Internationale Zusammenarbeit:Problempartner Deutschland

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Wohin zielen die Deutschen? - das fragen sich Nato und EU: Bundeswehrsoldat bei einem Manöver mit anderen Europäern. (Foto: Getty Images)
  • Bei verschiedenen internatonalen Konferenzen in der nächsten Woche werden sich die Partner Deutschlands wieder nach dem Stand der Regierungsbildung erkundigen.
  • Weder Außenminister Gabriel, noch Verteidigungsministerin von der Leyen können im Moment verbindliche Aussagen treffen.
  • Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sorgt sich vor allem um die Einhaltung des 2-Prozent-Ziels.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Er kann es nun doch einrichten. Sigmar Gabriel, geschäftsführender Außenminister des größten Landes der Europäischen Union, hat kurzfristig sein Erscheinen beim informellen Treffen der EU-Außenminister in Sofia an diesem Donnerstag und Freitag zugesagt. Es wird über die Lage in Syrien, auf dem westlichen Balkan und in Korea gesprochen.

Wichtige Themen allesamt, aber eine ganze Weile hatte es so ausgesehen, dass ohne den deutschen Außenminister gesprochen werden muss. Seine Teilnahme sei nicht geplant, hatte es zunächst geheißen, nachdem bekannt geworden war, dass Gabriel sein Amt an Martin Schulz abgeben sollte. Als dann Schulz seinen Verzicht erklärte, kam von Amtsinhaber Gabriel wieder eine Anmeldung - zunächst für die Sicherheitskonferenz Ende der Woche in München und dann auch zum Treffen der EU-Außenminister in Sofia.

Internationale Partner wüssten gern, ob die Regierungsbildner bald fertig sind

Dieses Hin und Her wäre nicht nötig gewesen, um die Europäer daran zu erinnern, dass sie ein deutsches Problem haben. Inmitten sich zuspitzender internationaler Krisen und einer entscheidenden Phase für die Reform der EU ist Deutschland mit sich selbst beschäftigt. An diesem Mittwoch etwa präsentiert Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker seinen Konstruktionsplan für mehr Demokratie in der EU; Ende Februar bei einem informellen EU-Gipfel wird von Kanzlerin Angela Merkel eine deutsche Position dazu erwartet. Einen Monat später dann geht es in Brüssel um die Zukunft des Euro.

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Europäer, Amerikaner und viele andere wüssten gerne, ob die Berliner Regierungsbildner bald fertig sind. Und sie werden danach fragen. An diesem Mittwoch und Donnerstag beim Treffen der Nato-Verteidigungsminister, danach bei den EU-Außenministern in Sofia, vor allem aber am Wochenende bei der Sicherheitskonferenz, bei der der Gastgeber erstmals die Gespräche auf den Gängen beherrschen dürfte.

Gabriel lies sich bei etlichen Treffen vertreten

Noch-Außenminister Gabriel, der nach einem Zwischenstopp in Goslar nach München reisen will, verkörpert nach seinem giftigen Streit mit Martin Schulz und dem Rest der SPD-Spitze geradezu das Problem, dass Deutschlands politische Klasse mehr mit inneren Konflikten als mit den Weltkrisen beschäftigt ist. Dabei hatte sich Gabriel im Kreis der EU-Kollegen in seiner kurzen Amtszeit durchaus Respekt erworben, wenn auch nicht durch besondere Sitzungsdisziplin.

Aus verschiedenen Gründen ließ er sich bei etlichen, auch wichtigen Treffen vertreten. Keinen gesteigerten Wert legte er auch darauf, langwierigen Sitzungen bis zum Ende beizuwohnen. "Es ist eben Gabriel", sagt ein Ministerkollege. In der Sache aber, etwa wenn es um das Thema Iran ging, habe der nun voraussichtlich scheidende Deutsche einiges Gewicht in die Waagschale gelegt.

Anders als Gabriel kann Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vielleicht bleiben und steht auch nicht im Zentrum öffentlich ausgetragener innerparteilicher Auseinandersetzungen, doch auch sie kann international nur eingeschränkt agieren. Zwar sagte sie bei einem Irak-Besuch am Sonntag zu, dass die Bundeswehr auch in Bagdad und im Zentralirak bei der Ausbildung und Beratung der einheimischen Truppen helfen werde. Doch löste sie damit sogleich Widerspruch des möglichen Koalitionspartners SPD aus. Auch sie dürfte beim Treffen mit den Kollegen also höfliche Nachfragen zu beantworten haben.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußert sich vorsichtig

Das betrifft ebenso den Dauerbrenner Lastenteilung. Im Koalitionsvertrag bekennen sich CDU, CSU und SPD nicht ausdrücklich zum Ziel der Nato, sich bei den Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) bis 2024 zuzubewegen. Die Rede ist nur wolkig vom "Zielkorridor der Vereinbarungen in der Nato" und davon, dass Steigerungen in diesem Bereich zu koppeln seien an höhere Ausgaben für Entwicklungshilfe. Der US-Botschafterin bei der Nato, Kay Bailey Hutchison, ist nicht entgangen, dass das "nicht die zwei Prozent" sind, "von denen wir hofften, dass sie im Plan sein werden". Dennoch gibt sie sich optimistisch: "Wenn die Regierung steht, glauben wir, dass auch Deutschland mehr tun wird."

Vorsichtig äußert sich auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Für ihn genießt das Thema Lastenteilung oberste Priorität. Will er nicht riskieren, dass US-Präsident Donald Trump den Nato-Gipfel im Juli verdirbt, muss er Erfolge vorweisen. So lobt er, dass die Ausgaben der europäischen Nato-Staaten und Kanadas nach Jahren der Kürzungen seit 2014 wieder stetig ansteigen - 2017 um 5,01 Prozent. Von allen Staaten erstmals eingereichte nationale Pläne zeigten überdies, "dass wir einen weiteren Anstieg erwarten können". 2014 hätten nur drei Verbündete zwei Prozent des BIP für Verteidigung ausgegeben. Dieses Jahr würden das acht und 2024 "mindestens 15 Alliierte" sein.

Deutschland freilich wird nicht dazu gehören. Kritik am "Schlüssel-Verbündeten" vermeidet Stoltenberg dennoch. "Ich begrüße, dass Deutschland die Kürzungen gestoppt hat, mit einem Anstieg begonnen hat und begonnen hat, sich auf zwei Prozent zuzubewegen. Ich erwarte, dass das fortgesetzt wird", sagt er nur. In die deutsche Innenpolitik will er sich ausdrücklich nicht einmischen. Nur so viel: "Ich bin absolut sicher, dass Deutschland eine gute Regierung haben wird."

© SZ vom 14.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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