Italien:Präsident beauftragt Jurist Conte mit Regierungsbildung

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Giuseppe Conte auf dem Weg zu seinem Termin bei Staatspräsident Mattarella. (Foto: Fabio Frustaci/dpa)
  • Italiens Staatschef Sergio Mattarella hat den parteilosen Juristen Giuseppe Conte mit der Regierungsbildung beauftragt.
  • Der Politik-Neuling Conte war von den beiden EU-kritischen Parteien Fünf Sterne und Lega vorgeschlagen worden.
  • Zuletzt hatten Berichte für Irritationen gesorgt, denen zufolge der Juraprofessor seinen Lebenslauf geschönt haben soll.

Der italienische Präsident Sergio Mattarella hat dem politischen Neuling Giuseppe Conte das Mandat zur Regierungsbildung erteilt. Mit der Entscheidung vom Abend kann der Juraprofessor nun eine Liste mit seinen potenziellen Kabinettsmitgliedern aufstellen. Nach dem zweistündigen Treffen mit dem Staatschef erklärte Conte, er sei sich der italienischen Verpflichtungen in Europa und der Welt bewusst. Er sehe sich als "Verteidiger des italienischen Volkes" auf der internationalen Bühne. Seine Regierung werde eine Regierung des Wandels werden. Conte will sich nach eigenen Worten in den kommenden Tagen erneut mit Mattarella treffen.

Vorgeschlagen wurde Conte von den Chefs der populistischen Fünf-Sterne-Partei und der fremdenfeindlichen Lega, Luigi Di Maio und Matteo Salvini. Die beiden Eurokritiker haben die Bildung einer Regierungskoalition vereinbart. Mattarella muss einen neuen Premierminister mit der Regierungsbildung beauftragen. Mit der Einladung des umstrittenen Kandidaten zum Gespräch hatte er zunächst gezögert.

Der 53-Jährige kommt ursprünglich aus Süditalien und ist ein Politik-Quereinsteiger. Er ist Juraprofessor, zuletzt lehrte er unter anderem Privatrecht an der Universität Florenz. Auf der politischen Bühne ist Conte ein unbekanntes Gesicht, er sitzt nicht einmal im Parlament und gehört keiner Partei an. Es ist aber bekannt, dass er der Fünf-Sterne-Partei nahesteht, die er als "wunderbares, unglaubliches politisches Labor" bezeichnet.

Die Parlamentsabstimmung wird für kommende Woche erwartet

Zuletzt hatten Berichte für Irritationen gesorgt, denen zufolge Conte seinen Lebenslauf geschönt haben soll. Darin nennt er Stationen wie die New York University und einen Auslandsaufenthalt in Wien, obwohl er in New York nur in der Bibliothek recherchierte und in der österreichischen Hauptstadt einen Sprachkurs besucht haben soll.

Mit Mattarellas Zustimmung neigt sich die lange Regierungsphase, die mit der Wahl im März begann, dem Ende zu. Vergangene Woche haben MS5 und Lega bereits ihr Regierungsprogramm präsentiert. Darin kündigt die Koalition an, Sozialausgaben zu erhöhen und Steuern zu senken. Am Mittwoch warnte die EU-Kommission die künftige italienische Regierung davor, vom Sparkurs abzuweichen und mehr Schulden zu machen.

Italien hat nach Griechenland den zweithöchsten Schuldenstand in der Eurozone. Die Gesamtverschuldung belief sich im vergangenen Jahr auf 131,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. Dem gegenüber steht in der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone eine Arbeitslosenquote von mehr als zehn Prozent. Unter jungen Italienern ist sogar jeder dritte arbeitslos.

Conte muss nun sein Kabinett zusammenstellen. Die Regierung braucht abschließend noch die Zustimmung des Parlaments, in dem die Koalitionsparteien allerdings die Mehrheit haben. Diese Abstimmung wird in der kommenden Woche erwartet.

© SZ.de/rtr/afp/dpa/jsa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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