Trumpcare:Es wird eng für Trumps Gesundheitsreform

Lesezeit: 3 min

Demonstranten in New York protestieren gegen die Pläne der Trump-Regierung, die Gesundheitsversorgung zu reformieren. (Foto: dpa)

Erst wenn die Republikaner ihre Bedenken über Bord werfen, kann der Senat das Gesetz verabschieden. Aber die Partei ist in der Frage tief gespalten.

Von Thorsten Denkler, New York

Es soll ja jetzt eine Reform "mit Herz" werden, hat US-Präsident Donald Trump seinen Anhängern am Mittwoch in Iowa versprochen. Zugänglich und bezahlbar soll das Gesundheitswesen werden. Für jeden. Was Trump eben so verspricht den lieben langen Tag.

Der Entwurf für ein neues Krankenversicherungsgesetz jedenfalls, den Mehrheitsführer Mitch McConnell am Donnerstag nach zähen Geheimverhandlungen seinen republikanischen Senatskollegen vorgestellt hat, hat mit Herz wenig zu tun. Es hätte massive Kürzungen in der öffentlichen Gesundheitsvorsorge zur Folge. Die manchem aus den Reihen der Konservativen aber noch nicht weit genug gehen. Am Ende befriedigt es niemanden so richtig.

Was allerdings auch schwer möglich ist. Ein Gesundheitsgesetz, das alle Republikaner glücklich machen würde, sähe wohl in etwa so aus: Krankenversicherungen werden billiger, während die öffentlichen Zuschüsse massiv gekürzt werden. Jeder Amerikaner soll sich eine Krankenversicherung leisten können, die Versicherungen aber sollen die Preise unabhängig vom Einkommen festsetzen dürfen. Mit anderen Worten: Obamacare wird abgeschafft bei gleichzeitiger Beibehaltung von Obamacare.

US-Krankenversicherung
:Trumpcare könnte Trump noch schaden

Trumps Plan, Obamacare zu ersetzen, hat nur eine erste Hürde genommen. Die Sache kann immer noch gehörig schiefgehen.

Von Thorsten Denkler

Mit seiner Gesundheitsreform hatte Trumps Vorgänger Barack Obama das System tiefgreifend verändert. Im öffentlich subventionierten Teil des Geschäfts für Krankenversicherungen dürfen Kunden seitdem nicht mehr abgelehnt werden, wenn sie Vorerkrankungen haben. Und: Beiträge werden zum Teil nach dem Einkommen bemessen. Wer sich nicht versichert, muss mit Strafen rechnen. In den Augen mancher Republikaner ist das alles Teufelswerk.

Moderate gegen Hardcore-Konservative

Die moderaten Republikaner wollen nicht die Krankenversicherung von Millionen Bürgern aufs Spiel setzen. Sie würden lieber das bestehende Obamacare-System reformieren. Die Hardcore-Konservativen wollen Obamacare ganz abschaffen, weil sie allein an die Macht des Marktes glauben.

Die Debatte ist ideologisch so vergiftet, dass manche Konservative im Kongress nur noch alles oder nichts spielen. Entweder sie kriegen, was sie wollen. Oder alles bleibt, wie es ist. Was aus der Sicht der Versicherten nicht die schlechteste Sache wäre.

Das neue Senats-Gesetz soll schon kommende Woche verabschiedet werden. Die Ausgangslage aber ist kompliziert: Im Senat haben die Republikaner zwar eine Mehrheit. Aber die ist mit 52 zu 48 Stimmen äußerst dünn. Zwei Republikaner dürften gegen das Gesetz stimmen. Dann würde die Stimme von Vizepräsident Mike Pence den Ausschlag geben. Er sitzt dem Senat vor.

Auch Republikaner sind inzwischen frustriert. Über den Gesetzesentwurf. Und darüber, dass er von einer kleinen Gruppe im Geheimen ausgearbeitet wurde. Teilnehmen durften nur wenige ausgewählte Senatoren - alles Männer. Im kommenden Jahr finden die Zwischenwahlen statt. Einige Republikaner müssen fürchten, dass die Gesundheitsreform sie ihren Sitz kosten könnte.

Wenn die totalen Obamacare-Gegner ihre Linie halten würden, dann müsste das Gesetz eigentlich scheitern. Zwölf Senatoren haben bereits erklärt, sie hätten starke Bedenken. Vier weitere halten das Gesetz gar für falsch, erklären sich aber für verhandlungsbereit.

Viele Republikaner tun sich schwer mit dem Gesetz

Das Gesetz wird aber auch von jenen Senatoren kritisch gesehen, die aus einem der mehr als 30 Staaten kommen, in denen Obamacare sehr gut funktioniert. Sie haben schon jetzt große Probleme, ihren Wählern zu erklären, warum die sich künftig ihre Krankenversicherung vielleicht nicht mehr leisten können. Manche geben schon jetzt ein Drittel ihres Haushaltseinkommen dafür aus, sich und ihre Familie gegen Krankheiten zu versichern.

Dazu kommt, dass auch im Entwurf der Senats-Republikaner alle staatlichen Hilfen für Organisationen gekappt werden sollen, die sich für Geburtenkontrolle einsetzen. Mindestens zwei Senatoren haben erklärt, dass sie nur ein Gesetz unterstützen wollen, das die Hilfen für solche Organisationen und Kliniken beibehält. Und mindestens ein Senator will, dass Hilfen für die Behandlungen von Suchtopfern weiter ausgedehnt werden. Aber auch da haben seine Kollegen massiv gekürzt.

Es ist wie mit einer Waage, die kein Gleichgewicht kennt: Zugeständnisse an die einen sorgen für Abzüge bei den anderen.

Noch schwerer dürfte es werden, wenn das Gesetz vom Haushaltsbüro des Kongresses überprüft wird. Das überparteiliche Büro hat schon den beiden Vorgänger-Entwürfen bescheinigt, dass in den kommenden Jahren mehr als 20 Millionen Amerikaner ihre Krankenversicherung verlieren könnten. Kommt das Büro nach Prüfung der jüngsten Variante zu einem ähnlichen Schluss, haben die Republikaner in den Diskussionen vor Ort nicht viel gewonnen.

Verabschiedung bedeutet weitere Verhandlungen

Es müsste also eigentlich alles ganz schön eng werden für das Gesetz. Es sei denn, die Gegner des Gesetzes werfen ihre Bedenken einfach über Bord, weil sie sich Trump nicht zum Gegner machen wollen. Das ist sogar die wahrscheinlichste Möglichkeit.

Aber selbst wenn der Senat das umstrittene Gesetz kommende Woche verabschiedet, ist das Thema noch lange nicht abgearbeitet. Dann müssten sich die Republikaner im Repräsentantenhaus und im Senat auf einen gemeinsamen Gesetzestext einigen. Der wiederum braucht in beiden Häusern eine Mehrheit.

Es kann also noch etwas dauern, bis Trump sein Versprechen einlösen kann, Obamacare abzuschaffen und zu ersetzen. Oder ein Gesetz "mit Herz" zu verabschieden. Aber vielleicht ist das ja auch schon kein Versprechen mehr. Am Ende dürfte Trump auch egal sein, was für ein Gesetz verabschiedet wird. Hauptsache es wird eines verabschiedet. Wenn es aber schiefläuft, dann will nicht er dastehen als derjenige, der es vermasselt hat.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

USA
:Welche Wahlversprechen Trump bislang umgesetzt hat

Als Kandidat präsentierte Donald Trump in einem "Vertrag mit Amerikas Wählern" viele Maßnahmen für seine ersten 100 Tage im Amt. Die Bilanz ist dürftig, doch der US-Präsident lernt dazu.

Von Matthias Kolb

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: