US-Vorwahl:"Donald Trump liebt sich selbst mehr als unser Land"

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Partei-Anhänger tanzen auf der jährlichen Republikaner-Konferenz CPAC mit Pappfiguren der Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur. (Foto: AFP)

Gott, Reagan, Waffen: Beim Aktivisten-Gipfel CPAC feiern Amerikas Konservative sich selbst und Ted Cruz. Dabei schimpfen sie über zwei Leute, die nicht da sind: Hillary Clinton und Donald Trump.

Von Matthias Kolb, National Harbor (Maryland)

"OUR TIME IS NOW" steht in den großen Lettern über der Bühne der Conservative Political Action Conference (CPAC). Doch nachdem Donald Trump sieben von elf Staaten beim Super Tuesday gewonnen, Mitt Romney den populärsten Republikaner als "Betrüger" bezeichnet und dieser mit der Größe seines Geschlechtsteils angegeben hat, ist dies nicht wirklich die beste Zeit für Amerikas Konservative. Das ohnehin schlechte Image der Republikaner ist in dieser Woche noch weiter beschädigt worden.

Doch Zweifel sind nicht erlaubt im riesigen "Gaylord"-Hotel außerhalb Washingtons. Bei CPAC gilt die reine Lehre: Die Konferenz wird von der National Rifle Association ebenso finanziert wie von der konservativen Heritage-Stiftung. Hier sind sich alle einig, dass der Staat drastisch zusammengekürzt, das Recht auf Waffenbesitz verteidigt und Abtreibung verdammt werden muss. Studenten reisen an, um Gleichgesinnte zu treffen - Klagen über "kommunistische" Colleges und political correctness gehören ebenso zum Standard wie ausgefallene Kostüme und Stars-and-Stripes-Accessoires.

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In den Gängen haben konservative Talkradio-Moderatoren ihre Mikrofone aufgebaut und beschimpfen US-Präsident Obama und die Filmindustrie in Hollywood, die den "moralischen Verfall" propagiere. Im Saal dominieren die Fans von Ted Cruz und auch viele Redner werben offen für den Senator aus Texas - und verdammen den Mann, der Cruz laufend besiegt.

Häufiger Vorwurf: Trump kennt und achtet die Verfassung nicht

"Donald Trump liebt sich selbst mehr als unser Land, er liebt sich mehr als die Verfassung", ruft Jenny Beth Martin, die Mitgründerin der "Tea Party Patriots". Jeder müsse wissen, dass Trump früher "Amnestie"-Gesetze unterstützt habe. "Amnestie" - so nennen die Hardline-Konservativen jede Initiative, den Millionen undokumentierten Einwanderern einen Weg in die Legalität zu ebnen.

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Besonders schlimm findet Martin, dass Trump den Slogan "Make America great again" bei Ronald Reagan, dem Helden der konservativen Bewegung, geklaut hat. "Wendet einen anderen Reagan-Spruch an: Trust but verify. Überprüft, was er sagt", ruft sie. Während die Tea-Party-Frau die Politiker beschimpft, dem Volk nicht zuzuhören, verkünden die Organisatoren per Twitter die Nachricht des Tages: Trump wird an diesem Samstag nicht bei der CPAC auftreten.

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Warum er stattdessen in Kansas und Florida Wahlkampf macht, bleibt zunächst unklar. Sein CPAC-Auftritt war kritisiert worden, weil er mindestens 150 000 Dollar an die Organisation gespendet hatte, was deren Unparteilichkeit infrage stellte ( mehr bei Politico). Doch offenbar ging es Trump nicht darum, wieder für ein paar Stunden die Agenda bestimmen: Er hat keine Lust darauf, ausgebuht zu werden ( einige konservative Aktivisten hatten angekündigt, unter großen Getöse den Saal während Trumps Rede zu verlassen) und war auch nicht bereit, sich nach seiner Rede Fragen zu stellen.

Ted Cruz wird für seine radikale Kompromisslosigkeit gefeiert

"Es wundert mich nicht, dass er kneift", fasst Carlton Goodman aus Pennsylvania die vorherrschende Meinung zusammen. Trump wisse wohl, dass er "hier nicht willkommen" sei, so Goodman. Er hofft, dass nun der Weg für Ted Cruz frei werde.

Dessen Rede ist der Höhepunkt des Tages und natürlich beginnt der Texaner mit Attacken: "Er hat seinen Auftritt wohl abgesagt, weil ihm jemand gesagt hat, dass sich bei CPAC echte Konservative versammeln." Sein Argument ist simpel: Wenn ihr Trump verhindern wollt, dann unterstützt mich. Er preist seine Erfahrung als Jurist, der vor dem Supreme Court für konservative Anliegen gekämpft hat und umwirbt die Fans gescheiterter Kandidaten wie Rand Paul.

Dass Trump, der wohl am Samstag weitere Vorwahlen gewinnt, in der TV-Debatte eine gewisse "Flexibilität" ankündigte, macht Cruz wütend. Dieses Wort werde in Washington benutzt, um Prinzipien zu verraten. Er werde keine Kompromisse eingehen und vor allem das Recht der Amerikaner auf Waffenbesitz beschützen, so der Hardliner.

Hier ist der Jubel noch lauter als in jenem Teil der Rede, als Cruz seine Wirtschaftspläne erläutern: Steuererklärung per Postkarte, Steuerbehörde ganz abschaffen und Steuern runter. All dies werde gemäß irgendwelcher Voodoo- Regeln dazu führen, dass junge Leute nach der Uni zwischen fünf und sechs Jobs auswählen können.

Und sonst? Der schwarze Ex-Gehirnchirurg Ben Carson beendet offiziell seine Präsidentschaftskandidatur vor einem Publikum, das ihn wie in den Jahren zuvor feiert. John Kasich stellt sich in eine Reihe mit dem überkonservativen Helden Reagan, für den er einst Wahlkampf gemacht. Er habe ständig gegen das Establishment gekämpft, meint Ohios pragmatischer Gouverneur. Dann lehnt er sehr eindeutig das Recht auf Abtreibung ab: "Jeder von euch ist einzigartig und Gott hat euch eine besondere Aufgabe zugewiesen."

Typisch für CPAC ist auch, dass im Anschluss Michelle Malkin den Präsidentschaftskandidaten beschimpft: "Dieser Mann ist kein Konservativer, er hat Leute in Ohio, die ihre Kinder zu Hause erziehen, mit einer Hetzkampagne überzogen." Malkin ist eine jener konservativen Medien-Stars mit einer Website und fast einer Million Twitter-Follower, die täglich bei Fox News oder einer christlichen Radiosendung gegen Gewerkschaften, linke Politiker oder Hillary Clinton schimpft.

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Drei Tage lang wird ununterbrochen vor der Ex-Außenministerin beziehungsweise "Königin Hillary" gewarnt. "Sie wird Amerikas Bürger nicht schützen", unkt Ex-Botschafter John Bolton. "Sie hat Terroristen und Amerikas Feinde stärker gemacht", ruft Senatorin Joni Ernst. Und auch wenn viele CPAC-Besucher sagen, dass sie Trumps vulgäre Sprache ablehnen, ist sich Organisator Matt Schlapp von der American Conservative Union nicht zu fein für diesen Spruch: "Ich will nicht, dass Bill Clinton mit zu viel Zeit durchs Weiße Haus läuft und den Praktikantinnen nahe kommt."

Am Samstag tritt noch Marco Rubio bei CPAC auf und wird einer der wenigen nichtweißen Menschen im Gaylord-Hotel sein. Sicherlich wird im Fünf-Minuten-Takt Amerikas Untergang beschworen ("Obamas radikale Politik zerstört das Land"), Angst geschürt ("die radikalen Islamisten sind dabei uns zu erobern", so Matt Schlapp) und auch ohne Trump über den Einsatz von Folter im Kampf gegen den IS debattiert werden.

Bei Besuchern, die nicht Teil der immer weiter nach rechts gerückten konservativen Bewegung sind, löst dieses mit christlichen Referenzen versehene Dauergedröhne Kopfweh aus. Und im Vergleich zum Dauer-Provokateur Donald Trump scheint es fast noch schwerer vorstellbar, dass ein ideologisch-radikaler Kandidat wie Ted Cruz im November eine Mehrheit bei den US-Wählern bekommen kann.

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