US-Einwanderungspolitik:Ein Zyniker und Menschenfeind

Donald Trump

Die sogenannte "Null Toleranz"-Politik lässt daran zweifeln, ob Humanität überhaupt noch eine Rolle spielt in Donald Trumps Regierung.

(Foto: dpa)

Trump hat überraschend per Dekret der Familientrennung an der US-Grenze ein Ende gesetzt. Seine Lösung aber ist kaum weniger hart: Die Kinder sollen jetzt eben mit ihren Eltern in Haft.

Kommentar von Thorsten Denkler, New York

US-Präsident Donald Trump ist ein Zyniker und ein Menschenfeind. Anders lässt sich seine jüngste Volte im Streit um Kinder von Immigranten nicht mehr erklären. Seit einigen Monaten lässt die Trump-Regierung Familien, die illegal in die USA eingereist sind, nicht mehr zusammen. Die Eltern kommen auf unbestimmte Zeit ins Gefängnis. Die Kinder in Heime oder provisorische Lager. Über 2300 Kinder sollen es inzwischen sein, die so von ihren Eltern getrennt wurden.

Diese sogenannte "Null Toleranz"-Politik lässt daran zweifeln, ob Humanität überhaupt noch eine Rolle spielt in der Trump-Regierung. In Texas etwa ist ein alter WalMart-Supermarkt die neue Heimat für über 1200 Minderjährige. Woanders schlafen Kinder in Käfigen. Und zuletzt wurden öffentlich, dass die Behörden den Eltern auch ihre Babys entreißen. Das ist so herzerschütternd, dass auf dem Sender MSNBC eine landesweit bekannte Moderatorin in Tränen ausbrach, als sie die Meldung in ihrer Sendung vorlas.

Trump geriet immer stärker unter Druck. Selbst an der eigenen Parteibasis rumorte es unüberhörbar. Härte gegen Immigranten? Klar, sofort! Aber gegen Kinder und Säuglinge? Das geht deutlich zu weit.

Im Weißen Haus wurde offenbar seit Tagen an einer Lösung gearbeitet. Eine Lösung, die zwei Bedingungen erfüllen muss. Sie darf nichts von der Härte zurücknehmen. Und soll Trump nicht länger wie ein kinderhassendes Monster aussehen lassen. Die Lösung, die jetzt offenbar gefunden wurde, nimmt tatsächlich nichts von der Härte zurück. Aber Trump bleibt das kinderhassende Monster.

Trump will hat an diesem Mittwoch ein Dekret unterschrieben, das der Familientrennung ein Ende macht. Das Perfide an den Plänen aber ist: Die Eltern bleiben in Haft. Es sollen jetzt Gebäude gefunden oder gebaut werden, die die Unterbringung von Familien ermöglichen. Das lässt sich drehen und wenden wie man will: Die Folge von Trumps Dekret dürfte sein, dass er Schulkinder, Kleinkinder und Babys bald zusammen mit den Eltern auf unbestimmte Zeit hinter Gitter und Stachldraht sperrt.

Das ist an sich schon infam. Dazu kommt, dass er sich damit sehr wahrscheinlich gegen geltende Rechtsprechung stellt, die seit 1997 als "Flores Settlement" Gültigkeit hat. Die vom Obersten Gericht der USA, dem Supreme Court, abgesegnete Vereinbarung untersagt, dass Kleinkinder zusammen mit den Eltern inhaftiert werden können. Vor allem zum Schutz der Kinder.

Trump scheint das nicht zu stören. Wie die New York Times weiter berichtet, soll er sich durchaus bewusst sein, dass sein Dekret langwierige Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen dürfte. Und ob der Supreme Court Trumps Anliegen unterstützt, das "Flores Settlement" zu modifizieren, ist ungewiss.

Trump will am Ende nur eines: Dass alle schreiben und senden, dass er die Familien wieder zusammengeführt hat. Ohne eingestehen zu müssen, dass die ganze Aktion ein riesiger Fehler war, die vor allem Tausende traumatisierter Kinder zurücklassen wird.

Nur am Rande: Kritik an Trump in dieser Sache ist auch in Europa laut geworden. Das ist gut. EU-Politiker aber sollte sich auch selbst den Spiegel vorhalten: Denn im Mittelmeer ertrinken immer wieder Familien auf der Flucht nach Europa.

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