700 Euro erhöhen, derzeit liegt er bei 8130 Euro. "Gutverdiener", formulieren sie, "sollen etwas mehr zur Finanzierung öffentlicher Leistungen beitragen." Auf Einkommen von 60.000 Euro im Jahr an soll ein Steuersatz von 45 Prozent fällig werden, von 80.000 Euro an sollen es 49 Prozent sein. Wer weniger als 60.000 Euro verdient, soll entlastet werden, insgesamt sollen dabei etwa drei Milliarden Euro an Mehreinnahmen bleiben. Mit einer Abgabe auf Nettovermögen von mehr als einer Million Euro soll der Staat über mehrere Jahre etwa 100 Milliarden Euro einnehmen, damit sollen ausschließlich Schulden des Bundes abgebaut werden. Für Betriebsvermögen soll die Abgabe auf maximal 35 Prozent des Gewinns begrenzt werden. Zudem wollen die Grünen "umweltschädliche Subventionen" abbauen.

Energie

Mit einem Klimaschutzgesetz wollen die Grünen erreichen, dass der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 sinkt. Um "faire Strompreise" zu ermöglichen, wollen sie die "immer üppigeren Befreiungen der Industrie von den Umlagen für Stromnetze und Erneuerbare Energien" auf das "wirklich notwendige Maß zurückführen. Zudem wollen sie das Bergrecht ändern, "um neue Braunkohletagebaue zu verhindern". Zur parteiintern umstrittenen Frage, wie man bei der Suche nach einem Atommüll-Endlager mit dem Standort Gorleben umgehen soll, findet sich keine Aussage. Die Spitzenleute hoffen, sich mit der Bundesregierung noch vor Beginn des Wahlkampfs auf ein Endlager-Suchgesetz zu einigen.

Familie

Die Grünen wollen das Betreuungsgeld abschaffen und "in der nächsten Legislaturperiode den Einstieg in eine Kindergrundsicherung schaffen", in der "perspektivisch Kinderregelsätze, Kinderzuschlag sowie die steuerlichen Kinderfreibeträge" vollständig aufgehen sollen, so die Formulierung im Entwurf. Das Ehegattensplitting wollen sie durch eine "Individualbesteuerung mit übertragbarem Existenzminimum" ersetzen und dadurch unter anderem Geld für den Aufbau der Kindergrundsicherung erwirtschaften. Das Konzept der Kindergrundsicherung ist in der Partei umstritten. Vor dem Parteitag Ende vergangenen Jahres hatte man sich deshalb auf die Kompromissformel geeinigt, man wolle in die Grundsicherung "einsteigen". Zum Ehegattensplitting heißt es im Programmentwurf: "Wir wollen den Übergang für bestehende Ehen sozialverträglich gestalten." Zunächst soll das durch eine "Deckelung des Splittingvorteils" sichergestellt werden, so dass anfangs nur Haushalte mit einem Einkommen von mindestens 60.000 Euro belastet würden.

Gesundheit und Soziales

Die Grünen wollen eine Bürgerversicherung einführen, um die "Zwei-Klassen-Medizin" abzuschaffen, wie sie es nennen. In die Bürgerversicherung sollen alle einzahlen, auch Beamte und Selbständige. Der Hartz-IV-Regelsatz soll von derzeit 382 auf 420 Euro steigen, außerdem wollen die Grünen eine steuerfinanzierte "Garantierente" von mindestens 850 Euro einführen, auf die jeder Anspruch haben soll, der 30 Versicherungsjahre vorzuweisen hat. "Wir unterscheiden dabei nicht zwischen Teilzeit- und Vollzeittätigkeit und beziehen bis zu 10 Jahre der Kinderbetreuung und Zeiten der Arbeitslosigkeit mit ein", heißt es im Programmentwurf.

© SZ vom 02.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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