Politik kompakt:Chávez siegt - verpasst aber Wahlziel

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Die Präsidentenpartei erobert die Mehrheit im venezolanischen Parlament. Doch Chávez' Sozialisten verpassen die Zwei-Drittel-Mehrheit.

im Überblick

Bei den Parlamentswahlen in Venezuela hat die Partei des linken Staatschefs Hugo Chávez ihr erklärtes Wahlziel einer Zwei-Drittel-Mehrheit verpasst. Wie die staatliche Wahlbehörde CNE in der Nacht zum Montag rund acht Stunden nach dem offiziellen Ende der Wahl mitteilte, entfielen auf das Oppositionsbündnis "Tisch der demokratischen Einheit" mindestens 59 der 165 Parlamentssitze.

Gewonnen - doch die Zwei-Drittel-Mehrheit verloren: Die Parlamentswahl wurde als wichtiger Stimmungstest für Präsident Hugo Chávez gewertet. (Foto: REUTERS)

Nach Angaben des Oppositionssenders Globovision sind es bislang sogar 61 Sitze. Damit ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die Sozialistische Einheitspartei Venezuelas (PSUV) nicht mehr möglich. Für mehrere Wahlbezirke stand das Ergebnis noch nicht fest. Insgesamt dürfte die PSUV aber am Sonntag die Mehrheit der Mandate errungen haben. Die Wahlbeteiligung lag nach CNE-Angaben bei rund 66 Prozent. Vor fünf Jahren war der Präsidentenpartei eine überwältigende Mehrheit zugefallen, weil die Opposition den Urnengang geschlossen boykottiert hatte.

Die Parlamentswahl vom Sonntag wurde als wichtiger Stimmungstest für Präsident Hugo Chávez gewertet. Er hatte als Ziel ausgegeben, die Zwei-Drittel-Mehrheit der Sitze zu halten, um seinen "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" weiter mit aller Kraft voranzutreiben.

(dpa/AFP)

Im Kosovo zieht sich der Staatschef zurück, in der Union gibt es verschiedene Meinungen zur künftigen Ausgestaltung des Zivildienstes, iranische Soldaten töten 30 mutmaßliche Extremisten. Lesen Sie weiter Kurzmeldungen im Überblick.

Der kosovarische Präsident Fatmir Sejdiu hat seinen Rücktritt angekündigt. Dies teilte er in Pristina mit. Das Verfassungsgericht des Kosovo hatte dem Präsidenten vor wenigen Tagen einen "ernsten" Verstoß gegen die Verfassung vorgeworfen, weil er gleichzeitig Vorsitzender der Partei Demokratische Liga des Kosovo (LDK) war.

"Ich habe heute meinen Rücktritt vom Amt des Präsidenten des Kosovo eingereicht", sagte Sejdiu während der Pressekonferenz. "Ich war der Überzeugung, dass mein Verbleib im Amt des Vorsitzenden der Partei Demokratische Liga des Kosovo, ohne es auszuüben, nicht die Verfassung verletzt, das Gericht ist anderer Ansicht und ich respektiere das Urteil." Sejdiu hat seit Februar 2006 das Amt des Präsidenten inne und ist zugleich Vorsitzender der LDK. Etwa 30 Abgeordnete hatten deshalb das Verfassungsgericht angerufen. Die LDK gehört der Regierungskoalition von Ministerpräsident Hashim Thaci an.

(AFP)

Die Internationale Afghanistan-Schutztruppe Isaf hat mehr als 30 Aufständische auf pakistanischem Gebiet getötet. Wie die Isaf am Sonntag mitteilte, hatten die Extremisten am Freitag einen entlegenen afghanischen Militärposten in der Provinz Khost attackiert. Zivilisten seien bei dem Isaf-Angriff nach ersten Erkenntnissen weder verletzt noch getötet worden, hieß es. Nach pakistanischen Medienberichten hatten zwei Nato-Kampfhubschrauber vom Typ Apache die Aufständischen von Afghanistan aus über die Grenze verfolgt. Wie die pakistanische Zeitung The Dawn am Montag schrieb, sind solche Verfolgungen über die Grenze sehr selten. In der Isaf-Erklärung hieß es weiter, dass sich die Soldaten an die geltenden Einsatzregeln gehalten hätten.

(dpa)

In der Union gibt es Streit über die künftige Ausgestaltung des Zivildienstes. Die Berliner Zeitung berichtete vorab unter Berufung auf Teilnehmer, auf einer gemeinsamen Sitzung der Präsidien von CDU und CSU in Berlin habe es Sonntagabend eine Kontroverse über die Pläne von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) gegeben, nach denen der Zivildienst mit dem Freiwilligen Sozialen Jahr verbunden werden soll. Die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) habe gedroht, dem Vorhaben nicht zuzustimmen. Es sei eine sehr emotionale Debatte gewesen. Wegen der geplanten Aussetzung der Wehrpflicht muss auch der Zivildienst neu gestaltet werden. Die SPD kündigte unterdessen Widerstand gegen die von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und der schwarz-gelben Koalition geplante Bundeswehrreform an. Der geschäftsführende Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß sagte der Leipziger Volkszeitung laut Vorabbericht, zwar gehe Guttenberg auf langjährige Forderungen der SPD ein. "Aber wir wehren uns gegen Sicherheitspolitik nach Kassenlage", sagte er.

(dapd)

Afghanistans Wahlaufsicht hat wegen Manipulationsverdachts bei der Parlamentswahl die Neuauszählung Tausender Stimmzettel angeordnet. Betroffen seien sieben von 34 Provinzen, sagte ein Beauftragter der von der Regierung in Kabul eingesetzten unabhängigen Wahlkommission. Die Bekanntgabe des Ergebnisses der Abstimmung vom 18. September könnte sich damit weiter verzögern. Zuletzt hatte die Behörde den 30. Oktober als Termin angepeilt.

Die Kommission habe Belege dafür, dass die Ergebnisse in den betroffenen Provinzen nicht regulär seien, sagte der Beauftragte. Es werde untersucht, wer hinter dem möglichen Wahlbetrug stecke. Bis Ende vergangener Woche hatte die von den Vereinten Nationen unterstützte Wahlbeschwerdekommission etwa 3000 offizielle Einsprüche erhalten. Nach Einschätzung der Kommission könnte sich diese Zahl noch verdoppeln. Mindestens 17 Menschen waren während der Abstimmung am 18. September bei Anschlägen getötet worden. Auch die Präsidentenwahl im vergangenen Jahr war von Anschlägen der radikal-islamischen Taliban und Wahlfälschungen überschattet worden.

(Reuters)

Iranische Soldaten haben 30 Menschen getötet, die sie für einen Bombenanschlag mit zwölf Toten verantwortlich machen. Die Gefechte mit den mutmaßlichen Extremisten hätten nahe der Grenze zum Irak stattgefunden, teilte ein Kommandeur der Revolutionsgarden am Sonntag mit. Bei dem Bombenanschlag im Nordwesten des Landes kamen am Mittwoch zwölf Zuschauer einer Militärparade ums Leben. 80 wurden verletzt. Beobachtern zufolge könnte der Anschlag den Druck auf die Regierung erhöhen. Nach den wegen des Atomprogramms verhängten Sanktionen kommt es zu wirtschaftlichen Engpässen, zudem steigt der innenpolitische Druck. Als Drahtzieher des Anschlags macht Iran die USA und Israel verantwortlich.

(Reuters)

Ungeachtet der Cyber-Attacke durch den Computer- Schädling Stuxnet soll das Atomkraftwerk Buschehr im Süden Irans wie geplant den Betrieb aufnehmen. Irans Atomchef Ali-Akbar Salehi sagte der Nachrichtenagentur Mehr, dass der Reaktor binnen weniger Tage mit Brennstäben beladen wird und im November ans Netz geht. Der Reaktor soll dann im März seine Maximalleistung von 1000 Megawatt erreichen. Nach Bekanntwerden der Cyber-Attacke auf Computer von Industrie- und Atomanlagen in Iran hatte der Leiter der Anlage Bushehr, Mahmud Dschafari, am Sonntag betont, dass es keine Probleme mit dem Computersystem des Werks selbst gebe. Es seien "Personalcomputer einiger Angestellter" durch den Virus beschädigt worden. Ein IT- Sicherheitsteam sei vor Ort, um die Rechner zu inspizieren und die Trojaner zu entfernen. Dschafari äußerte sich aber nicht dazu, warum ein hoch qualifiziertes IT-Sicherheitsteam nach Buschehr entsandt wurde, wenn es sich nur um Viren in PCs der Angestellten handelt, die mit dem Kraftwerk selbst angeblich nichts zu tun haben. Darüberhinaus haben mehrere Ministerien inzwischen eine gemeinsame Arbeitsgruppe gebildet, um den "Spionage-Virus" zu bekämpfen, hieß es in iranischen Medien. Auch die iranische Atomenergieorganisation hatte in der Vorwoche in Buschehr nach Wegen gesucht, den Trojaner loszuwerden. Die iranische Presse spricht inzwischen von einem "Cyber-Krieg". Iranische Regierungsvertreter hatten erst Ende vergangener Woche öffentlich zugegeben, dass bis zu 30.000 Rechner in den iranischen Industrieanlagen mit dem Trojaner infiziert sind. Unbekannt bleibt vorerst das Ausmaß der Schäden, besonders im Atomkraftwerk Buschehr, dessen Bau vor Jahrzehnten von der deutschen Firma Siemens begonnen worden war, und das mit russischer Hilfe nun fertiggestellt wurde. Viele der Kontrollsysteme für die iranischen Industrieanlagen, auch in Buschehr, stammten von Siemens, und Stuxnet greife speziell diese Systeme an und übermittle Daten ins Ausland, so IT-Experten im Iran.

(dpa)

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