Personaldebatte bei der FDP:Röslers Kampf

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In der FDP spitzt sich der Machtkampf zu: Hinter den Kulissen ringen verschiedene Gruppen um Einfluss und Posten. Der designierte Parteichef Philipp Rösler will seinen Vize Brüderle loswerden und durch seinen Vertrauten Bahr ersetzen. Doch eine Kampfkandidatur birgt für Bahr Gefahren.

Claus Hulverscheidt, Berlin

Eineinhalb Wochen vor dem Parteitag steuert der Machtkampf innerhalb der FDP auf eine Entscheidung zu. Wie aus Parteikreisen verlautete, will der designierte Bundesvorsitzende Philipp Rösler den bisherigen Parteivize Rainer Brüderle aus dem Amt drängen und stattdessen den nordrhein-westfälischen Landeschef Daniel Bahr als seinen Stellvertreter installieren. Bundeswirtschaftsminister soll Brüderle aber bleiben. Auch Fraktionschefin Birgit Homburger steht weiter unter Druck: Sie bot den Bundestagsabgeordneten der Liberalen angesichts anhaltender Kritik an, sich noch vor der Sommerpause einer Neuwahl zu stellen.

Der designierte FDP-Chef Philipp Rösler mit seinem Stellvertreter Rainer Brüderle: Der Wirtschaftsminister hat sich eine erneute Kandidatur für den Stellvertreterposten ausdrücklich offen gehalten. (Foto: dpa)

Brüderle hatte sich eine erneute Kandidatur für das Amt des stellvertretenden FDP-Chefs bisher ausdrücklich offen gehalten, obwohl er aus Sicht vieler Freidemokraten als Wahlverlierer in Rheinland-Pfalz damit einem personellen Neuanfang der Partei im Wege stünde. Aus den Kreisen verlautete nun, der Rösler-Vertraute Bahr habe dem Wirtschaftsminister in Absprache mit dem künftigen Vorsitzenden den "Fehde-Handschuh" hingeworfen: Falls sich Brüderle erneut für das Stellvertreteramt bewerbe, müsse er sich auf eine Kampfkandidatur gegen Bahr einstellen - und damit auf eine mögliche Niederlage, die ihn auch seinen Kabinettsposten kosten könnte. Allerdings hat Brüderle in der Partei sehr wohl auch Unterstützer, weshalb die Kampfkandidatur auch für Bahr - im Hauptberuf Parlamentarischer Staatssekretär im von Rösler geführten Gesundheitsministerium - mit Gefahren verbunden wäre. Der Wirtschaftsminister hat bisher lediglich seinen Verzicht auf den rheinland-pfälzischen Landesvorsitz angekündigt.

Bahr wird nach Informationen der Süddeutschen Zeitung auch als möglicher neuer Chef der FDP-Bundestagsfraktion gehandelt, sollte die amtierende Vorsitzende Homburger den Job aufgeben. Ihr wird mangelnde Führungskraft sowie das schlechte Abschneiden der Partei bei der jüngsten Wahl in Baden-Württemberg vorgehalten, wo sie Landesvorsitzende ist.

Mehrere führende Bundestagsabgeordnete berieten am Mittwoch unter Homburgers Leitung darüber, ob die im Herbst anstehende Neuwahl des Fraktionsvorstands von Oktober auf Ende Mai oder Anfang Juni vorgezogen werden soll. Nach Angaben von Teilnehmern sprach sich eine klare Mehrheit dafür aus. Homburger kann nunmehr entscheiden, ob sie erneut antritt oder verzichtet: Bei einem raschen und deutlichen Abstimmungserfolg wäre ihre Position deutlich gestärkt, bei einem sehr schlechten Ergebnis oder gar einer Niederlage könnte ihre bundespolitische Karriere hingegen für lange Zeit beendet sein.

Westerwelle will aus Koalitionsausschuss ausscheiden

Nach derzeitiger Planung will Homburger sowohl Fraktionschefin als auch Vorsitzende der Südwest-FDP bleiben. Zumindest beim außerordentlichen Landesparteitag am Samstag in Stuttgart wird sie jedoch mit dem Europaabgeordneten Michael Theurer einen Gegenkandidaten haben. Verliert sie bereits dort, dürfte sie auch als Vorsitzende der Bundestagsfraktion kaum mehr zu halten sein. Entsprechend wollen sie und ihre Berliner Mitstreiter erst am Sonntag bei einer Klausurtagung der liberalen Bundestagsabgeordneten über den endgültigen Termin der Fraktionsvorstandswahlen entscheiden - also erst dann, wenn Homburgers Abstimmungsergebnis in Stuttgart bekannt ist.

Der scheidende Parteichef Guido Westerwelle erklärte derweil, er werde dem Koalitionsausschuss von Union und FDP künftig nicht mehr angehören. Der Ausschuss legt unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Leitlinien für die Regierungsarbeit fest und Streitigkeiten unter den Partnern bei. Westerwelle sagte der Zeitung Die Welt, er wolle sich nach seinem Rückzug vom FDP-Vorsitz beim Bundesparteitag Mitte Mai in Rostock "mit ganzer Kraft auf das Amt des Außenministers" konzentrieren. Der Koalitionsausschuss sei "eine Runde von Parteivertretern, nicht von Kabinettsmitgliedern".

Westerwelle war an diesem Mittwoch genau zehn Jahre als FDP-Vorsitzender im Amt. Auf größere Feiern wurde aber verzichtet. Seit dem Rekordergebnis bei der Bundestagswahl 2009 von 14,6 Prozent ist die Partei in der Wählergunst dramatisch abgestürzt. Nach einer neuen Forsa-Umfrage liegt sie derzeit weiterhin nur bei vier Prozent. Wären am Sonntag Bundestagswahlen, wäre die FDP also mutmaßlich nicht mehr im Parlament vertreten.

© SZ vom 05.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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