Koalitionsstreit:SPD gegen Seehofers Mindestlohn-Schlupflöcher

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Die SPD will die 8,50 Euro Mindestlohn auch für fast alle Praktikanten, Rentner und Saisonarbeiter durchsetzen. Parteichef Gabriel nennt die von CSU-Chef Seehofer angestoßene Schlupfloch-Debatte "sehr überflüssig" - und die Gewerkschaft Verdi verlangt schon eine höhere Untergrenze.

Die Sozialdemokraten haben die Forderung des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer nach weiteren Ausnahmen vom vereinbarten Mindestlohn zurückgewiesen. SPD-Chef Sigmar Gabriel riet, sich an die geführten Diskussionen zu erinnern und den Koalitionsvertrag zu lesen.

"Schon erledigen sich einige sehr überflüssige Debatten", sagte Gabriel der Zeitung Die Welt. Rentner könne man "natürlich nicht vom Mindestlohn ausnehmen, sonst würde man ein großes Arbeitsplatzvernichtungsprogramm zu Gunsten von Rentnerbeschäftigung in Gang setzen".

Ausnahmen von einem gesetzlichen, flächendeckenden Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro könnten für Auszubildende und Schülerpraktikanten gelten, "weil es sich dabei ja nicht um reguläre Arbeitsverträge handelt", sagte Gabriel. Allerdings gelte er für Praktikanten mit abgeschlossener Ausbildung. Man müsse endlich Schluss machen damit, dass exzellent ausgebildete junge Leute in der "Generation Praktikum" für gute Arbeit schlecht bezahlt würden.

Seehofer hatte kürzlich gefordert, Ausnahmen beim Mindestlohn für Praktikanten, Saisonarbeiter und Rentner zu machen. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil sagte dazu im Deutschlandfunk: "Nicht jede Interviewäußerung muss man auf die Goldwaage legen." Die SPD lasse den Mindestlohn nicht durch "Schlupflöcher durchlöchern". Die Untergrenze von 8,50 Euro pro Stunde werde "allgemein für ganz Deutschland" gelten.

Der designierte SPD-Parteivize Ralf Stegner schlug einen schärferen Ton an. Bei den Forderungen von Seehofer und anderen Unionspolitikern handele es sich um "reine Rückzugsgefechte", sagte Stegner Spiegel Online. "Das ist rein ideologisch, um uns madig zu machen."

Verdi verlangt Mindestlohn von zehn Euro

In ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart, dass zum 1. Januar 2015 ein Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde eingeführt wird. Bis 2017 sind allerdings tarifliche Abweichungen möglich.

Während die Koalition über mögliche Ausnahmen streitet, plädiert Verdi-Chef Frank Bsirske bereits für eine Anhebung des Mindestlohns. "Wir kämpfen dafür, dass er rasch bei zehn Euro ankommt", sagte er der Bild-Zeitung. Weil die Preise weiter stiegen, müsse der Mindestlohn früher als bislang geplant angehoben werden.

Dagegen sagte der Präsident des Mittelstandsverbandes BVMW, Mario Ohoven, ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro oder gar von zehn Euro würde die Beschäftigungslage im Mittelstand beeinträchtigen.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/ter - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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