Umfrage zu Partei-Querelen:Piraten-Basis will Programm statt Personaldebatte

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Der umstrittene politische Geschäftsführer Johannes Ponader fordert eine Neuwahl des Bundesvorstands noch vor der Bundestagswahl. (Foto: dpa)

In Neumarkt soll es ein Programm geben: In einer parteiinternen Umfrage sprechen sich die meisten Piraten dagegen aus, auf dem kommenden Parteitag den Bundesvorstand neu zu wählen. Sie wollen lieber über Inhalte diskutieren. Der umstrittene politische Geschäftsführer Johannes Ponader bliebe ihnen damit vorerst erhalten.

Von Hannah Beitzer

Programm oder Neuwahlen oder doch alles auf einmal? Die Piraten sind sich seit Monaten uneinig in der Frage, wie ihr nächster Bundesparteitag im Mai aussehen soll. Auf dem vergangenen Parteitag in Bochum hatte sich eine Mehrheit der Anwesenden dafür ausgesprochen, dort nur über Inhalte zu sprechen. Doch der umstrittene politische Geschäfsführer Johannes Ponader hatte wiederholt eine Neuwahl des gesamten Vorstands noch vor der Bundestagswahl gefordert.

Nun sollte eine Umfrage Klarheit schaffen - per E-Mail wurden die Mitglieder der Partei dazu aufgefordert, dem Vorstand ihre Präferenzen für den Parteitag in Neumarkt in der Oberpfalz mitzuteilen. Von den 31.407 Mitgliedern antworteten 5056. Das entspricht einer Quote von 16,1 Prozent. Die meisten Punkte erhält die Variante, die sich gegen eine Neuwahl des Bundesvorstands vor der Bundestagswahl ausspricht und stattdessen nur Programmbeschlüsse vorsieht. Mit dieser Option bliebe Ponader den Piraten vorerst erhalten. Er hatte seinen Rückzug aus der Parteispitze nur für den Fall angekündigt, dass der Vorstand noch vor der Bundestagswahl komplett neu gewählt wird.

Die zweitmeisten Stimmen erhielt die Option, den Parteitag um einen Tag zu verlängern - für Programmdebatten und die Nachwahl zweier Beisitzer, die im Herbst zurückgetreten waren. Auf dem dritten Platz steht die Variante, in Neumarkt den kompletten Vorstand neu zu wählen, auf Platz vier folgt eine Diskussion über das Programm und eine ständige Mitgliederversammlung. Auf dem fünften Platz findet sich schließlich die Variante ständige Mitgliederversammlung plus Neuwahlen - was zumindestens missverständlich formuliert ist, da hier nicht der gesamte Vorstand neu gewählt werden soll, sondern abermals nur die vakanten Posten.

Die Piraten-Führung wertet das Ergebnis als Bestätigung des bereits in Bochum eingeholten Meinungsbildes. "Wir werden am Mittwoch in der Bundesvorstands-Sitzung über diese Umfrage sprechen und beschließen, ob wir zu Vorstandswahlen oder zum Programmparteitag einladen", sagte Generalsekretär Sven Schomacker in einem Interview mit der Parteizeitung Flaschenpost.

Ponader hatte die Umfrage hingegen im Vorfeld kritisiert und weitere Parteitags-Varianten ins Spiel gebracht - zum Beispiel einen informellen dezentralen Online-Parteitag, auf dem sich Vorstandskandidaten vorstellen können, so dass in Neumarkt nur noch die Wahlgänge stattfinden müssten.

"Eine Amtszeit des BuVo von etwa einem Jahr war bisher das, was in unserer Partei üblich war", schrieb er in einem Blogbeitrag. "Die Überlegung, die Amtszeit entgegen dieser Gewohnheit zu verlängern, wurde bisher immer unter der Voraussetzung getroffen, dass es ein Entweder-oder gibt: Entweder Programmparteitag oder Wahlparteitag. Es gibt aber auch die Möglichkeit eines Sowohl-als-auch."

Die Führung der Piratenpartei schlägt sich seit Monaten mit Personalquerelen herum. Stets geht es dabei um Ponader. Bereits im Sommer 2012 brachte er viele seiner ehemaligen Anhänger mit umstrittenen Beiträgen zur Hartz-IV-Debatte gegen sich auf. Sein Vorstandskollege Matthias Schrade trat wegen ihm zurück, die restliche Parteispitze versuchte die große Versöhnung, doch schließlich rückte Ponader endgültig von der Führung der Piraten ab - in der Frage, ob ein neuer Vorstand noch vor oder erst nach der Bundestagswahl gewählt werden soll.

In der Umfrage konnten die Mitglieder auch einzelne Vorstandsmitglieder mit Schulnoten bewerten. Ponader hatte sein persönliches Ergebnis bereits am Wochenende im Internet veröffentlicht. Das Feedback war verheerend: Hunderte Befragte gaben dem politischen Geschäftsführer der Piratenpartei eine glatte Sechs. In den Kommentaren beschimpften ihn Mitglieder als "Vollidioten" und "lächerlichen Selbstdarsteller".

Allerdings hatten Ponader und seine Anhänger die Bewertung mit Schulnoten im Vorfeld kritisiert - es gibt in der Partei massive Bedenken, über Personalfragen per Umfragesoftware abzustimmen. Nur 2816 Piraten nahmen die Option deswegen überhaupt wahr.

Und auch an der Abstimmung Programm versus Wahl gab es Kritik. "Die Ergebnisse der Piraten-Umfrage sind so verkratzt wie die Fragestellungen es waren - wenig überraschend. Daraus folgt aber auch nichts", twitterte zum Beispiel der ehemalige Vorsitzende der Partei, Jens Seipenbusch. Alexander Morlang, netzpolitischer Sprecher der Berliner Piratenfraktion, kommentierte die Umfrage: "Wir würden uns wünschen, dass die Partei in Zukunft Abstand davon nimmt, Umfragesysteme wie Lime survey als Wahlcomputer einzusetzen."

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