Mutmaßlicher NS-Kriegsverbecher:Gerichtsakten belasten László Csatáry schwer

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Er soll 15.700 Juden nach Auschwitz deportiert, sadistisch gequält und gefoltert haben. Nun sind Akten eines alten Verfahrens gegen den mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher László Csatáry aufgetaucht. Der damalige Richterspruch: ein Todesurteil.

"Nein, nein. Ich will das nicht diskutieren", hatte László Csatáry auf Englisch gesagt. "Ich habe es nicht getan. Verschwinden Sie!" Als britische Reporter des Boulevardblatts The Sun Csatáry mit dem konfrontierten, was der heute 97-Jährige in den Jahren 1941 bis 1944 als Polizeichef des jüdischen Ghettos von Košice getan haben soll, gab er sich ahnungslos.

Csatáry war am 18. Juli in seiner Wohnung in der ungarischen Hauptstadt Budapest festgenommen worden und steht seitdem dort unter Hausarrest. (Foto: AP)

Jahrelang hatte er in einem der besseren Viertel Budapests gewohnt, obwohl er der Mithilfe zu unglaublichen Verbrechen verdächtig war. Csatáry war, so der Vorwurf, ein Rädchen des Systems Auschwitz. Er soll dabei geholfen haben, 15.700 Juden in NS-Konzentrationslager zu deportieren.

Nun sind in der Slowakei Gerichtsakten gegen den mutmaßlichen Kriegsverbrecher aufgetaucht. 1948 hatte in der damaligen Tschechoslowakei ein Prozess gegen ihn stattgefunden. Der Richterspruch: ein Todesurteil.

Die Unterlagen zu dem Prozess seien in den Archiven des Instituts für nationale Erinnerung (UPN) in der Hauptstadt Bratislava aufbewahrt worden, sagte der slowakische Historiker Zoltan Balassa der ungarischen Nachrichtenagentur MTI. Aus den Akten gehe hervor, dass Csatáry am 8. Juni 1948 vom "Volksgericht" in Košice zum Tode verurteilt wurde.

Sadistische Quälungen und Morddrohungen

Die Zeugenaussagen belasteten Csatáry schwer, erklärte UPN-Chef Ivan Petransky. So heißt es darin, dass er 1944 als hoher Polizeifunktionär in der damals ungarisch besetzten Stadt Košice wiederholt sein Amt missbraucht habe. Er habe Menschen wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Religion und auch ihrer Ideologie verfolgt.

Auch soll Csatáry dafür gesorgt haben, dass Menschen, die nicht von den anti-jüdischen Gesetzen betroffen waren, deportiert worden seien. Juden habe er sadistisch gequält und seine Untergebenen zu Misshandlungen in dem Ghetto aufgefordert. Einem Zeugen, der dies kritisierte, habe er gedroht, auch ihn umbringen zu lassen.

Die Dokumente seien während des Kommunismus vom tschechoslowakischen Geheimdienst StB aufbewahrt worden. Deshalb habe man sie nicht im zuständigen Gericht in Košice finden können, erklärte Petransky. Das UPN ist - ähnlich wie die Stasi-Unterlagenbehörde in Deutschland - für die Aufarbeitung der faschistischen und kommunistischen Diktaturen in der Slowakei zuständig und verwaltet die Geheimdienstarchive.

Sowohl das slowakische als auch das ungarische Justizministerium hätten das UPN bereits um Herausgabe der Dokumente ersucht, gab Petransky bekannt. Schon am Dienstag hatte der Zentralverband der slowakischen Juden die Auslieferung Csatárys an die Slowakei verlangt. "Die wichtigsten Zeugen seiner Untaten sind eindeutig in Košice, in der Slowakei zu finden", erklärte der Vizepräsident des Verbands.

Csatáry war am 18. Juli in seiner Wohnung in der ungarischen Hauptstadt Budapest festgenommen worden und steht seitdem dort unter Hausarrest. Er hatte sich 1948 nach seiner Verurteilung in der Tschechoslowakei nach Kanada abgesetzt und dort bis 1995 unter falscher Identität gelebt. Als die Behörden seiner Vergangenheit jedoch auf die Spur kamen, floh er nach Ungarn. Dort lebte er die vergangenen 17 Jahre unbehelligt, bis ihn im Juli britische Journalisten aufspürten.

© Süddetusche.de/afp/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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