Stuttgart 21: Bahn-Chef Grube:Die Bagger kommen wieder

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Seit der Landtagswahl in Baden-Württemberg ruht die Arbeit am Bahnhofsprojekt Stuttgart 21, jetzt will die Bahn nicht mehr warten. Vom kommenden Montag an soll weitergebaut werden. Konzernchef Grube sagt, weitere Verzögerungen würden 410 Millionen Euro kosten - er sei gesetzlich zum Weiterbauen verpflichtet.

Roman Deininger und Daniela Kuhr

Spätestens am kommenden Montag wird es in Stuttgart wieder ungemütlich. Dann wird die Deutsche Bahn - nach zwei Monaten Baustopp - die Bauarbeiten am umstrittenen Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 fortsetzen. "Ein weiteres Abwarten hätte zur Folge, dass wir Aufträge komplett neu ausschreiben müssten", sagte Bahn-Chef Rüdiger Grube nach einem Spitzentreffen in Stuttgart am Montag zur Süddeutschen Zeitung. Alles in allem würden die entstehenden Verzögerungen Mehrkosten von 410 Millionen Euro verursachen. "Als Vorstand einer Aktiengesellschaft darf ich das nicht zulassen", sagte Grube. "Das Aktiengesetz verpflichtet mich, Schaden vom Unternehmen fernzuhalten."

Baden-Württembergs grüner Verkehrsminister Winfried Hermann und Bahnchef Rüdiger Grube (li.) unterhalten sich am Montag auf dem Treffen des Lenkungskreises im Verkehrsministerium in Stuttgart. Hermann wünscht sich einen Baustopp bis zur Volksbefragung, doch Grube sagt: Von kommendem Montag an wird wieder gebaut. (Foto: dpa)

Dreieinhalb Stunden hatten Vertreter der Bahn und der Projektträger Land, Stadt und Region am Vormittag verhandelt. Es war der erste Lenkungskreis von Stuttgart 21 seit dem Regierungswechsel in Stuttgart. Der neue grüne Verkehrsminister Winfried Hermann, ein erklärter Gegner des Projekts, fordert einen Baustopp bis zur geplanten Volksabstimmung im Herbst. Er betonte, dass in den nächsten sieben Tagen noch ein Gespräch zwischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) stattfinden werde. Hermann kritisierte die Informationspolitik der Bahn und kündigte an, die "gigantische Rechnung sehr genau zu prüfen". Grube sagte der SZ, die Vertragspartner hätten "nun bis Montag Zeit, alle von uns vorgetragenen Fakten zu überprüfen. Dann müssen wir weiterbauen."

Der Technikvorstand der Bahn, Volker Kefer, erläuterte, dass sich die 410 Millionen Euro Baustopp-Kosten durch eine Art Kettenreaktion im Zeitplan ergäben: Sollte nicht sofort weitergebaut werden können, müssten bestimmte Aufträge, etwa für den Fildertunnel, Ende des Jahres neu ausgeschrieben werden. Dieser Prozess würde 18 Monate dauern, so Kefer, weshalb die 2011 und 2012 für Bauarbeiten angesetzten Sperrungen im Bahnverkehr ebenfalls später erfolgen müssten. Da die Inbetriebnahme des geplanten Tiefbahnhofs nur zu einem Fahrplanwechsel möglich sei, verschiebe sich dieser Termin somit auf Ende 2022. In der Schlichtung durch Heiner Geißler hatte die Bahn die Mehrkosten noch niedriger kalkuliert, auf etwa 80 Millionen Euro pro Jahr. Laut Grube war man damals noch davon ausgegangen, dass nicht neu ausgeschrieben werden müsse.

Grube sagte der SZ, die Deutsche Bahn habe bereits drei Mal guten Willen gezeigt. "Als wir der Schlichtung im vergangenen Herbst zugestimmt haben, als wir dem Stresstest zugestimmt haben und als wir gleich nach der Landtagswahl einen Bau- und Vergabestopp verkündet haben." Doch auch Baden-Württemberg habe die Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 21 unterzeichnet. Und darin stehe nun einmal ausdrücklich, dass alle Vertragsparteien verpflichtet seien, das Projekt zu fördern. "Keine Partei darf Maßnahmen ergreifen oder verlangen, die den Projekterfolg gefährden", sagte Grube.

Er gab sich auch zuversichtlich im Hinblick auf die von der Schweizer Firma SMA überwachte Effizienzprüfung des Projekts, deren Resultate Mitte Juli in einer öffentlichen Veranstaltung präsentiert werden sollen: "Die bis jetzt vorliegenden Ergebnisse des Stresstests deuten alle darauf hin, dass wir bei einem guten Fahrplan keine Probleme haben werden, in Spitzenzeiten 49 Züge abfertigen zu können." Land und Bahn einigten sich am Montag darauf, im Stresstest zwei Fahrpläne zu simulieren.

Die Bahn gab auch den neuen Projektleiter von Stuttgart 21 bekannt. Der 44-jährige Ingenieur Stefan Penn folgt zum 1. Juni auf den zurückgetretenen Hany Azer. Penn arbeitete seit Juli 2007 als Planungschef der Neu- und Ausbaustrecke zwischen Karlsruhe und Basel.

© SZ vom 31.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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