Vizekanzler:Gabriel verteidigt "Stinkefinger"-Geste gegenüber Neonazis

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Sigmar Gabriel am 12.08.2016 in Salzgitter: Der Vizekanzler zeigt den Stinkefinger. (Foto: Video-Screenshot/dpa)

SPD-Chef Gabriel steht im ZDF-Sommerinterview zu seiner eindeutigen Geste gegen pöbelnde Neonazis. Er bereue bloß eines.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat seine "Stinkefinger"-Geste gegenüber rechten pöbelnden Demonstranten bei einem Auftritt in Salzgitter verteidigt. "Ich habe nur einen Fehler gemacht, ich habe nicht beide Hände benutzt", sagte er im ZDF-Sommerinterview.

Gabriel hatte der Gruppe Mitte August in Salzgitter den Mittelfinger gezeigt, nachdem ihn diese als "Volksverräter" beschimpft und auf seinen Nazi-Vater Bezug genommen hatten.

Gabriels Mittelfinger
:Geste der Hilflosigkeit weißer alter Männer

Der ausgestreckte Mittelfinger war ein mächtiges Instrument, ein vulgäres Symbol für männliche Dominanz. Sigmar Gabriel zeigt nun, wie inhaltsleer diese Geste ist.

Von Julian Dörr

Ein Video dazu war im Internet aufgetaucht. In einer Antwortmail aus der SPD-Zentrale auf Nachfragen von Bürgern hieß es später: "Natürlich hält auch Sigmar Gabriel die Geste nicht für eine angemessene Form der Alltagskommunikation. Aber die war mit brüllenden und offenbar gewaltbereiten Neonazis auch nicht möglich." Diese hätten jeden Gesprächsversuch niedergeschrien.

Obergrenze für Integration

Der SPD-Chef spricht seit einigen Jahren offen über das schwierige Verhältnis zu seinem Vater, der auch nach 1945 ein überzeugter Nationalsozialist gewesen sein soll. Wegen der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung ist Gabriel zudem Anfeindungen ausgesetzt. Im Sommer 2015 hatte er die Verantwortlichen für die Krawalle um eine Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Heidenau als "Pack" bezeichnet.

Im ZDF-Sommerinterview äußerte Gabriel nun erstmals in der Flüchtlingsdebatte Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Er forderte eine Obergrenze für Integration: "Die Union hat die Herausforderungen unterschätzt, und wir haben immer gesagt, es ist undenkbar, dass wir in Deutschland jedes Jahr eine Million Menschen aufnehmen", sagte der Vizekanzler laut am Samstag vorab verbreiteten Ausschnitten aus dem Interview, das am Sonntagabend ausgestrahlt wird.

Es reiche nicht, ständig zu sagen, wir schaffen das, sagte Gabriel weiter. Vielmehr müssten die Voraussetzungen geschaffen werden, "dass wir es auch hinkriegen" - das aber habe die CDU/CSU "immer blockiert".

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