Schwarz-gelbe Koalition:Geschenke unter Freunden

"Ja zum Betreuungsgeld" gegen "Nein zur Praxisgebühr"? Hinter den Kulissen arbeiten Union und FDP am Fortbestand der Koalition. Ein Beschlusspaket soll die aktuellen Streitfragen aus dem Weg räumen und Ergebnisse für die noch laufende Legislaturperiode liefern.

Peter Blechschmidt

Koalitionsgipfel

Betreuungsgeld, Praxisgebühr, erneuerbare Energien - es sind einige Themen, über die in der schwarz-gelben Koalition bislang Uneinigkeit herrschte. Zukunftsträchtig war das nicht, weswegen nun im Hintergrund CDU und FDP über ihre Streitthemen verhandeln.

(Foto: dpa)

Sein Auftritt zeige, "dass wir in der Koalition Freud und Leid teilen", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder. Er war am Montagabend in die Parlamentarische Gesellschaft gleich gegenüber vom Reichstag in Berlin gekommen, um einen langjährigen politischen Partner zu würdigen. Die FDP-Fraktion ehrte ihren Parlamentarischen Geschäftsführer Jörg van Essen mit einem Empfang zu seinem 65. Geburtstag, und Kauder nutzte die Gelegenheit, van Essen als einen "wahren Freund" zu porträtieren. Zugleich zeigte er sich zuversichtlich, dass die schwarz-gelbe Koalition über den Wahltag 2013 hinaus ihre Zusammenarbeit werde fortsetzen können.

Ob das so eintritt, ist aus heutiger Sicht angesichts der Schwäche der FDP eher zweifelhaft. In jedem Fall aber wird Kauder auf seinen Freund verzichten müssen. Van Essen hat - "selbstbestimmt", wie er betont - beschlossen, nach sechs Legislaturperioden nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren, was nicht nur aus Kauders Sicht einen Verlust für das Parlament bedeutet. "Manche Situation verliert an Schärfe, wenn man Jörg van Essen bittet, das Problem anzupacken", sagte Kauder und spielte damit auf die ausgleichende Art des Liberalen an. Der eine oder andere im Saal - von FDP-Übervater Hans-Dietrich Genscher bis zum Parteivorsitzenden Philipp Rösler und dem Fraktionschef Rainer Brüderle - könnte dies auch als versteckte Mahnung empfunden haben, die FDP solle es mit den Profilierungsbemühungen gegenüber ihrem Koalitionspartner nicht übertreiben.

Tatsächlich hat es den Anschein, als würden sich Union und FDP aufeinander zu bewegen. Hinter den Kulissen wird eifrig an einem Beschlusspaket gewerkelt, mit dem die aktuellsten Streitfragen ausgeräumt werden sollen. Das könnte so aussehen: Die CSU erhält ihr Betreuungsgeld, wenn dies auch zum Bildungssparen verwendet werden darf. Dafür stimmt die Union der alten FDP-Forderung zu, die Praxisgebühr abzuschaffen. Beim Streit um die Renovierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes willigt die Union in ein zügigeres Vorgehen ein, damit noch in dieser Legislaturperiode ein Ergebnis vorzuweisen wäre.

Erst wenn dies alles in trockenen Tüchern ist, wollen die drei Parteivorsitzenden Angela Merkel, Horst Seehofer und Philipp Rösler den Pakt bei einem persönlichen Treffen besiegeln. Das könnte in den nächsten zwei Wochen passieren, wie FDP-Generalsekretär Patrick Döring andeutete, als er auf die Frage nach einem Zeitrahmen am Montag sagte: "Der Oktober ist noch lang."

Auch Jörg van Essen hatte am Montagabend für Mitstreiter wie Konkurrenten einen Rat. "Stil und Anstand", so der stets auf korrekte Umgangsformen achtende Jurist, "tragen auch in der Politik am weitesten."

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