START-Abrüstungsvertrag:Triumph einer lahmenden Ente

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Barack Obama präsentiert sich nach der Ratifizierung des START-Abrüstungsvertrags als Sieger. Die Russen sind mit dem Vertragspartner zufrieden, Bundeskanzlerin Merkel gratuliert. Ein Comeback des zuletzt angeschlagenen US-Präsidenten?

Hawaii musste warten. Erst am Mittwoch, später als geplant, brach Barack Obama mit seiner Familie in Richtung Aloha State auf. Vor dem Weihnachtsurlaub in einem Strandhaus in Kailua auf Oahu hatte der US-Präsident wichtige Dinge zu erledigen: Er kommentierte die Ratifizierung des START-Abrüstungsvertrages durch den Senat. Es war ihm eine rechte Freude.

"Lahme Ente" oder nicht? Barack Obama nach der Abstimmung über das START-Abkommen in Washington. (Foto: AFP)

"Eine Zeit des Fortschritts" sei angebrochen, schwärmte der Präsident. Das Abstimmungsergebnis - auch 13 Republikaner stimmten für den Vertrag - zeige, dass "wir nicht zu einem endlosen Stillstand verurteilt sind". Obama machte klar, dass seine Demokraten trotz der Pleite bei der Kongresswahl im November, als sie ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren, nicht handlungsunfähig sind. "Lame Ducks Triumphant", schrieb die New York Times - der Triumph der lahmen Enten. Wie viel Wunschdenken in dieser Einschätzung steckt, wird sich zeigen müssen.

Auf internationaler Ebene erntete der Präsident viel Applaus. Die Unterzeichnung des START-Vertrags, der die Verringerung der Atomwaffen in Russland und den USA binnen sieben Jahren auf jeweils nicht mehr als 1550 vorschreibt, wurde im Ausland als großer Erfolg des Präsidenten gewertet. Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte Obama und sprach von einem Meilenstein bei der Entwicklung einer wirklichen Partnerschaft mit Russland. Außenminister Guido Westerwelle sagte, ein erfolgreicher Abschluss mit der noch ausstehenden Ratifizierung durch Russland wäre ein Quantensprung für die Bemühungen um nukleare Abrüstung.

Auch die Russen zeigten sich erfreut. Präsident Dmitrij Medwedjew habe die Ratifizierung im US-Senat mit "Zufriedenheit aufgenommen", sagte eine Kreml-Sprecherin. Das russische Parlament wolle das Abkommen nun ebenfalls schleunigst ratifizieren. Schon am Freitag könne es so weit sein. Obama und Medwedjew hatten sich auf das Nachfolge-Abkommen des START-Vertrags von 1991 im April in Prag geeinigt. Es ermögliche den USA, "unsere Beziehung zu Russland weiter zu verbessern", sagte Obama. Die Welt werde dadurch zu einem sichereren Ort.

In nationalen wie internationalen Medien wird der US-Präsident als "Comeback Kid" ( Washington Post) gefeiert. Von einer "goldenen Woche" für Obama schwärmt die liberale Turiner Tageszeitung La Stampa, weil die Demokraten zuvor auch ein Gesetz durchsetzten, das die Diskriminierung von Homosexuellen im Militär beendet.

Die niederländische Zeitung de Volkskrant schreibt: "Vor sieben Wochen, nach der beschämenden Wahlniederlage seiner Demokratischen Partei, schien Obama groggy in den Seilen zu hängen. Doch nun hat er prägnante Erfolge erreicht." Für die Salzburger Nachrichten "beweist Obama einmal mehr, dass er vor allem dann zu Hochformen aufläuft, wenn er unter Druck steht".

Wie lange diese Hochform andauert, ist allerdings fraglich. Im Januar tritt der neu gewählte Kongress erstmals zusammen - inklusive jener erzkonservativen Republikaner, die als Kandidaten der Tea Party im Wahlkampf vor allem damit gepunktet hatten, Obamas Politik zu verdammen. Die Kompromissbereitschaft wird unter ihrer Präsenz leiden. "Der Kongress begegnet neuen Kämpfen", schreibt die New York Times.

Möglicherweise, so die Meinung vieler Beobachter, haben die Republikaner im aktuellen Senat auch deshalb für den START-Vertrag gestimmt, weil sie die Ankunft ihrer rechten Parteifreunde ebenfalls fürchten. Der Präsident ist sich dieser Möglichkeit offenbar bewusst. In Washington sagte er: "Ich bin nicht naiv. Ich weiß, dass uns Kämpfe bevorstehen."

© dpa/AFP/AP/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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