Nach Sicherheitspannen:Chefin des Secret Service tritt zurück

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Julia Pierson bei ihrer Anhörung im Repräsentantenhaus. (Foto: AP)
  • Die Chefin des Secret Service, Julia Pierson, hat ihren Rücktritt eingereicht. Sie übernimmt damit die Verantwortung für die Reihe schwerer Sicherheitspannen beim Leibwächterdienst des US-Präsidenten.
  • Der Sicherheitsdienst soll grundlegend überprüft werden, kündigt das Weiße Haus an.
  • Ursprünglich hatte Barack Obama Pierson geholt, um in dem von Skandalen gebeutelten Dienst aufzuräumen.
  • Piersons Nachfolger wird der frühere Spitzenagent Joseph Clancy.

"Übernehme volle Verantwortung"

Julia Pierson, die Chefin des für den Schutz des US-Präsidenten zuständigen Secret Service, ist zurückgetreten. Das gab Heimatschutzminister Jeh Johnson am Mittwoch in Washington bekannt. Pierson hatte zuvor bei einer Anhörung im Repräsentantenhaus erklärt, die "volle Verantwortung" für das Eindringen eines mit einem Messer bewaffneten Mannes in den Präsidentensitz zu übernehmen.

Der Irakkriegsveteran war am 19. September über den Sicherheitszaun des Weißen Hauses geklettert und mit einem Klappmesser in das Gebäude gelangt. Laut Washington Post wurde der Mann nicht direkt am Eingang gestoppt, sondern konnte bis in die für offizielle Veranstaltungen genutzten Säle vordringen. Gestellt wurde der Eindringling demnach erst außerhalb des Green Rooms, der auf den südlichen Rasen hinausgeht. Nur wenige Minuten vor der Festnahme waren Obama und seine beiden Töchter in einem Hubschrauber vom Südrasen aus ins Wochenende aufgebrochen. Der Eindringling sitzt in Untersuchungshaft. Am Mittwochabend bekannte er sich vor einer Richterin für nicht schuldig. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bis zu 16 Jahre Gefängnis.

Unabhängige Untersuchung angekündigt

Das Weiße Haus hat angekündigt, eine "umfassende und unabhängige Untersuchung" der Sicherheitsstandards beim Secret Service einzuleiten. Interims-Direktor des Secret Service wird nach Angaben des US-Heimatschutzministeriums Joseph Clancy, ein ehemaliger Special Agent und Leibwächter der Präsidenten. US-Präsident Obama drückte Pierson seinen Dank für "ihren langen öffentlichen Dienst" aus.

Nicht die erste Panne

Der Vorfall mit dem Eindringling war nicht die erste Panne des Secret Service: Erst am Mittwoch wurde bekannt, dass der Secret Service während Obamas Besuch bei der Gesundheitsbehörde einen bewaffneten, dreifach verurteilten Ex-Straftäter in Obamas Nähe gelassen hatte. Die beiden waren bei dem Besuch in Atlanta vor rund zwei Wochen gemeinsam im Aufzug gefahren, schreibt das Blatt. Der Mann wurde auffällig, als er mit seinem Smartphone Fotos von Obama machte. Doch erst als die Agenten sich beschwerten, der Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma auf der Stelle gefeuert wurde und daraufhin seine Dienstwaffe abgeben musste, wurde ihnen klar, dass er bewaffnet war.

Ein anderes Mal, im Jahr 2011, hatte ein Schütze aus einem Auto heraus mehrere Schüsse auf das Weiße Haus abgegeben. Erst vier Tage später, als eine Haushälterin Glasscherben auf dem Truman-Balkon entdeckte, wurde bekannt, dass der Amts- und Wohnsitz von Barack Obama überhaupt von Kugeln getroffen wurde. Damals war eine Tochter des Präsidenten zuhause, und die Mutter von Michelle Obama.

Pierson sollte beim Secret Service aufräumen

Der US-Präsident hatte Pierson im März 2013 eigentlich geholt, um beim Secret Service aufzuräumen. Die 55-jährige Pierson war seit mehr als drei Jahrzehnten für den Secret Service tätig. "Top qualifiziert" nannte er sie damals. Ihre Karriere als Spezialagentin begann sie einst in der Außenstelle Miami. Zuvor hatte sie an der University of Central Florida studiert und als Polizeibeamtin gearbeitet. Von 1988 bis 1992 gehörte sie der Leibgarde des damaligen Präsidenten George H.W. Bush an, danach stieg sie in die Führungsebene auf.

Pierson war Stabschefin, als Obama ihr den Topjob anbot. Der Ruf der Einheit war zu diesem Zeitpunkt nicht nur wegen der Schüsse aufs Weiße Haus, sondern auch wegen eines Sexskandals arg ramponiert. Spezialagenten sollen im April 2012 Prostituierte in ihr Hotel im kolumbianischen Cartagena eingeladen haben, während sie eigentlich die Teilnahme Obamas an einem Gipfeltreffen vorbereiten sollten. Außerdem gab es Berichte über Trinkgelage. Damals lautete die Hoffnung, Pierson könne einen Kulturwandel bei der "Testosterontruppe" einleiten. Diese Hoffnung hat sich jetzt zerschlagen.

© SZ.de/AFP/dpa/zoch - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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