Pakistan:Gefasster Deutscher ist Bombenexperte

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In Pakistan wurde ein Deutscher gefasst - er gilt als Spezialist für den Bau von Sprengstoffgürteln und ging offenbar in dieselbe Hamburger Moschee wie die Attentäter vom 11. September.

Tobias Matern, Delhi

Er war in eine Burka gehüllt, ein Mädchen und zwei weitere Passagiere saßen mit ihm im Auto, doch die Tarnung nützte nichts. Pakistanische Behörden haben offenbar zwischen dem als Rückzugsgebiet für die Taliban und Al-Qaida-Terroristen bekannten Nord-Wasiristan und dem Distrikt Bannu einen deutschen Staatsbürger festgenommen.

Pakistanische Polizisten überprüfen die Insassen eines Wagens in Nord-Wasiristan. In so einer Kontrolle kam ihnen die auffallend große Frau seltsam vor - und sie forderten eine Überprüfung der Insassen, bei der sie Rami M. entdeckten.  (Foto: ap)

Nach Angaben von Spiegel Online handelt es sich angeblich um den Islamisten Rami M., der in dieselbe Moschee in Hamburg gegangen sein soll wie die Attentäter vom 11. September 2001. Ein Polizeisprecher in Bannu erklärte, auch ein weiterer Mann habe sich unter einer Burka getarnt. Ein Sprecher der Taliban sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur AP, der festgenommene Deutsche sei einer ihrer Kämpfer. "Wir haben viele Deutsche, die sich am Dschihad beteiligen. Das sollte niemanden überraschen", sagte der Sprecher demnach.

Ungewöhlich große Frau

Den pakistanischen Beamten, die das Auto anhielten, schien der auf dem Vordersitz befindliche Passagier, der eine Burka anhatte, für eine Frau als ungewöhnlich groß zu sein. Sie bestanden auf einer Überprüfung der Insassen. Zwei der Passagiere hätten sich tatsächlich als Männer entpuppt. Der Deutsche habe wohl das Gefühl vermitteln wollen, eine Familie aus der Stammesregion sei in dem Auto unterwegs, um nicht die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich zu ziehen. Die als Familie getarnte Gruppe war offenbar auf dem Weg in die Provinzhauptstadt Peschawar. Die deutsche Botschaft in Islamabad wurde von der Festnahme unterrichtet.

Rami M. ist laut pakistanischen Medienberichten 27 Jahre alt und gilt als Fachmann für den Bau von Sprengstoffgürteln. Ein Geheimdienstmitarbeiter sagte der Zeitung Dawn, der Deutsche habe vor einigen Monaten die Grenze von Afghanistan nach Pakistan überquert.

Grenze am Reißbrett gezogen

Die Markierung ist mehr als 2000 Kilometer lang und trotz einiger Kontrollpunkte überaus löchrig. Vor mehr als hundert Jahren hatten die britischen Kolonialherren die Grenze am Reißbrett gezogen, sie verläuft zum Teil mitten durch Häuser und Dörfer. Die dort lebenden Paschtunen haben die Grenze nie akzeptiert, sie haben länderüberschreitende Familienbande und treiben regen Handel untereinander. Für den Westen in Afghanistan ist die unkontrollierbare sogenannte Durand-Line ein zentrales Problem im Kampf gegen den Terrorismus, weil die Taliban und andere Extremisten sich bei Militäroffensiven meist nach Pakistan flüchten können.

Ausländer dürfen die Grenzregion zu Afghanistan, in der Rami M. nun gefasst worden sein soll, nicht ohne Sondergenehmigung besuchen. Vor allem Nord-Wasiristan gilt als Hochburg der Extremisten. Weite Teile des Gebiets entziehen sich dem Einfluss des pakistanischen Staates. Die Armee hat unter anderem in Süd-Wasiristan eine Offensive gegen die Taliban unternommen.

Die USA sind darum bemüht, den offiziellen Verbündeten im Kampf gegen den Terrorismus zu noch mehr Engagement zu drängen und die Militäroperationen auch auf den Norden Wasiristans auszuweiten. Nach Darstellung des pakistanischen Geheimdienstes und des Militärs sei dies aber nicht möglich. Mehr als die dort stationierten Soldaten könnte Pakistan in der Grenzregion nicht einsetzen, heißt es aus der Armee. Dafür seien zu viele Einsatzkräfte an der Grenze mit Erzfeind Indien gebunden. Auch der von deutschen Behörden gesuchte mutmaßliche Islamist Eric Breininger hatte sich im Grenzgebiet aufgehalten, er soll Ende April bei einem Gefecht getötet worden sein.

© SZ vom 23.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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