Referendum in der Türkei:Erdoğan: Deutschland "eine Lektion erteilen"

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Recep Tayyip Erdoğan am Samstag auf einer Kundgebung in Istanbul. (Foto: AP)
  • Der türkische Staatschef hat zum Abschluss seines Wahlkampfs angekündigt, europäischen Ländern "eine Lektion" zu erteilen.
  • Mit Blick auf verbotene Wahlkampfaurtritte seiner Partei in Europa sagte er: "Morgen ist der Tag, um ihnen darauf eine Antwort zu geben. Wir werden auch Deutschland eine Antwort geben, und Österreich, Belgien, der Schweiz und Schweden."
  • In Anspielung auf den im Sommer gescheiterten Putschversuch und das folgende massive Vorgehen gegen Zehntausende mutmaßliche Gegner kündigte Erdoğan außerdem an: "Wir werden am 16. April beenden, was wir am 15. Juli begonnen haben."

Recep Tayyip Erdoğan erwartet von dem Referendum über die Einführung seines Präsidialsystems in der Türkei auch eine Quittung für Europa. "Dieser Sonntag ist der Tag, an dem unser Volk jenen europäischen Ländern eine Lektion erteilen wird, die uns in den vergangenen zwei Monaten mit aller Art von Gesetzlosigkeit einschüchtern wollten", sagte der türkische Staatschef. Und weiter: "Morgen ist der Tag, um ihnen darauf eine Antwort zu geben. Wir werden auch Deutschland eine Antwort geben, und Österreich, Belgien, der Schweiz und Schweden."

Während des Wahlkampfs vor dem Referendum war es zu schweren Spannungen zwischen der Türkei und mehreren europäischen Staaten gekommen. Auslöser waren geplante Wahlkampfauftritte türkischer Regierungsvertreter. Erdoğan hatte Deutschland und den Niederlanden in dem Zusammenhang "Nazi-Methoden" vorgeworfen.

Der Staatschef rief deshalb seine Anhänger erneut dazu auf, für seine geplante Verfassungsreform zu stimmen. "Vergesst nicht, dass es bei der Abstimmung um unsere Ehre geht." Der Sonntag werde der Wendepunkt im Kampf gegen terroristische Organisationen sein, sagte der Präsident, der durch die geplante Verfassungsänderung erheblich mehr Macht erhielte. "Wir werden am 16. April beenden, was wir am 15. Juli begonnen haben", rief er in Anspielung auf den im Sommer gescheiterten Putschversuch und das folgende massive Vorgehen gegen Zehntausende mutmaßliche Gegner.

Die Opposition warnt vor einem Ein-Mann-Regime

Erdoğan macht den in den USA lebenden Geistlichen Fetullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich und bezeichnet dessen Bewegung sowie die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK als Terror-Organisationen. Gülen bestreitet Erdoğans Vorwürfe.

Der Chef der oppositionellen sozialdemokratischen CHP, Kemal Kilicdaroglu, sagte, die Türkei stehe am Scheideweg zwischen einem demokratischen parlamentarischen System und einem "Ein-Mann-Regime". Die pro-kurdische Partei HDP hielt in Diyarbakir im Südosten eine Kundgebung ab. Ihr inhaftierter Vorsitzender Selahattin Demirtaş kritisierte in einem verlesenen Brief, der Wahlkampf sei nicht fair gewesen. Er und andere HDP-Politiker seien verhaftet worden, damit sie nicht für ein Nein werben könnten.

An diesem Sonntag sind 55,3 Millionen Wahlberechtigte in der Türkei zur Teilnahme an dem Verfassungsreferendum aufgerufen. Im Ausland - wo zusätzlich 2,9 Millionen wahlberechtigte Türken registriert sind - wurde bereits gewählt.

© Süddeutsche.de/Reuters/dpa/biaz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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