NS-Prozess in Aachen:Höchststrafe für SS-Mann Boere

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Wegen dreifachen Mordes haben die Richter den 88-jährigen Nazi-Verbrecher Boere zu lebenslanger Haft verurteilt. Seine Anwälte hatten gefordert, das Verfahren einzustellen.

Wegen dreifachen Mordes hat nun das Aachener Landgericht den Nazi-Verbrecher Heinrich Boere zu lebenslanger Haft verurteilt.

Der 88-Jährige hatte in dem Prozess gestanden, 1944 als Mitglied des SS-Killerkommandos "Feldmeijer" drei niederländische Zivilisten erschossen zu haben.

In seiner Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende Richter: "Es waren Morde, die an Niederträchtigkeit und Feigheit kaum zu überbieten waren - außerhalb der Anständigkeit eines jeden Soldaten."

Mit dem Urteil folgte das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Anklagebehörde hatte die Taten als heimtückische und meuchlerische Morde bewertet. Boere sei ein überzeugter Nazi gewesen und habe als Spion im Widerstand Landsleute ans Messer geliefert.

Die Verteidigung hatte die Einstellung des Verfahrens verlangt - oder im Falle einer Verurteilung eine Höchststrafe von sieben Jahren.

Der Ex-Bergmann hatte zwar zugegeben, im Juli und September 1944 in Breda, Voorschoten und Wassenaar drei Niederländer erschossen zu haben: einen Apotheker, einen Fahrradhändler und einen leitenden Angestellten.

Das Bewusstsein, ein Verbrechen zu begehen, fehlte

Doch der heute in einem Altenheim lebende Angeklagte hatte sich auf einen Befehlsnotstand berufen: Bei Befehlsverweigerung habe ihm die Todesstrafe oder die Einlieferung in ein Konzentrationslager gedroht. Er habe damals nicht in dem Bewusstsein gehandelt, ein Verbrechen zu begehen.

Die drei Morde Boeres zählen zu den mindestens 54 sogenannten "Silbertannen-Morden", die das "Sonderkommando Feldmeijer" der "Germanischen SS in den Niederlanden" während des Zweiten Weltkriegs begangen hat.

Die Opfer waren Niederländer, die im Widerstand aktiv waren oder von den Nazis als antideutsch gesonnen angesehen wurden.

Boere war wegen der drei ihm zur Last gelegten Morde bereits 1949 von einem Sondergericht in Amsterdam in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden, die Strafe wurde im Nachhinein in lebenslängliche Haft umgewandelt.

Justizbehörden arbeiteten nicht zusammen

Allerdings war dem SS-Mann die Flucht aus niederländischer Haft gelungen. Nachdem er zunächst in den Niederlanden untergetaucht war, floh er später nach Deutschland, wo er jahrzehntelang unbehelligt blieb - unter anderem, weil offenbar die Kooperation zwischen der niederländischen und der damals jungen bundesdeutschen Justiz nicht funktionierte.

Das Urteil gegen Boere markiert das Ende eines der letzten NS-Kriegsverbrecherprozesse in Deutschland.

© sueddeutsche.de/AFP/DAPD/cgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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