Türkischer Präsident:Erdoğan droht Europäern

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  • Der türkische Staatspräsident Erdoğan hat erstmals europäischen Bürgern gedroht.
  • "Wenn ihr euch weiterhin so benehmt, wird morgen kein einziger Europäer, kein einziger Westler auch nur irgendwo auf der Welt sicher sein", sagt er.
  • Die Türkei liegt mit mehreren EU-Staaten wegen Wahlkampfauftritten für ein umstrittenes Referendum im Streit.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan legt es im Streit mit Europa weiterhin auf Eskalation an. Bei einer Rede in Ankara drohte er erstmals europäischen Bürgern: "Wenn ihr euch weiterhin so benehmt, wird morgen kein einziger Europäer, kein einziger Westler auch nur irgendwo auf der Welt sicher sein und beruhigt einen Schritt auf die Straße setzen können", sagte er.

Die türkische Führung liegt mit mehreren EU-Staaten im Streit, weil türkische Politiker mit Wahlkampfauftritten in europäischen Staaten für ein umstrittenes Referendum werben wollten, das Erdoğan deutlich mehr Macht verleihen würde. In einigen Ländern wurden ihnen Auftritte untersagt.

"Wenn ihr diesen gefährlichen Weg beschreitet, werdet ihr selbst den größten Schaden davon nehmen", sagte Erdoğan nun. Er rief die europäischen Länder dazu auf, "Demokratie, Menschenrechte und Freiheiten zu respektieren". Zuletzt hatten türkische Regierungsvertreter Deutschland und den Niederlanden wiederholt Nazi-Methoden unterstellt.

"Ich bin auf der Seite meines Volkes und des Rechts"

Am Montag hatte die Bundesregierung schließlich erklärt, Auftritte türkischer Politiker in Deutschland seien nur auf der "Grundlage der Prinzipien des Grundgesetzes" möglich. Die deutschen Behörden könnten die Einreise türkischer Politiker verhindern. Einen Tag später verkündete die türkische Regierungspartei AKP, dass bis zur Abstimmung am 16. April keine weiteren Auftritte von Regierungsvertretern in Deutschland stattfinden sollten.

Als Signal der Entspannung dürfte dies indes nicht zu werten sein, wie Erdoğans Äußerungen in Ankara nun zeigen. Er übte erneut Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Erdoğan warf ihr ein weiteres Mal vor, sich im Streit um Auftrittsverbote türkischer Minister in Rotterdam an die Seite der Niederlande gestellt zu haben. "Du bist also auf der Seite Hollands? Gut. Und ich bin auf der Seite meines Volkes und des Rechts. So werden wir auch weitermachen."

Mit Blick auf den inhaftierten Welt-Korrespondenten Deniz Yücel sagte er: "Niemals werden wir Zugeständnisse vor jenen machen, die sich Medienvertreter nennen, aber Aktivismus für Terrororganisationen betreiben oder für ausländische Dienste spionieren."

Etwa zur selben Zeit wie Erdoğan hielt im Bundestag Frank-Walter Steinmeier seine Antrittsrede als Bundespräsident. Er forderte darin gleich zu Beginn den türkischen Präsidenten auf, die "unsäglichen Nazi-Vergleiche" zu unterlassen und den Journalisten Deniz Yücel freizulassen.

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Am Nachmittag erhielt die deutsche Regierung in ihrer Haltung moralische Unterstützung aus Israel, wo die Regierung die Nazi-Vorwürfe ebenfalls klar verurteilte. "Solche Vergleiche sind völlig deplatziert", sagte der Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem, Emmanuel Nachschon, ohne die Türkei direkt zu erwähnen. "Israel ist gegen alles, was das Gedenken an den Holocaust schmälern oder ihn banalisieren könnte", so Nachschon.

© SZ.de/dpa/Reuters/fued - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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