USA:Misstrauen und Paranoia zerfressen Amerikas Politik

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Aus dem Weißen Haus werden derzeit etliche Interna durchgestochen - die Absicht dahinter bleibt unklar. (Foto: REUTERS)

Präsident Trump wettert gegen Barack Obama und sieht sich von Verschwörern umstellt. Die Vorgänge in der neuen US-Regierung müssen tatsächlich aufgeklärt werden.

Kommentar von Hubert Wetzel, Washington

Barack Obama hat mit großer Wahrscheinlichkeit nicht getan, was Donald Trump ihm vorwirft, getan zu haben. Der scheidende US-Präsident hat nicht angeordnet, die Telefone des republikanischen Präsidentschaftskandidaten abhören zu lassen. Dazu hätte Obama nicht die Befugnis gehabt. Wenn Trump also nun in einem morgendlichen Twitteranfall Derartiges behauptet, dann sagt das vor allem etwas über seine Paranoia und seine fehlende Impulskontrolle aus.

In einer anderen Sache allerdings hat Trump wohl recht: Irgendjemand aus dem Staatsschutz- oder Geheimdienstbereich füttert die Medien mit Material. Es gibt inzwischen zu viele, auf vertraulichen Informationen fußende Geschichten über Verbindungen zwischen Leuten, die Trump nahestehen, und Russland, als dass man da noch an einen Zufall glauben mag. Wie diese Verbindungen genau aussehen, das bleibt oft im Dunklen - ein verheimlichtes Treffen, ein Telefonat, das trotz Dementis stattgefunden hat. Alles vage und dubios.

Wird Trump tatsächlich von eigenen Leuten beschädigt?

Die große Frage ist: Warum sickert dieses Material heraus? Trump und seine Leute haben sich in die Vorstellung verbissen, es gebe einen "tiefen Staat" in Washington, eine Clique von Obama-Verbündeten in den Geheimdiensten, im FBI, im Außenministerium und anderen angeblich von Linken durchsetzten Regierungsbehörden, die Trump beschädigen und stürzen wollen. Die Durchstechereien sind aus Trumps Sicht eine Art langsamer Putsch gegen den rechtmäßigen Präsidenten.

Die Durchstecher, wer immer sie sind, sehen das vermutlich anders. Nach allem, was in Washington zu hören ist, gibt es in den Diensten gut informierte Leute, die Trump tatsächlich und allen Ernstes für kaum mehr als eine Marionette des russischen Präsidenten Wladimir Putin halten - erst gefördert und ins Amt gebracht vom russischen Geheimdienst, jetzt abhängig, vielleicht sogar erpressbar von Moskau. "Der Safe steht offen, der Schmuck ist weg, und Frau Putin trägt eine neue Perlenkette", beschreibt ein Mann, der zumeist gut Bescheid weiß, die Sichtweise dieser Geheimdienstler, die dann aus Sorge um ihr Land Informationen weitergäben.

Welche Version stimmt? Wird da ein gewählter Präsident weidwund geschossen, weil er nach Meinung der Dienste die falsche Russland-Politik macht? Oder versuchen namenlose Patrioten im Regierungsapparat, die Vereinigten Staaten und die freie Welt zu retten? Man weiß es nicht.

Was man hingegen weiß: Amerikas Politik wird von Misstrauen zerfressen. Und das wird so lange weitergehen, bis das Thema "Trump und Russland" aufgeklärt ist. Die Amerikaner haben ein Recht zu wissen, ob ihr Präsident etwas Illegales mit Moskau zu schaffen hat - oder ob es in den Geheimdiensten Leute gibt, die sich arrogant über den Wählerwillen hinwegsetzen. Der Rest der Welt, der mit Trump leben muss, hat zumindest ein berechtigtes Interesse an Aufklärung.

Die einzige Instanz, die diese Aufklärung leisten könnte, ist der Kongress. Dessen Interesse ist bisher leider eher gering.

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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