Affäre um Berlins Ex-Kulturstaatssekretär:SPD-Chef Gabriel stellt sich hinter Wowereit

André Schmitz, Klaus Wowereit

Klaus Wowereit (li.) und André Schmitz (beide SPD) sollen ein enges Vertrauensverhältnis gehabt haben.

(Foto: dpa)

Berlins Regierender Bürgermeister gerät wegen der Steueraffäre um Ex-Kulturstaatssekretär André Schmitz immer weiter unter Druck. Die Opposition will, dass Klaus Wowereit im Rechtsausschuss Rede und Antwort steht. Zumindest SPD-Chef Gabriel signalisiert ihm Rückendeckung.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit fährt zurzeit Ski in Tirol. Und zwar bis Sonntag, wie geplant. Er sehe nichts, ließ er über seinen Sprecher ausrichten, was in den nächsten Tagen unbedingt von Berlin aus erledigt werden müsse. Dort fragt man sich unterdessen, wann genau eigentlich Wowereit und seiner Regierung ihr Gespür für Timing derart abhandengekommen ist.

Denn während Wowereit im Urlaub ist, zieht die Steueraffäre um den nun ehemaligen Staatssekretär für Kultur, André Schmitz, weitere Kreise. Heinz Buschkowsky, Bezirksbürgermeister von Neukölln und Genosse von Wowereit, sorgte sich im Inforadio des RBB um das grundsätzliche Krisenmanagement der Regierung und kritisierte, es seien "Lähmungserscheinungen" seiner Partei festzustellen. Es müsse endlich eine klare Sprachregelung geben, wie mit dem Fall umzugehen sei.

Der Fall - das umfasst inzwischen nicht nur Schmitz' Steuerhinterziehung, sondern vor allem die Konsequenzen, die sein Umfeld nicht gezogen hat. Nicht nur Wowereit wusste seit zwei Jahren von seinem geheimen Konto in der Schweiz, auch Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) und Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) waren schon länger informiert. Sie hätten "auf dem Dienstweg" davon erfahren, "wie immer in bedeutsamen Fällen", sagte eine Sprecherin der Justizverwaltung. Heilmann habe die Öffentlichkeit darüber aber nicht informieren können, weil dies strafbar gewesen wäre.

SPD-Chef Gabriel signalisiert Unterstützung

Die Berliner Opposition fordert nun eine rasche Stellungnahme der Beteiligten. Es reiche nicht aus, dass sich Wowereit am kommenden Montag im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses äußern will, sagte Linke-Chef Klaus Lederer. "Das ist der Dimension des Themas kaum angemessen." Die Oppositionsfraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus haben eine Sondersitzung des Rechtsausschusses beantragt. Zu der Sitzung am Montag soll Wowereit geladen werden.

Zumindest erhält Wowereit Rückendeckung von ganz oben: SPD-Bundeschef Sigmar Gabriel springt Berlins Regierendem Bürgermeister zur Seite. "Es gab einen Fall Schmitz und der ist bereinigt. Daraus jetzt einen Fall Wowereit konstruieren zu wollen, ist absurd", sagte Gabriel Spiegel Online.

André Schmitz hatte am Montag öffentlich zugegeben, ein geerbtes Vermögen von fast einer halben Million Euro in der Schweiz angelegt und die Erträge nicht korrekt versteuert zu haben. Wowereit wusste seit 2012 von dem Betrug, weil Schmitz ihn persönlich informiert hatte. Das Ermittlungsverfahren wurde im Dezember 2012 gegen eine Strafzahlung von 5000 Euro eingestellt. Weil Wowereit aber "wegen dessen hohen Ansehens" nicht auf seinen beliebten Kulturstaatssekretär verzichten wollte, hatte er das ihm offenbarte Vergehen verschwiegen und entschieden, Schmitz ohne weitere disziplinarischen Maßnahmen im Amt zu lassen. Erst nachdem sich SPD-Bundeschef Sigmar Gabriel eingeschaltet hatte, bot Schmitz seinen Rücktritt an.

FDP-Vize Kubicki forder Wowereits Rücktritt

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki forderte deswegen den Rücktritt Wowereits. "Will die SPD in der Debatte über Steuerhinterziehung und strafbefreiende Selbstanzeigen noch einen Rest von Glaubwürdigkeit behalten, muss sie Klaus Wowereit jetzt zum Rücktritt drängen."

Doch auch aus den eigenen Reihen kommt Kritik. Der Berliner Juso-Chef Kevin Kühnert sagte im RBB, es sei ein Fehler gewesen, Schmitz nicht früher zu entlassen. "Ich kann mir das nur mit dem engen persönlichen Vertrauensverhältnis der beiden erklären, was natürlich keine Rechtfertigung sein kann." Eine Berliner Bürgerinitiative will Wowereit nun mit einem Volksbegehren zum Rücktritt zwingen.

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