Nordirak:USA beliefern kurdische Kämpfer im Irak mit Waffen

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Die kurdischen Peschmerga-Kämpfer bekommen aus den USA "sehr schnell dringend benötigte Waffen". Derweil spitzt sich der Machtkampf in Bagdad zu: Amtsinhaber Maliki lässt die Armee auffahren, seine Gegner nominieren einen schiitischen Kontrahenten für den Posten.

  • Um die Kurden im Nordirak im Kampf gegen Dschihadisten des IS zu unterstützen, beginnen die USA mit Waffenlieferungen, sagte US-Außenamtssprecherin Marie Harf am Montag dem Fernsehsender CNN.
  • Iraks Präsident Fuad Masum hat den schiitischen Politiker Haidar al-Abadi mit der Regierungsbildung beauftragt. Zuvor hatte ihn bereits das schiitische Parteienbündnis für das Amt des Regierungschefs nominiert und damit den amtierenden Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki - ebenfalls Schiit - offen herausgefordert.
  • Der irakische Bundesgerichtshof spricht Malikis Rechtsstaats-Allianz als größtem Block im Parlament das Recht zur Regierungsbildung zu. Zuvor hatte Maliki dem Staatspräsidenten Masum mit einer Klage gedroht.
  • In der Hauptstadt Bagdad wurden die Patrouillen verstärkt, Teile der Polizei und der Armee sollen Maliki loyal gegenüber stehen.

USA: "Wir liefern Waffen aus unseren Vorräten"

Angesichts des Vormarsches der Dschihadisten im Nordirak beliefern die USA die kurdischen Kämpfer mit Waffen. In Zusammenarbeit mit der Regierung in Bagdad würden den Kurden "sehr schnell dringend benötigte Waffen" geliefert, sagte US-Außenamtssprecherin Marie Harf am Montag dem Fernsehsender CNN. "Die Iraker liefern Waffen aus ihren Vorräten, und wir machen das Gleiche, wir liefern Waffen aus unseren Vorräten", sagte Harf, machte aber keine Angaben dazu, welche und wie viele Waffen geliefert werden.

Zuvor war von mehreren Seiten gefordert worden, angesichts des Vormarschs der Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) die Kurden mit Waffen auszustatten. Die Bundesregierung wies Forderungen nach einer Aufrüstung irakischer Kurden mit deutscher Hilfe zurück. Die Regierung halte an dem Grundsatz fest, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

IS-Kämpfer hätten am Montag unterdessen die volle Kontrolle über die Stadt Dschalawla übernommen. Das sagte ein ranghoher Polizeivertreter der Nachrichtenagentur AFP. Die Stadt etwa 130 Kilometer nordöstlich von Bagdad war in der Hand von kurdischen Peschmerga-Kämpfern gewesen. Demnach wurden zehn Peschmerga-Kämpfer getötet und etwa 80 weitere verletzt.

Machtkampf zwischen Maliki und Parteifreund al-Abadi spitzt sich zu

Im Irak ist ein offener Machtkampf um das Amt des Ministerpräsidenten ausgebrochen. Präsident Fuad Masum beauftragte am Montag den schiitischen Politiker Haidar al-Abadi mit der Regierungsbildung. Damit geht der Staatschef auf Konfrontation zum schiitischen Regierungschef Nuri al-Maliki, der selbst für eine weitere Amtsperiode wiedergewählt werden will. Die schiitischen Parteien im Parlament hatten al-Abadi zuvor für das Amt nominiert.

Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat eine Klage gegen Staatspräsident Fuad Masum angekündigt. Masum habe gegen die Verfassung verstoßen, sagte Maliki in einer Fernsehansprache. Er warf dem Präsidenten vor, ihn nicht zum neuen Ministerpräsidenten nominiert und mit der Regierungsbildung beauftragt zu haben. Malikis Rechtsstaats-Allianz sei der größte Block im irakischen Parlament, bestätigte der irakische Bundesgerichtshof nach Angaben des staatlichen irakischen Fernsehens. Laut der irakischen Verfassung steht der stärksten Kraft im irakischen Abgeordnetenhaus das Recht zu, die Regierung zu bilden. Nach Sunniten und Kurden fordern auch immer mehr Schiiten den Rückzug von Maliki aus dem Amt.

Maliki positioniert Sicherheitskräfte in Bagdad

Kurz vor einer Fernsehansprache hatte Maliki am Sonntag Sicherheitskräfte an strategisch wichtigen Punkten in der Hauptstadt Bagdad positioniert. Die Soldaten und Polizisten sind unter anderem rund um die Grüne Zone, dem Diplomatenviertel der Stadt, zu sehen. Ein ranghoher Polizeibeamter sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass verstärkt Polizisten, Soldaten und Anti-Terror-Einheiten im Einsatz seien. Brücken wurden abgesperrt und Zufahrtsstraßen zur Grünen Zone mit Panzern blockiert, wie die Washington Post unter Berufung auf irakische Fernsehberichte meldete.

In den Jahren seiner Regierungszeit hat Maliki als Premier stets auch kommissarisch das Amt des Verteidigungs, Innen- und Geheimdienstministers selbst innegehabt. Teile der Armee und der Polizei sollen ihm deswegen angeblich loyal gegenüberstehen. Hinzu kommen Milizen kleinerer Schiiten-Parteien.

Washington distanziert sich von Maliki

Das US-Außenministerium teilte am Sonntag mit, die USA stünden voll hinter Staatspräsident Fuad Masum "in seiner Rolle als Garant der irakischen Verfassung". Die USA unterstützten einen Prozess zur Wahl eines Ministerpräsidenten, der einen nationalen Konsens aufbauen könne, hieß es in der Mitteilung von Außenamtssprecherin Marie Harf weiter. Zugleich drang Washington erneut auf die Bildung einer Regierung in Bagdad, die alle religiösen und gesellschaftlichen Gruppen vertritt.

Hintergrund zum innenpolitischen Konflikt im Irak

Die politischen Lager im Irak sind schwer zerstritten. Ungeachtet der schwierigen Sicherheitslage im Land gelingt es den Parteien seit Monaten nicht, sich auf einen neuen Ministerpräsidenten zu einigen. Am Sonntag vertagte das Parlament eine Debatte darüber bis zum 19. August. Der schiitische Ministerpräsident Maliki hatte mit seiner Partei die Parlamentswahl gewonnen, verfügt aber nicht über eine absolute Mehrheit im Parlament.

Viele frühere Verbündete haben ihm die Unterstützung versagt. Der 64-Jährige wird maßgeblich für das Erstarken der sunnitischen IS-Dschihadisten verantwortlich gemacht, die zahlreiche Städte im Nordirak unter ihre Kontrolle gebracht haben. Kritikern zufolge wurden seit der Amtsübernahme des Schiiten die Sunniten systematisch benachteiligt.

© SZ.de/AFP/dpa/Reuters/fran/mike - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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