Politik kompakt:Rassenhass-Prozess gegen Wilders vertagt

Lesezeit: 4 min

Geert Wilders wird erst nach der Parlamentswahl vor Gericht stehen - der Rechtspopulist dröhnt derweil gegen "linke Machthaber". Kurzmeldungen im Überblick.

Der Prozess wegen Volksverhetzung gegen den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders wird nicht vor den Parlamentswahlen am 9. Juni fortgesetzt. Das Hauptverfahren werde erst im Oktober beginnen, hieß es beim Amsterdamer Landgericht unter Hinweis auf Terminprobleme.

Rechtspopulist Wilders soll sich unter anderem für seine islamfeindlichen Äußerungen bei Reden und in Zeitungsinterviews verantworten. (Foto: Foto: AP)

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Chef der Partei für die Freiheit (PVV) Beleidigung von Muslimen sowie Aufstachelung zum Hass gegen Anhänger des Islam und zum Rassenhass gegen Marokkaner und andere nicht-westliche Ausländer vor. Wilders soll sich unter anderem für seinen anti-islamischen Propagandafilm Fitna sowie islamfeindliche Äußerungen bei Reden und in Zeitungsinterviews verantworten.

Derweil eröffnete Wilders seinen Wahlkampf mit neuen Angriffen auf die Integrationspolitik bisheriger Regierungsparteien, vor allem der Sozialdemokraten. "Die linken Machthaber haben sich mit dem Islam vereinigt", sagte er am Montagabend in Rotterdam.

Dem Spitzenkandidaten der sozialdemokratischen Partei der Arbeit (PvdA), Job Cohen, warf er vor, eine Massenimmigration von Muslimen zu fördern und den Bau von Moscheen zu finanzieren. "Früher hatte die PvdA eine rote Fahne. Heute ist sie der Club des roten Teppichs für den Islam", sagte Wilders vor jubelnden Anhängern. Die PVV werde die Niederlande am 9. Juni "zurückerobern".

Die US-Regierung will einen intensiven Austausch mit der muslimischen Welt, die thailändische Regierung verstärkt die Maßnahmen gegen die Demonstranten und die kirgisische Übergangsregierung klagt den Ex-Präsidenten an: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

US-Präsident Barack Obama hat sein Ziel einer "neuen Partnerschaft" mit der muslimischen Welt bekräftigt. Bei einem Treffen von muslimischen Geschäftsleuten und Unternehmern aus 60 Nationen in Washington erinnerte er an seine Rede in Kairo vom 4. Juni 2009, in der er für einen "Neubeginn" auf der Basis gemeinsamer Interessen und gegenseitigen Respekts geworben hatte.

Er habe daran gearbeitet, "sicherzustellen, dass Amerika wieder seiner Verantwortung nachkommt, vor allem, wenn es um die Sicherheit und politischen Fragen geht, die sehr oft eine Quelle von Spannungen gewesen sind", sagte der Präsident. Er wies unter anderem darauf hin, dass die USA den Krieg im Irak "auf verantwortungsvolle Weise" beendet haben und in Afghanistan und der Region neue Partnerschaften zur Isolierung gewalttätiger Extremisten sowie zur Bekämpfung von Korruption gebildet haben.

"Trotz der unausweichlichen Schwierigkeiten werden die USA, solange ich Präsident bin, nicht bei der Verfolgung einer Zwei-Staaten-Lösung wanken, die Rechte und Sicherheit für beide, Israelis und Palästinenser, sicherstellt", sagte Obama.

Der gestürzte kirgisische Präsident Kurmanbek Bakijew ist in seiner Abwesenheit von der Übergangsregierung des mehrfachen Mordes angeklagt worden. Die neue Führung in Bischkek werde in Weißrussland, wo sich Bakijew im Exil befindet, die Auslieferung des 60-Jährigen beantragen, sagte der amtierende Vizeregierungschef Asimbek Beknasarow nach Angaben kirgisischer Medien. Die Übergangsregierung werfe Bakijew, dem am Vortag die Immunität entzogen worden war, Machtmissbrauch vor. Nach einem Volksaufstand Anfang April mit 85 Toten und mehr als 1600 Verletzten war der autoritäre Ex-Staatschef nach Minsk geflohen.

Die kirgisische Führung will das Volk am 27. Juni über eine neue Verfassung abstimmen lassen, die eine parlamentarische Republik vorsieht. Am 10. Oktober sollen Präsidenten- und Parlamentswahlen folgen. Russland, die USA und die Europäische Union hatten die Übergangsregierung unter Rosa Otunbajewa aufgefordert, für Stabilität durch Wahlen zu sorgen. Der Westen hat dem völlig verarmten Land Millionenhilfen zugesichert.

In Thailand hat die Regierung nach eigenen Angaben ihr Vorgehen gegen die seit Wochen erbittert protestierenden Rothemden verschärft. Die Maßnahmen gegen die Demonstranten seien verstärkt worden, weil sie mit ihren im Zentrum der Hauptstadt Bangkok errichteten Barrikaden "Unruhe" verbreitet und die Rechte anderer Bürger verletzt hätten, sagte Vize-Ministerpräsident Suthep Thaugsuban. "Wir können nicht mehr mit diesen Leuten reden", fügte er hinzu und drohte denjenigen, die die Barrikaden in dem besetzten Geschäftsviertel errichteten, mit Festnahmen.

Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva sagte dem Sender CNN laut vorab veröffentlichten Auszügen, seine Regierung sei jedoch noch immer an einer "politischen Lösung" des Konflikts interessiert. Mit jedem Tag der Proteste litten die Menschen in Thailand mehr, sagte er. "Doch wir wollen sichergehen, dass der Rechtsstaat gewahrt bleibt."

Die in Rot, der Farbe der Opposition, gekleideten Regierungsgegner legten am Dienstag für mehrere Stunden den Verkehr des zum U-Bahnnetz der Stadt gehörenden Skytrains lahm und legten Autoreifen auf die Gleise. Sie fürchten die gewaltsame Auflösung ihrer Proteste und wollten verhindern, dass Sicherheitskräfte die Züge für derartige Aktionen nutzen. Viele Menschen mussten zu Fuß zur Arbeit gehen.

Die Rothemden halten seit mehreren Wochen ein Geschäftsviertel besetzt und verschanzen sich hinter Barrikaden aus Autoreifen und angespitzten Bambusstämmen.

Ex-Außenminister Joschka Fischer hat Altbundeskanzler Helmut Kohl gelobt. In einem Interview des Politikmagazins Cicero würdigte der Grünen-Politiker speziell die Europapolitik seines langjährigen Rivalen. "Man kann über Helmut Kohl viel sagen, und ich habe ihn oft kritisiert", wird Fischer in der Vorabmeldung vom Dienstag zitiert. "Aber gemessen an den heutigen Akteuren war er der größere, der entschlossenere Europäer. Er schritt europapolitisch voran, heute geht es eher rückwärts", kritisierte der Außenminister und Vizekanzler der rot-grünen Koalition.

Zugleich zeigte sich Fischer "enttäuscht" über Bundeskanzlerin Angela Merkel. Deren Europapolitik sei kurzsichtig und folge, wie sich gerade erst in der Griechenland-Krise gezeigt habe, ausschließlich innenpolitischen Erwägungen. Der ehemalige Fraktionschef der Grünen kritisierte aber auch die Oppositionsparteien im Bundestag, einschließlich seiner eigenen Parteifreunde. "Mit dem Ende von Rot-Grün hat eine neue Generation die Parteien übernommen, und dieser Generation scheint Europa sehr viel weniger zu bedeuten. Mit solch einer Haltung kann Deutschland nur verlieren", warnte Fischer.

Nach einer hitzigen Debatte, bei der Eier und Rauchbomben geworfen wurden, hat das ukrainische Parlament die umstrittene Pachtverlängerung für einen Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte ratifiziert. Zuvor waren Eier auf Parlamentspräsident Wolodimir Litwin geworfen worden. Der Politiker suchte hinter zwei Schirmen Schutz. Anschließend wurden in kurzem Abstand zwei Rauchbomben geworfen, so dass sich das Parlament mit Rauch füllte und ein Alarm ausgelöst wurde. Die Abgeordneten setzten ihre hitzige Debatte dennoch fort.

Vor dem Parlament demonstrierten derweil tausende Menschen gegen den russischen Stützpunkt. Moskau und Kiew hatten 1997 einen 20-jährigen Pachtvertrag für die ehemalige Sowjet-Basis in Sewastopol auf der ukrainischen Halbinsel Krim ausgehandelt. Im Gegenzug für einen Preisnachlass von 30 Prozent bei Erdgaslieferungen von Russland an die Ukraine hatten die Präsidenten von Russland und der Ukraine, Dmitrij Medwedjew und Viktor Janukowitsch, eine Verlängerung dieses Abkommens um 25 Jahre beschlossen.

Bei den befürchteten Krawallen zum 1. Mai könnte die Polizei nach Ansicht des CDU-Innenpolitikers Wolfgang Bosbach (CDU) an ihre Leistungsgrenze stoßen. In diesem Jahr stünden die Beamten vor einer völlig neuen Herausforderung, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses der Saarbrücker Zeitung. Neben den traditionellen Großkundgebungen drohe insbesondere in Berlin erneut massive Randale. Zudem sei auch noch der vorletzte Spieltag der Fußballbundesliga, an dem alle Spiele gleichzeitig stattfänden.

"Teilweise kommen unsere Polizeieinsatzkräfte aus den Stiefeln nicht mehr heraus", sagte Bosbach. Er warnte davor, vor den befürchteten Krawallen allein auf das Prinzip der Deeskalation zu setzen. Die erhebliche Zahl verletzter Polizisten bei den Mai-Krawallen im vergangenen Jahr habe gezeigt, dass diese Strategie nicht erfolgreich gewesen sei. "Wenn die Polizei ein gewisses Maß an Rechtsbrüchen toleriert, hat das nichts mit Deeskalation, sondern mit Kapitulation zu tun", kritisierte Bosbach.

© AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: