Möglicher Posten für Pofalla:Bahnchef Grube will bis Ende März Personalvorschlag vorlegen

In die Debatte um den möglichen Wechsel von Ex-Kanzleramtschef Pofalla zur Deutschen Bahn kommt Bewegung. Bis Ende März will Bahnchef Grube einen Nachfolger für den scheidenden Cheflobbyisten vorschlagen. Ob dann wirklich Pofalla den Bereich "Wirtschaft, Politik und Regulierung" übernimmt?

Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn wird frühestens Ende März über eine mögliche Einstellung des ehemaligen Kanzleramtsministers Ronald Pofalla entscheiden. Vorstandschef Rüdiger Grube will dem Kontrollgremium dann einen Vorschlag für die Besetzung des Bereichs "Wirtschaft, Politik und Regulierung" vorlegen. Das kündigte er am Dienstag gemeinsam mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Utz-Hellmuth Felcht an.

Beide reagierten damit auf die tagelange Diskussion über die mögliche Berufung des ehemaligen Kanzleramtschefs Ronald Pofalla (CDU) in den Vorstand des Konzerns. Einen Namen nannten Grube und Felcht nicht. Pofallas möglicher Wechsel hatte im Aufsichtsrat und in der Opposition Unmut ausgelöst. Pofalla selbst hat sich bislang nicht zu seinen Plänen geäußert.

Grube und Felcht betonten, es sei Aufgabe des Vorstandschefs, Personalvorschläge für den Konzernvorstand zu machen. Allein der Aufsichtsrat entscheide darüber. Das Kontrollgremium habe Grube bereits im vergangenen Herbst gebeten, bis Ende März 2014 einen Nachfolger für den scheidenden Cheflobbyisten Georg Brunnhuber (CDU) vorzuschlagen. Er gehört nicht dem Vorstand an.

Kritik aus dem Bahn-Aufsichtsrat und dem Betriebsrat

Mehrere Mitglieder des Aufsichtsrats hatten die fehlende Information über die Personalie Pofalla gerügt. Die Kritik entzündete sich auch an der Tatsache, dass für den Ex-Kanzleramtschef ein hoch dotierter neuer Vorstandsposten geschaffen werden soll. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Alexander Kirchner sagte vor der Stellungnahme Grubes und Felchts, auf der Tagesordnung der Aufsichtsrats-Sondersitzung am 30. Januar stünden andere Themen: "Pofalla oder Vorstandsangelegenheiten stehen da nicht drauf." Auch Konzernbetriebsratschef Jens Schwarz äußerte sich in diesem Sinne. In einem Medienbericht hieß es zunächst, zu diesem Termin solle über Pofalla beraten werden.

Kirchner, der Vorsitzender der Eisenbahngewerkschaft EVG ist, forderte im MDR Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) erneut zu einer Stellungnahme auf, "wie er zu der Erweiterung des Vorstands oder der Personalie steht".

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, sagte Handelsblatt Online, "Stellwerksmitarbeiter, Zugbegleiterinnen und andere werden bei der Bahn abgebaut und gleichzeitig soll ein neuer millionenschwerer Posten im Vorstand geschaffen werden". Aufsichtsrat Wolfgang Joosten, Mitglied des Gesamtbetriebsrats, sagte Bild.de, das Staatsunternehmen Bahn brauche Lobbyisten mit politischen Kontakten. Er frage sich aber: "Warum muss es denn unbedingt ein Posten im Vorstand sein?"

Gegenüber Stern.de warfen Verkehrsexperten von FDP und Grünen Pofalla vor, er habe sich im Jahr 2013 auch gegen das sogenannte Vierte Eisenbahnpaket der EU-Kommission gestellt. Der Ex-Kanzleramtsminister und Kanzlerin Angela Merkel hätten sich im vergangenen Jahr "massiv gegen Forderungen der EU-Kommission gewendet, den Bahnbetrieb und das Schienennetz stärker zu trennen und zu verhindern, dass die Bahn Gelder aus dem Schienennetz abzieht", sagte der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. "Das Kanzleramt lehnte das Paket rundweg ab", sagte ein FDP-Mann.

Grünen wollen Antrag zu Karenzzeiten im Bundestag einbringen

Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim sprach sich strikt gegen die Einstellung Pofallas bei der Bahn aus. "Für mich ist das eine Form der bezahlten Korruption", sagte er in Speyer. Er forderte eine Karenzzeit von fünf Jahren für Regierungsmitglieder, die in ein Unternehmen wechseln wollen, mit dessen Bereich sie amtlich zu tun hatten.

Die Grünen wollen in der kommenden Woche einen Antrag in den Bundestag einbringen, in dem sie die Regierung auffordern, einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Karenzzeit für wechselwillige Spitzenpolitiker vorzulegen. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der Rheinischen Post: "Wenn jemand selbst, wie Pofalla, Entscheidungen getroffen hat, die den künftigen Arbeitgeber betreffen, muss die Übergangszeit drei Jahre betragen."

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