US-Präsident Donald Trump hat einen umstrittenen Erlass seines Vorgängers Barack Obama zur freien Toilettenwahl von Transgender-Schülern aufheben lassen. Justizminister Jeff Sessions erklärte, der im Mai von Obama ausgegebene Erlass sei juristisch mangelhaft. Zudem dürften derartige Fragen nicht vom Präsidenten, sondern müssten per Gesetz vom Kongress, den Parlamenten der Bundesstaaten oder den örtlichen Behörden entschieden werden. Vertreter von Angehörigen sexueller Minderheiten kritisierten den Schritt als Angriff auf die Bürgerrechte. Vor dem Weißen Haus versammelten sich Menschen, um dagegen zu demonstrieren.
Obama hatte im Mai öffentlichen Schulen angewiesen, Transgender-Schüler selbst aussuchen zu lassen, auf welche Toilette sie gehen möchten. So konnten sich beispielsweise Transgender-Frauen auch dann in der Damenumkleide umziehen, wenn ihre operative Geschlechtsangleichung noch nicht vollzogen war. Einrichtungen, die dem nicht Folge leisteten, drohte er mit dem Entzug von Geldern aus Washington.
Kritiker sehen traditionelle Werte in Gefahr und bemängelten, Obamas Weisung würde es Männern unter einem Vorwand ermöglichen, in Damen-Toiletten einzudringen.
Polarisierung in konservatives und progressives Lager
Der Streit über die freie Toilettenwahl macht deutlich, wie sehr die US-Gesellschaft polarisiert ist, Konservative und Progressive stehen sich unversöhnlich gegenüber. Zudem berührt der Streit grundsätzliche Fragen zum föderalen Aufbau des Staates und der Interpretation der Bürgerrechte.
Obamas nun gekippter Erlass interpretierte ein als Title IX bekanntes Bundesgesetz, das die Diskriminierung sexueller Minderheiten, wie etwa Homosexuelle, verbietet. Juristisch unklar ist jedoch, ob davon auch die sexuelle Identität, also beispielsweise Transgender, erfasst wird.
Konservative Gegner der Obama-Direktive wie Trump argumentieren, dass der Bund im Allgemeinen und der damalige Präsident im Speziellen seine Zuständigkeit überschritten habe. Nicht Politiker in Washington, sondern die Bundesstaaten, Kommunen oder einzelnen Schulen müssten über solche Fragen entscheiden.
Befürworter argumentieren dagegen, dass die vom Bund per Gesetz festgeschriebenen Rechte eines Bürgers nicht von den darunterliegenden Ebenen des Staates infrage gestellt werden dürfen. Sie befürchten eine Aufweichung diverser Rechte in konservativen Teilen des Landes.
Bildungsministerin DeVos musste sich Sessions und Trump beugen
Bildungsministerin Betsy DeVos, deren Zustimmung zur Beseitigung der Obama-Weisung nötig war, wollte sich dem Vorstoß von Justizminister Sessions offenbar zunächst in den Weg stellen, berichtet die New York Times. Noch am Mittwochabend hatte DeVos eine Erklärung veröffentlicht, in der sie die "moralische Verpflichtung jeder Schule" betonte, "in Amerika, alle Schüler vor Diskriminierung, Mobbing und Bedrohung zu schützen". Alle Schulen müssten sicherstellen, dass Schüler, und damit auch LGBT-Schüler die Möglichkeit bekommen, sich in einer sicheren Umgebung entfalten und lernen zu können. DeVos soll sich angeblich seit Jahren relativ unbemerkt von der Öffentlichkeit für LGBT-Rechte einsetzen.
Außerdem wollte DeVos der NYT zufolge zwei Gerichtsverfahren abwarten, die sich mit ebenjenem Erlass Obamas beschäftigten. Letztlich musste sie sich aber Trump und dem Justizminister beugen. Vor die Alternativen gestellt, Trump zu trotzen oder zurückzutreten, sei DeVos nichts anderes übrig geblieben, als der neuen Weisung zuzustimmen, heißt es in der NYT.