Nahost-Friedensverhandlungen:Israelische Minister beschließen Freilassung von Palästinensern

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Israelische Siedlung im Westjordanland. (Foto: dpa)

Widersprüchliche Signale: Kurz vor den geplanten Friedensgesprächen billigen israelische Minister die Freilassung von zunächst 26 Palästinensern. Zugleich treibt die Netanjahu-Regierung den Siedlungsbau im Westjordanland weiter voran. Das empört auch die Opposition im eigenen Land.

Israel hat die Freilassung der ersten Gruppe von insgesamt 104 palästinensischen Langzeithäftlingen gebilligt. Ein zuständiger Ministerausschuss stimmte am Sonntagabend dafür, zunächst 26 Palästinenser im Rahmen der neuen Nahost-Gespräche freizulassen. Einige von ihnen sind bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten im Gefängnis.

Die Häftlinge können frühestens 48 Stunden nach der Mitteilung freigelassen werden - damit haben Angehörige von Terroropfern noch Zeit, vor Gericht Einspruch einzulegen. Die Freilassung der Langzeithäftlinge war eine der Bedingungen, die die Autonomiebehörde von Präsident Mahmud Abbas für die Aufnahme neuer Friedensverhandlungen gestellt hatte.

Ein entscheidender Punkt bei den Verhandlungen bleibt allerdings die Siedlerfrage - und da kommt die Ankündig neuer israelischer Bauten zu einem heiklen Zeitpunkt.

Verhandlungen zwischen Israel und Palästinensern
:Knackpunkte des Friedensprozesses

Es gibt Hoffnung: Israel und Palästinenser wollen wieder ernsthaft versuchen, Frieden zu schließen. Doch schon vor den ersten Gesprächen in Washington ist klar: Die zu überwindenden Probleme sind gewaltig. Es geht um neue Grenzen, alte Flüchtlingsprobleme - und ums Wasser. Ein Überblick.

Von Sebastian Krass

60.000 in fünf Jahren. So viele jüdische Siedler sind seit den gescheiterten Friedensverhandlungen 2008 ins Westjordanland und nach Ost-Jerusalem gezogen, wie die israelische Menschenrechtsgruppe Schalom Achschaw ("Frieden jetzt") schätzt. Insgesamt sollen es demnach 340.000 jüdische Siedler sein. Die 1187 neuen Wohnungen, die Israels Wohnungsbauministerium nun ausschreiben will, erscheinen angesichts dieser Zahlen nicht besonders hoch, sind aber trotzdem problematisch.

Frieden in neun Monaten, dieses ehrgeizige Ziel hat sich US-Außenminister John Kerry für Gespräche zwischen Israel und Palästinensern gesetzt. Und die Siedlungen sind entscheidend bei den Verhandlungen, die am Mittwoch fortgesetzt werden sollen.

Netanjahu weist Kritik zurück

Bei der Ankündigung der Pläne verweist Bauminister Uri Ariel von der Siedlerpartei Das jüdische Haus darauf, dass kein Land der Erde sich von anderen Staaten vorschreiben lasse, wo es bauen und wo es nicht bauen dürfe. Der palästinensische Unterhändler Mohammed Schtajeh dagegen sagte, die geplante Ausschreibung zeige, dass "Israel es mit den Verhandlungen nicht ernst meint".

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu wies die Kritik zurück. Der angekündigte Siedlungsbau ändere für die Friedensverhandlungen "nichts", ließ er von einem Sprecher erklären. Schließlich würden Jerusalem und die Siedlungsblöcke immer zu Israel gehören, egal wie eine Friedenslösung aussehe.

Aus Netanjahus Umfeld verlautete überdies, der Regierungschef habe sich am Wochenende in einem Brief an US-Außenminister John Kerry über "Provokationen" durch Abbas beklagt, wie die Nachrichtenagentur AFP, Haaretz und die Times of Israel berichten. Dabei ging es um Äußerungen des Palästinenserpräsidenten vom Juli, dass in einem Palästinenserstaat überhaupt keine Israelis erwünscht seien.

Insgesamt sollen 793 Wohnungen im Bereich Jerusalem - Gilo, Har Homa und Pisgat Seew - gebaut werden, 117 in der Siedlerstadt Ariel, 149 in Efrat, 92 in Maale Adumim und 36 in Beitar.

Die neuen Pläne betreffen überwiegend Gebiete, die Israel auch im Rahmen eines möglichen künftigen Friedensabkommens mit den Palästinensern behalten will. Die Palästinenser wollen hingegen im gesamten Westjordanland und Gazastreifen einen unabhängigen Palästinenserstaat errichten, mit dem arabischen Ostteil Jerusalems als Hauptstadt.

Israel beansprucht ganz Jerusalem als seine Hauptstadt, einschließlich des 1967 eroberten Ostteils und neuer Randgebiete. Die Palästinenser hingegen fordern einen vollständigen Baustopp Israels in den Palästinensergebieten - auch wenn sie ihn diesmal nicht zur Vorbedingung für Friedensgespräche gemacht haben.

Zur Ankündigung neuer Siedlungsbauten bleiben auch in Israel Gegenstimmen nicht aus: Die Vorsitzende der linksliberalen Merez-Partei kritisierte die Baupläne am Sonntag scharf. "Der Bau Tausender Wohneinheiten in Siedlungen ist wie eine Bombe, die die Regierung legt, um die Friedensverhandlungen zu zerstören", sagte Sehava Galon nach Angaben der Nachrichtenseite ynet. Oppositionsführerin Shelly Jachimovich (Arbeitspartei) nannte die Ankündigung von Ariel "einen Finger im Auge der USA, Europas, der Palästinenser und der klaren Mehrheit der Israelis, die einen Frieden wollen".

© Süddeutsche.de/dpa/afp/woja/beitz/ebri - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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