US-Präsidentschaftswahl:Alle Augen auf Trump - und dahinter kämpfen Cruz und Rubio

Die Zahl der Republikaner, die Chancen aufs Weiße Haus haben, schrumpft zum Jahresende. Welche Kandidaten in der TV-Debatte überzeugten - und was 2016 noch drin ist.

Von Matthias Kolb, Washington

Donald Trump (69, Immobilien-Milliardär)

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(Foto: dpa)

Profilierte sich 2015 im Wahlkampf als Schrecken des Establishments und Superheld des frustrierten Amerikas. Dass er nie ein politisches Amt innehatte, finden seine Fans gut. Sie glauben, dass nur er die USA zu alter Größe zurückführen kann und jubeln, wenn Trump ausspricht, was angeblich alle denken, aber sich nicht zu sagen trauen. Wirkte in der Debatte anfangs kontrolliert, weil er auf Klischee-Phrasen ("Wir werden ganz oft siegen") verzichtete. Details erwartet von ihm sowieso keiner. Später wurde Trump wieder zum Rüpel, der Kritiker mit Sprüchen abserviert: "Ja genau, Jeb, du bist ein ganz harter Kerl." Moment des Jahres: Der frühere Reality-TV-Star braucht die TV-Debatten nicht, damit über ihn geredet wird. Ohne Geld für Wahlwerbung auszugeben, ist er auf allen Kanälen dauerpräsent. Seine Sprüche sind rassistisch ("Mexikaner sind Vergewaltiger"), frauenfeindlich ("Blut kam aus ihr heraus") oder schlicht Lügen ("Tausende Muslime jubelten in New Jersey nach 9/11"). Aber nichts sorgte weltweit für mehr Proteste als seine Forderung nach einem völligen Einreisestopp für Muslime in die USA. Hofft 2016 darauf, dass er weiter viele konventionelle Polit-Weisheiten über den Haufen werfen kann und als Kandidat der Republikaner nominiert wird. Geld hat Trump im Überfluss, aber er wird nur dann Kandidat, wenn die Trump-Fans wirklich ihre Stimmen abgeben und die Zahl derer abnimmt, die "niemals" Trump wählen wollen. Ein schwieriger Spagat.

Marco Rubio (44, Senator aus Florida)

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(Foto: AP)

Profilierte sich 2015 im Wahlkampf als optimistischster aller Kandidaten. Wuchs als Kind von Kubanern in Miami auf. Der Hip-Hop-Fan kann also Spanisch, doch spricht er ungern über seine früheren Anstrengungen in Sachen Einwanderungsreform. Redet als "Nicht-Wissenschaftler" auch nicht über Klimawandel und fordert strenge Abtreibungsregeln. Wirkte in dieser Debatte nicht so strahlend wie sonst. Bewies aber erneut, dass er am besten über außenpolitische Themen reden kann - und auch unter Druck kaum Fehler macht. Gilt als bester Debattierer, auch deswegen sehen Hillary Clintons Berater ihn als gefährlichsten Gegner. Moment des Jahres: Am 28. Oktober zeigt Rubio seinem einstigen Förderer Jeb Bush, wie man auf eine Attacke reagiert: "Das machst du nur, weil wir uns um das gleiche Amt bewerben und dir jemand gesagt hat, dass du mich angreifen sollst." Der 44-Jährige stellte Bush als Marionette dar, bekam großen Applaus und wurde noch ein bisschen mehr zum Geheimfavoriten. Hofft 2016 darauf, dass die Prognosen eintreten, die ihn als Favoriten auf die Kandidatur sehen. Nicht nur das angesehene National Journal traut ihm zu, die Republikaner zu vereinen. Allerdings sieht Rubio noch jünger aus als 44 - und sein Lebenslauf ähnelt dem von Barack Obama. Und Amerikas Konservative werfen dem Präsidenten seit sieben Jahren vor, ein Amateur ohne Erfahrung zu sein.

Ted Cruz (44, Senator aus Texas)

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(Foto: AFP)

Profilierte sich 2015 im Wahlkampf als Anti-Washington-Kandidat, der Kompromisse ablehnt und etwa die Steuerbehörde IRS abschaffen will. In Iowa, wo als Erstes gewählt wird, liegt er weit vorne und landesweit auf Platz zwei. Cruz' Formel: Er ist diszipliniert, hat viel Geld eingesammelt und begeistert die konservativen Christen. Wirkte in der Debatte so selbstbewusst, dass er den Moderator mitunter ignorierte. Klopfte die härtesten Sprüche ("Wer sich dem IS anschließt, unterzeichnet sein Todesurteil") und sagte kein schlechtes Wort über Trump. Lieferte sich lieber ein Dauerduell mit Rubio über Einwanderung, Verteidigungspolitik und konservative Werte. Die beiden werden sich noch öfter attackieren. Moment des Jahres: Im August zeigte Cruz, wie er seinen Frühstücksschinken brät: Er wickelt ihn angeblich um den Lauf eines Sturmgewehrs und ballert los. Das Video wurde zum Internet-Hit, und die Welt fragte sich mal wieder, ob in Texas normale Menschen leben (Antwort: Ja.) Hofft 2016 darauf, dass Donald Trump aus irgendeinem Grund das Rennen verlässt und die vielen Trump-Anhänger zu ihm überlaufen. Sollte der Texaner als Kandidat nominiert werden, dann würde dessen Lieblingsthese überprüft: Demnach haben die Republikaner die letzten Wahlen nur deshalb verloren, weil ihre Kandidaten nicht konservativ genug waren.

Jeb Bush (62, ehemaliger Gouverneur von Florida)

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(Foto: AFP)

Wollte sich 2015 als erfahrener Ex-Gouverneur profilieren, der Land und Partei modernisiert und das Einwanderungsrecht reformiert. Das klappt überhaupt nicht: Jeb Bush kommt auf vier Prozent Zustimmung und ist laut Washington Post der "Verlierer des Jahres". Die Werte von John Ellis Bush sind so mies, weil viele genug von den Bushs und vom Partei-Establishment haben - und er ein miserabler Wahlkämpfer ist. Wirkte in dieser Debatte kampfeslustig und nicht so, als wäre er lieber woanders. Bezeichnete Trump als "Chaos-Kandidat" (hier im Video), der auch ein "Chaos-Präsident" sein würde - und prognostizierte: "Donald, Beleidigungen allein genügen nicht, um Präsident zu werden." Ein Hoffnungsschimmer für seine Unterstützer und Anhänger. Moment des Jahres: Symbolisch für das verkorkste Jahr 2015 ist der Monat Mai. Da brauchte Jeb mehrere Tage, um eine passende Haltung zum Irak-Krieg zu finden, den sein Präsidentenbruder gestartet hatte. Hier zeichnete sich ab, was sich später wiederholte: Wer erwartbare Fragen nicht kontern kann, der reagiert auch nicht gut, wenn Schlagfertigkeit gefragt ist. Hofft 2016 darauf, dass alles anders wird. Zwar hat kein Kandidat mehr Geld eingesammelt als er und mit seiner Biografie (seine Frau ist Mexikanerin) könnte er Latinos für die Republikaner gewinnen. Ein dritter Bush im Weißen Haus - das erscheint noch immer ziemlich unwahrscheinlich.

Chris Christie (53, Gouverneur von New Jersey)

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(Foto: AFP)

Profilierte sich 2015 im Wahlkampf als erfahrener Gouverneur, der Probleme beim Namen nennt und deswegen auch von Demokraten gewählt wurde. Hatte anfangs große Probleme, weil Trump als "Ich kümmere mich nicht um Political Correctness"-Lautsprecher noch viel überzeugender ist. Nach Paris und San Bernardino spricht Christie oft von seiner Zeit als Staatsanwalt nach 9/11 - und weil ihm die verunsicherten Wähler hier Kompetenz zuweisen, steigen seine Werte. Wirkte in dieser Debatte selbstbewusst und angriffslustig. Im Gegensatz zu Senatoren wie Cruz, Rubio und Paul redete er nicht nur über den Kampf gegen Islamisten: "Ich habe sieben Jahre damit verbracht, Amerika vor Terroristen zu schützen. Für mich ist das keine Theorie." Moment des Jahres: Christie setzt alles auf die Vorwahl in New Hampshire, und Ende Oktober hielt er dort eine Rede, indem er mehr Hilfe für Heroin- und Kokain-Süchtige forderte. Das sechsminütige Video (hier zu sehen) wurde zum Internet-Hit und es zeigt, welch talentierter Politiker dieser Chris Christie sein kann. Hofft 2016 darauf, dass er den Schwung aus den letzten Wahlkampf-Wochen mitnehmen kann - und am 8. Februar in New Hampshire mindestens auf dem dritten Platz landet. Wenn Christie das gelingt, dann hat er Chancen darauf, vom konservativen Establishment unterstützt zu werden.

Carly Fiorina (61, ehemalige Chefin von Hewlett-Packard)

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(Foto: AFP)

Profilierte sich 2015 im Wahlkampf als Außenseiterin, die mit ihrer Erfahrung als Geschäftsfrau die US-Politik verändern könnte. Wirbt vehement gegen das Recht auf Abtreibung und dämonisiert Planned Parenthood. Sticht als einzige Frau unter einem Dutzend männlicher Republikaner heraus - und sieht dies als Vorteil im Duell gegen Hillary Clinton. Daher lautet ihr Motto: "Ich bin noch nicht euer Traumkandidat, aber Hillary Clintons schlimmster Albtraum." Wirkte in dieser Debatte gut vorbereitet, aber setzte sich nicht durch. Oft unterbrach sie ihre Kontrahenten und stichelte: "Nur weil jemand laut redet, ist er deswegen noch lange nicht stark." Ihre eigenen Vorschläge überzeugten nicht wirklich. Hat nicht verloren, aber auch nichts gewonnen. Moment des Jahres: Fiorina überzeugte in allen Debatten, doch besonders stark war ihr Konter auf Trumps sexistischen Spruch, wonach sie mit ihrem Gesicht "unwählbar" sei: "Alle Frauen haben genau gehört, was Mister Trump gesagt hat." An Trumps Höhenflug und daran, dass er alle Diskussionen dominiert, änderte der Spruch trotzdem nichts. Hofft 2016 darauf, dass ihr der Posten der Vizepräsidentin angeboten wird. Das wäre zwar keine Premiere in republikanischen Bewerbungen, aber im Vergleich zu Sarah Palin ist sie wesentlich kompetenter.

Ben Carson (64, ehemaliger Gehirnchirurg)

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(Foto: AFP)

Profilierte sich 2015 im Wahlkampf als Anti-Establishment-Politiker, den nichts aus der Ruhe bringt. Seine guten Manieren, seine Karriere als Neurochirurg und die Tatsache, dass er gern über seinen Glauben redet, gefallen vielen frustrierten Wählern. Je länger sich die öffentliche Debatte um Terrorismus dreht, umso mehr gehen seine Umfragewerte nach unten. Wirkte in dieser Debatte wenig präsent und fiel vor allem durch ständiges Husten auf. Begann den Abend mit einer Schweigeminute für die Opfer von San Bernardino und beklagte später, dass er zu wenige Fragen bekam. Seine Antworten zeigten dann, dass er einige Begriffe auswendig gelernt hat, aber noch immer sehr wenig von Außenpolitik versteht. Moment des Jahres: Carson mag Nazi-Vergleiche und verteidigte das Recht auf Waffenbesitz mit der abstrusen Behauptung, dass der Holocaust nur möglich gewesen sei, weil Hitler allen Deutschen die Waffen abgenommen habe. Außerdem besteht er darauf, als Teenager einen Freund mit einem Messer attackiert zu haben, obwohl sich dafür keine Belege finden. Hofft 2016 darauf, dass sich die Stimmung wieder beruhigt und nicht alle über Terror reden. Wenn bis zum Frühjahr noch mehr Leute einige der Bücher kaufen, die er mit seiner Frau Candy schreibt, freut ihn das auch.

Rand Paul (52, Senator aus Kentucky)

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(Foto: AFP)

Profilierte sich 2015 im Wahlkampf als Skeptiker von Militärinterventionen, Gegner von staatlichen Überwachungsprogrammen und prinzipientreuer Verächter jeglicher Form von Einmischung durch die Regierung. Paul wirbt um schwarze Wähler und kämpft dafür, dass weniger US-Bürger im Gefängnis landen. Doch irgendwie hat das niemand wirklich wahrgenommen. Wirkte in dieser Debatte präsenter als sonst. Kritisierte Trump für den Plan, das Internet irgendwie abzuschalten ("wie China"), damit der IS dort nicht rekrutieren könne. Auch die anderen Vorschläge Trumps seien "verfassungswidrig" (hier im Video). Verteidigte gegen Rubio die Position, dass massenhafte Speicherung von Metadaten nicht vor Terror schütze. Erhielt viel Applaus - was auch daran lag, dass in Nevada besonders viele Libertäre leben. Moment des Jahres: Als Rand Paul im April seine Kandidatur bekannt gab, wurde er wie im Herbst 2014 als "interessantester Mann der US-Politik" und möglicher Retter der Konservativen beschrieben. Danach ging es für ihn nur noch bergab - bis zur Debatte in Las Vegas. Hofft 2016 darauf, dass ihn bei den Vorwahlen zumindest die Anhänger seines Vaters Ron wählen. Ansonsten wird er sich bald auf Kentucky konzentrieren, sonst könnte er im November seinen Posten als Senator verlieren.

John Kasich (63, Gouverneur von Ohio)

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(Foto: AFP)

Profilierte sich 2015 im Wahlkampf als Erwachsener in einem Zirkus voller Sprücheklopfer und Clowns. Ist heute erfolgreicher Gouverneur in Ohio. War vorher lange Jahre Abgeordneter und sorgte dafür, dass das US-Budget ohne Schulden auskam. Der "mitfühlende Konservative" wirkt aber oft überehrgeizig und kommt bisher nur bei moderateren Wählern an. Wirkte in dieser Debatte nicht so überdreht wie zuletzt. Suchte nach dem passenden Moment für einen guten Spruch - und fand ihn nicht. Kam oft besserwisserisch rüber, als er an frühere Vorschläge erinnerte. Zitierte seine Tochter, die Politik nicht mag, weil sich alle anschreien - doch ihr Vater drang an diesem Abend nicht durch. Moment des Jahres: Wirklich viel ist nicht in Erinnerung geblieben. Kasich kann jedoch für sich in Anspruch nehmen, Donald Trump früh kritisiert zu haben: Dessen Vorschläge zur Einwanderungspolitik nannte er schlicht "verrückt". Hofft 2016 darauf, dass er am 8. Februar in New Hampshire mindestens Dritter wird. Wenn er dort nicht Christie, Bush und Fiorina besiegt, dann wird er nie der Konsens-Kandidat. Weil der Parteitag der Republikaner in Ohio stattfindet, steht John Kasich im Juli auf der großen Bühne: Er wird beten, dass in Cleveland nicht sein Intimfeind Donald Trump offiziell als Kandidat nominiert wird.

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