Schmitz-Steueraffäre in Berlin:Rückzug? Da kennt man Wowereit schlecht

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Hoffnung auf Antworten - Klaus Wowereit (hier während einer Pressekonferenz) tritt wegen der Affäre um Schmitz vor den Rechtsausschuss. (Foto: dpa)

Endlich ist er aus dem Ski-Urlaub zurück. Und Berlin wartet auf Erklärungen Wowereits zur Steueraffäre seines Ex-Staatssekretärs. Warum hat ihn der Regierende Bürgermeister im Amt gelassen? Und: War das Rechtsbeugung oder Fürsorgepflicht?

Von Thorsten Denkler, Berlin

Also sein Urlaub, sagt Klaus Wowereit, sein Urlaub, der war "nicht so schön". Das ist natürlich schlimm für den amtierenden Regierenden Bürgermeister von Berlin. Ski gefahren ist er. In Tirol. Weit weg von dieser dummen Steuersache seines Kulturstaatssekretärs André Schmitz. Aber offenbar nicht weit genug weg, um die Abfahrten mal so richtig genießen zu können. Ein Bürgermeister hat es eben auch nicht leicht.

Seit Samstag ist Wowereit wieder zurück. An diesem Montag wird er sich vor den versammelten Mitgliedern der Ausschüsse für Kultur, Recht und Inneres im Abgeordnetenhaus erklären müssen. Der Fall Schmitz ist jetzt auch ein Fall Wowereit.

Warum hat Wowereit ihn im Amt gelassen?

Schmitz hat jahrelang ein Vermögen von 425 000 Euro in der Schweiz versteckt. Steuerfahnder kamen ihm auf die Schliche, Schmitz kooperierte. Ende 2012 wurde das Verfahren gegen ihn wegen Geringfügigkeit eingestellt. Er zahlte 22 000 Euro Steuern nach und eine Geldauflage von 5000 Euro. Schmitz unterrichtete Wowereit. Der ließ ihn im Amt. Rechtlich war die Sache damit aus der Welt. Abgeschlossen war sie nicht.

Das Berliner Boulevard-Blatt BZ deckte den Fall Anfang vergangener Woche auf. Schmitz trat wenige Tage später zurück.

Jetzt fragt sich alle Welt: Warum hat Wowereit seinen ihm direkt unterstellten Staatssekretär damals im Amt belassen? Keine andere Partei hat so laut gegen Steuerbetrüger geschimpft wie die SPD. Als Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kurz vor der Wahl auf dem Berliner Alexanderplatz die Kavallerie gegen Steuerverbrecher satteln wollte, da saß Wowereit im Publikum und applaudierte.

Am Sonntag, einen Tag vor der Befragung, wird Wowereit in Berlin von Journalisten abgepasst. Der Geburtstagsempfang für einen verdienten Sportfunktionär steht an. Eine Terrine aus Stopfleber und Entenconfit warten auf Wowereit in der Spielbank am Potsdamer Platz, berichtet die BZ. Wowereit will etwas sagen zu dem Fall. Zum ersten Mal nach seinem Urlaub. Zum ersten Mal überhaupt.

Aber nicht zu viel: "Es gibt eine juristische Betrachtung, es gibt eine dienstrechtliche Betrachtung und es gibt eine politische Dimension. Politisch kann man natürlich meine Entscheidung unterschiedlich betrachten. Das tut die Opposition." Verständnis für die Kritik will er transportieren. Aber natürlich kein Schuldeingeständnis.

Die Berliner juckt das kaum

Wowereit wird es sich kaum leisten können, die Sache auf die leichte Schulter zu nehmen. Im Raum steht der Vorwurf, er habe zu Gunsten seines Freundes Schmitz das Disziplinarrecht zumindest gebeugt und auf ein sonst übliches Disziplinarverfahren verzichtet. Die Berliner Zeitung zitiert den Rechtsexperten Stefan Werres mit dem Worten: "In neun von zehn Fällen wird ein Verfahren eingeleitet." Wowereit aber verzichtete darauf.

Wowereit hat mehrere Rechtsgutachten anfertigen lassen, die belegen sollen, dass er sich korrekt verhalten habe. Etwa das des Anwaltes Reiner Geulen. Geulen gilt als eine Art Haus- und Hof- Anwalt des Landes Berlin.

Für Geulen ist klar, dass "die Einleitung eines behördlichen Disziplinarverfahrens gegen den Staatssekretär André Schmitz eine Dienstpflichtverletzung des Regierenden Bürgermeisters gewesen wäre", zitiert der Tagespiegel aus dem Gutachten. Das Ermittlungsverfahren gegen Schmitz sei wegen geringer Schuld eingestellt worden. Es gebe daher eine "verfassungsrechtlich begründete Fürsorgepflicht des Dienstherrn".

Ist Wowereit also ein Rechtsbeuger oder ist er nur seiner Fürsorgepflicht für Schmitz nachgekommen?

Die Berliner juckt das jedenfalls kaum. In einer Umfrage des Senders RBB sagen 48 Prozent der Befragten, Wowereit solle im Amt bleiben. Für eine Partei, die sonst in Umfragen deutlich unter 30 Prozent liegt, ist das durchaus beachtlich. 44 Prozent fordern seinen Rücktritt.

Die Zahlen auf dem Höhepunkt des Flughafendebakels vor knapp einem Jahr sahen auch nicht besser aus. Wer also glaubt, der Regierende Bürgermeister würde zurücktreten, weil er seinen Staatssekretär nicht gefeuert hat, der kennt Wowereit schlecht.

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