Studie zu Gewalt gegen Polizisten:Lebensgefahr inklusive

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60 Prozent mehr Schwerverletzte als noch 2005: Polizisten werden immer häufiger Opfer von Gewalttaten. Bei den Tätern fallen drei Merkmale auf.

Die Aggression nimmt zu, die Uniform schüchtert offenbar immer weniger ein: Polizisten werden immer häufiger Opfer schwerer Gewalttaten. Unmittelbar vor der Frühjahrskonferenz der Innenminister forderte der niedersächsische Landesminister Uwe Schünemann am Mittwoch in Berlin deutlich härtere Strafen für Angreifer. Diese werden einer neuen Studie zufolge immer jünger und sind häufiger betrunken, wenn sie Beamte attackieren.

Polizisten in Berlin-Kreuzberg: Jedes Jahr bereitet sich die Polizei dort mit einem Großaufgebot auf mögliche Gewaltausbrüche am 1. Mai vor. (Foto: Steffen Kugler/dpa)

Die Zahl der schwerer verletzten Polizisten nahm Schünemann zufolge von 2005 bis 2009 um mindestens 60 Prozent zu. Die Verletzungen zogen eine Dienstunfähigkeit von mindestens sieben Tagen nach sich. Allerdings ging die Zahl der besonders schweren Straftaten mit einer Dienstunfähigkeit von mehr als zwei Monaten seit 2007 zurück, wie Schünemann erklärte. Der CDU-Politiker wertete dies als ein Zeichen, "dass die Bemühungen der Politik greifen".

So setze Niedersachsen beispielsweise auf die Vermittlung von Vermeidungsstrategien in der Ausbildung. Schünemann zufolge wird fast jeder Streifenbeamte öfter im Dienst beleidigt, jeder zweite muss körperliche Attacken hinnehmen, fast 27 Prozent werden mit Fäusten geschlagen, zwischen acht und neun Prozent werden mit Waffen angegriffen. "All das zeigt, dass wir handeln müssen", bilanzierte er.

Zu verzeichnen sei eine "zunehmende Respektlosigkeit gegenüber Amtsträgern". Die Polizisten treffe es überwiegend bei Einsätzen wegen häuslichen Gewalt und bei der Schlichtung von Streitereien in der Öffentlichkeit.

Mit voller Wucht ins Gesicht

Angesichts der Zunahme der Fälle forderte der Landesinnenminister härtere Strafen für Angreifer. Dies müsse auch für Feuerwehren und Rettungskräfte gelten. Da zudem die meisten Täter betrunken seien, müsse mehr bei der Prävention gegen Alkoholmissbrauch getan werden. Wichtig sei es aber auch, Zivilcourage zu fördern. Bei Demonstrationen seien drei von vier Tätern Linksextremisten gewesen, sagte Schünemann. Politisch motivierte Gewalt müsse deshalb geächtet werden.

Es brauche nicht nur Bündnisse gegen Rechts-, sondern auch gegen Linksextremismus. Verbessert werden müsse aber auch die Nachsorge für betroffene Polizisten. Der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Hannover (KFN), Christian Pfeiffer, erklärte, Opfer seien meist nicht die durchtrainierten Vorzeigepolizisten. Oft erwische es Polizisten plötzlich und unvermutet im alltäglichen Dienst.

Immer jünger, immer betrunkener, immer linker

Als Beispiel nannte der Kriminologe den Fall eines erfahrenen Polizisten in Berlin. Dem sei bei dem Versuch, einen Streit in einem Hinterhof zu schlichten, unvermutet mit einem Baseballschläger voll ins Gesicht geschlagen worden. Kaum aus dem Krankenhaus entlassen, habe ihm bei einem anderen Einsatz ein Betrunkener mit voller Wucht ins Gesicht getreten. "Immer jünger, immer betrunkener, und wenn es sich um politische Dinge handelt, dann immer linker", fasste Pfeiffer das Täterbild zusammen.

Die von Pfeiffers Institut vorgenommene Studie wird von zehn Bundesländern unterstützt. Dafür nahmen den Angaben zufolge 22.500 Polizisten an einer Online-Befragung teil. Am Mittwoch wurde zunächst ein Zwischenbericht vorgelegt. Schünemann kündigte an, die bisherigen Daten der Innenministerkonferenz (IMK) vorzustellen, die am Donnerstag und Freitag in Hamburg zusammenkommt.

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