Präsidentschaftswahlkampf 2016:Die ewigen Clintons

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Autogrammstunde in der Buchhandlung: Hillary Clinton stellt ihre Memoiren vor. (Foto: AFP)

Ein großer Hype um ein mäßiges Buch: Hillary Clintons Memoiren sind nichts anderes als eine Werbekampagne für ihre Präsidentschaftskandidatur. Natürlich wäre sie bestens gerüstet und es ist an der Zeit für eine Frau im höchsten US-Amt. Doch ihr Promibonus erstickt jeden Ideenwettbewerb im Keim.

Ein Kommentar von Nicolas Richter, Washington

Hillary Clintons sogenannte Memoiren sind keine ehrliche, schonungslose Betrachtung der amerikanischen Politik, sondern eine Werbekampagne für Hillary Clinton. Man findet in ihrem Buch ein paar Spitzen gegen Wladimir Putin und Nicolas Sarkozy, was nicht originell ist, dafür aber viel Nettes über Barack Obama, der ihr einst die Präsidentschaft entriss, und sogar über Bill Clinton, ihren mitunter untreuen Ehemann. Taktisch angelegte Memoiren wie diese sollen keine neuen Feinde schaffen; sie beschreiben alte Erfolge, um neue zu ermöglichen.

Hillary Clinton tut so, als wäre es ein Staatsgeheimnis, aber sie wird sich sehr, sehr wahrscheinlich 2016 für die Präsidentschaft bewerben. Den Wahlkampf kann man sich kaum vorstellen, weil die Erregung jetzt schon kaum zu steigern ist, obwohl Hillary nur ein mäßiges Buch vorstellt. Bereits im vergangenen Jahr - Clinton gönnte sich eine Pause - war sie täglich in den Schlagzeilen. Amerika und die Clintons können irgendwie nicht voneinander lassen. Die Clintons sind süchtig nach Aufmerksamkeit, die Öffentlichkeit ist süchtig nach den Clintons, wenn auch weniger nach deren Politik als nach deren Unterhaltungspotenzial.

Natürlich ist Hillary Clinton für das höchste Amt bestens gerüstet: Sie kennt Washington nicht nur, sie verkörpert es. Vom Gesundheitswesen bis zur Diplomatie ist sie kundiger als jeder angehende Präsident der vergangenen Jahrzehnte. Aber Fachwissen und Disziplin allein reichen nicht für dieses Amt. Wer gewinnen möchte, muss für das Versprechen stehen, dass sich Amerika zum Besseren ändert. Hillarys Verdienste sind groß: Sie war nie bloß die Frau an Bills Seite, eher bildete sie als First Lady mit ihm eine Doppelspitze im Weißen Haus. Das heißt nicht, dass sie eine Vision für das 21. Jahrhundert hat. Clinton würde das höchste Amt im Alter von fast 70 Jahren antreten. Versteht sie, was die Generation der Millennials bewegt?

Braucht das Land wirklich Hillary als Präsidentin?

Die Demokraten müssten jetzt entscheiden, was sie sein wollen. Sollen sie sich, wie einst Bill Clinton, mit Wirtschaft und Wall Street arrangieren? Oder ankämpfen gegen Ungleichheit, den Aufstieg der Reichsten, den Verfall der Mittelschicht? Leider wird diese Debatte ausbleiben.

Erstens ist Clinton so übermächtig, dass linkere Rivalinnen wie etwa die Senatorin Elizabeth Warren gar nicht erst zur Vorwahl antreten. So erstickt der Promibonus jeden Ideenwettbewerb, bevor er beginnt. Zweitens ist unklar, wofür Clinton selbst steht. Sie lässt alles im Ungefähren, was Anstoß erregen könnte. Sie steht allenfalls dafür, dass sie die erste Frau wäre im höchsten Amt. Es ist Zeit für eine Frau im höchsten Amt. Aber muss das Clinton sein?

Hillary Clinton galt schon 2008 als unvermeidlich. Dann tauchte Barack Obama auf. Diesmal aber ist kein Rivale aus der eigenen Partei in Sicht. Sollte Clinton ins Weiße Haus einziehen, würde das Jahr 2016 an die Neunziger anknüpfen. Obama, der erste schwarze Präsident, wäre nur ein Intermezzo gewesen, während die Clintons pausierten, um Autobiografien zu schreiben.

© SZ vom 11.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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