Russland-Affäre:"Putins Koch" steht im Visier des US-Sonderermittlers Mueller

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Jewgenij Prigoschin und Wladimir Putin auf einem Archivbild aus dem Jahr 2010 (Foto: Alexei Druzhinin/AP)

Damit dürfte nicht nur die Freundschaft zum russischen Präsidenten zu tun haben, sondern auch die speziellen Dienstleistungen, die Jewgenij Prigoschin anbietet.

Von Julian Hans

Er ist Russe, aber fast könnte man von einer typischen amerikanischen Karriere sprechen - vom Tellerwäscher zum Millionär. Wäre da nicht jenes Detail, das doch eher für Traumkarrieren im Russland des 21. Jahrhunderts charakteristisch ist: die Freundschaft zu Wladimir Putin. Sie dürfte einen nicht unerheblichen Beitrag zum Aufstieg des Jewgenij Prigoschin vom Koch zum Milliardär gespielt haben. Dass sich Prigoschin dafür über die Maßen erkenntlich gezeigt hat, hat ihm nun eine Anklage des US-Sonderermittlers Robert Mueller eingebracht.

Prigoschin, 56, gehört nicht zu jenen, die voll Wehmut an ihre Jugend in der Sowjetunion zurückdenken können. Mit 18 Jahren wurde er wegen Diebstahls verurteilt, später musste er neun Jahre wegen Raubes und Beihilfe zur Kinderprostitution absitzen.

Als in den 1990er-Jahren zielstrebige Männer aus der Parteijugend Komsomol die Reste der sowjetischen Energie- und Schwerindustrie untereinander aufteilten, stand Prigoschin in Sankt Petersburg auf der Straße und verkaufte Hot Dogs. "Den Senf haben wir bei mir zu Hause angerührt", erinnerte er sich in einem Interview. Von 1000 Dollar Gewinn im Monat musste er 100 an Schutzgeldeintreiber abdrücken.

Das Glück zog ein, als Prigoschin ein eigenes Restaurant betrieb. Eines Tages sei dort Wladimir Putin eingekehrt und von der einnehmenden Art des Chefs sehr angetan gewesen, so erzählt es zumindest Prigoschin selbst. Weil er witzig war und Geschichten erzählen konnte, sei Prigoschin bald zu einer Art Hofnarr geworden, berichten russische Medien.

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Fortan durfte Prigoschin Staatsbankette ausrichten und das Catering bei internationalen Konferenzen übernehmen. Wenn Putin Geburtstag feiert, lädt er ins "Alte Zollhaus", Prigoschins Nobel-Restaurant am Ufer der Newa in Sankt Petersburg. Auch Gerhard Schröder war schon da. Prigoschins Firma Concorde Catering verpflegt heute Moskauer Schulen ebenso wie die russischen Streitkräfte.

Aufbau einer geheimen Söldnertruppe

Dabei hat der umtriebige Mann mit dem kahlen Schädel das Spektrum seiner Dienstleistungen ständig erweitert. Von der Marschverpflegung bis zum Hausmeisterdienst kommt bei der Armee heute fast alles aus einer Hand. Dass Prigoschins Firmen neue Militärbasen an der Grenze zur Ukraine bauten, ist einer der Gründe, warum "Putins Koch" auf der Sanktionsliste der USA steht.

Jewgenij Prigoschin serviert dem russischen Präsidenten Putin in seinem Restaurant das Essen. (Foto: AP)

Dass in Prigoschins Auftrag Scharen sogenannter Trolle versuchen, Diskussionen im Internet zu stören und Einfluss auf die öffentliche Meinung zu nehmen, ist ein weiterer Grund. Prigoschin hatte mit der Methode gute Erfahrungen gemacht, als sich 2011 Eltern im Internet über das schlechte Schulessen seiner Firmen beklagten und er Kommentatoren bezahlte, die die Mahlzeiten in den Himmel lobten.

Warum dieses Prinzip nicht auch auf die Politik anwenden? Das hat zumindest in Russland zu einem Teilerfolg geführt: Die kritischen Stimmen der sogenannten kreativen Klasse sind im Internet zwar immer noch überdurchschnittlich vertreten, aber sie bestimmen nicht mehr allein den Tenor. Dokumente, die 2014 an die Öffentlichkeit kamen, belegen, dass Mitarbeiter der Petersburger Troll-Fabrik auch soziale Medien in den USA auf Manipulationsmöglichkeiten untersuchten.

Prigoschins Geschäfte mit dem Militär und die guten Verbindungen seines Sicherheitschefs zu ehemaligen Kämpfern aus Elite-Einheiten ermöglichten ihm den Aufbau jener geheimen Söldnertruppe, die bei einer Schlacht mit der US-geführten Koalition in Syrien am 7. Februar bis zu 300 Mann verloren haben soll. Russische Medien berichteten von einer Vereinbarung mit dem Assad-Regime, die Prigoschins Firma ein Viertel der Fördermenge aus befreiten Öl- und Gasfeldern zusichere. Wenn das stimmt, hätte der einstige Würstlverkäufer schließlich doch noch den Einstieg ins Geschäft mit Öl und Gas geschafft.

© SZ vom 19.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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