US-Wahl:Sicherten Grüne und Libertäre Trumps Sieg?

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Wie bei der Wahl zwischen Al Gore und George W. Bush einst in Florida? Welche Rolle zwei amerikanische Kleinparteien bei der US-Wahl spielten.

Von Alexander Triesch

Als Millard Fillmore das Weiße Haus verlässt, beginnt in Washington eine neue Zeitrechnung. Etwas anderes als das Zwei-Parteien-System war unvorstellbar. Der Farmersohn Fillmore war der letzte Präsident der Whig-Party, einer nationalistischen Partei, die 1850 - nach seiner Amstzeit - auseinanderbrach. Von da an war der US-Präsident entweder Republikaner oder Demokrat. Kandidaten anderer Parteien konnten zwar hin und wieder ein paar Wahlmänner gewinnen, ernsthafte Chancen auf die Präsidentschaft hatten sie nie mehr.

Das war im Duell zwischen Hillary Clinton gegen Donald Trump nicht anders. Die wichtigen Drittparteien - die Libertäre Partei, die Grüne Partei und die Verfassungspartei - kommen landesweit zusammen nicht mal auf fünf Prozent der Wählerstimmen. Trotzdem haben jetzt einige Clinton-Anhänger den Schuldigen für vier Jahre Trump genau dort ausgemacht: Gary Johnson, ehemaliger Gouverneur von New Mexico und Präsidentschaftskandidat der Liberalen. Auf Twitter schreibt eine Nutzerin: "Gary Johnson hat die Zukunft der Welt verändert. Ich werde ihm nie vergeben."

Aber was ist eigentlich passiert? Der 63-jährige Johnson hat in entscheidenden Swing-States wie Florida und Pennsylvania zwischen zwei und drei Prozent erhalten - also ungefähr so viele Stimmen, wie Hillary Clinton gebraucht hätte, um dort Trump zu schlagen.

Erinnerungen an Al Gores Niederlage

Die Niederlage erinnert an das Jahr 2000, als der Demokrat Al Gore nur ganz knapp am Republikaner George W. Bush gescheitert ist. Das demokratische Lager beschuldigte damals Ralph Nader, Bush zum Präsidenten gemacht zu haben. Mehr als 97 000 Wähler in Florida stimmten damals für den Kandidaten der Green Party. Dem ehemaligen Vize von Bill Clinton fehlten dort lediglich 537 Stimmen - dann hätte er den Staat gewonnen und wäre Präsident geworden. Besonders bitter war, dass Nader-Unterstützer in Umfragen erklärten, sie hätten eher Al Gore gewählt, wenn sie sich nur zwischen ihm und Bush entscheiden müssten.

Konnte Trump also nur wegen der Hardcore-Unterstützer von Miniparteien gewinnen? Neben Johnson soll laut dieser Interpretation auch Jill Stein, die grüne Kandidatin, dem Republikaner zum Sieg verholfen haben. Der amerikanische Blogger Steve Benen skizziert dazu ein alternatives Szenario: Hätten in Florida und Pennsylvania die Stein-Wähler und die Hälfte der Johnson-Wähler, in Michigan die Hälfte und in Wisconsin alle Stein-Wähler stattdessen für Clinton abgestimmt, wäre sie die erste Frau im Weißen Haus geworden. In allen vier genannten Staaten trennen Clinton und Trump weniger als 1,5 Prozentpunkte.

Benen hat Recht - und doch nicht Recht. Die Wähler der Drittparteien hätten Donald Trump tatsächlich stoppen können - und doch zeigen Umfragen von CBS News und der New York Times ein anderes Bild: Denn nur weil Johnson und Stein mit liberalen und linken Wahlprogrammen angetreten sind, muss das nicht heißen, dass ihre Anhänger im Zweifel auch für die demokratische Kandidatin stimmen würden.

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Laut diesen Umfragen ist sogar das Gegenteil der Fall. 61 Prozent der Stein-Wähler und 55 Prozent der Johnson-Wähler wären laut CBS News am Dienstag zu Hause geblieben, hätten sie nur für Clinton oder Trump stimmen können. Nur 25 Prozent hätten sich für Clinton entschieden.

Ein Blick in die Swing States bestätigt das. In Florida hätten sich bei nur zwei Kandidaten fünf Prozent, in Pennsylvania drei Prozent aller Wähler enthalten. Das deckt sich ungefähr mit dem Großteil der Stimmen, die dort an Drittparteien gingen - auch wenn die Nachwahlbefragungen für einzelne Staaten oftmals wenig präzise sind. Trump oder Clinton, das war nach den hässlichen Schmutzkampagnen für viele Amerikaner offenbar eine Wahl, die sie nicht treffen wollten.

Dass weder die Libertarian Party noch die Green Party Schuld an einem Präsidenten Trump haben, beweist auch ein Blick zurück ins Jahr 2012. Schon damals traten Johnson und Stein an und kamen zusammen auf 1,7 Millionen Stimmen. In der Nacht auf Mittwoch zählten die Wahlhelfer nun mehr als fünf Millionen - und das obwohl die Wahlbeteiligung wohl insgesamt zurückgegangen sein soll (endgültige Zahlen gibt es bislang noch nicht). Auch ernsthafte Analysen zur Wählerwanderung gibt es bisher noch nicht, die Zugewinne bei Johnson und Stein können aber nicht nur von Nichtwählern kommen. Demokraten und Republikaner haben Unterstützer verloren, die wohl lieber gar nicht wählten, als sich zwischen Trump und Clinton zu entscheiden.

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