Mindestlohn im Elektrohandwerk:Veto aus Sachsen

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Rainer Brüderle (FDP) plädiert im kleinen TV-Duell für den Mindestlohn in einzelnen Branchen. Nur die Sachsen-FDP macht nicht mit. (Foto: dpa)

Beim bundesweiten Mindestlohn für das Elektrohandwerk waren sich alle einig: die Gewerkschaft, die Arbeitgeber und sogar die FDP. Spitzenkandidat Rainer Brüderle hat erst kürzlich das Wohlwollen seiner Partei indirekt bekräftigt. Jetzt aber schießt die sächsische FDP quer und verhindert, was die Liberalen auf Bundesebene fordern.

Von Cornelius Pollmer, Dresden

Im kleinen TV-Duell führte FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle vor kurzem noch einmal kraftvoll die Position seiner Partei zu Lohnuntergrenzen aus. Erstens: Ein einheitlicher flächendeckender Mindestlohn sei ökonomisch unsinnig. Zweitens: Wenn sich in einzelnen Branchen die Tarifparteien auf eine Lohnuntergrenze verständigen, dann "bin ich sehr dafür, aber das sollen Gewerkschaften und Arbeitgeber aushandeln" - nicht die Politik.

In diesem Sinne idealtypisch haben sich die Tarifparteien im Elektrohandwerk verhalten. Die IG Metall und der Zentralverband der Branche (ZVEH) einigten sich zuletzt 2010 auf einen tariflichen Mindestlohn. Beide Seiten sind sich einig, dass dieser Tarifvertrag bundesweit gelten soll, da die Kalkulationen von nicht tarifgebundenen Firmen im Inland sowie der Dumping-Konkurrenz aus dem Ausland nicht wettbewerbsgerecht seien. Deswegen beantragten die Verhandlungspartner über den Tarifausschuss im März dieses Jahres beim Bundesarbeitsministerium, den Vertrag für allgemeinverbindlich zu erklären.

In diesem Ausschuss sind nicht nur die Branchenvertreter, sondern auch der DGB und der Bundesverband der Arbeitgeber vertreten. Der Antrag aber wurde wegen eines einzigen Vetos aus den Ländern gestoppt - dem von Hartmut Fiedler, FDP-Staatssekretär im sächsischen Ministerium für Wirtschaft und Arbeit.

Vereinbarung als Eingriff in unternehmerische Freiheit?

Durch die Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit werde "die unternehmerische Freiheit" der Betriebe im Elektrohandwerk eingeschränkt und "ein Eingriff in den freien Wettbewerb" vorgenommen, schreibt Fiedler an das Bundesministerium. Sachsens Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) bekräftigte diese Argumentation am Freitag. Er halte es "nicht für angemessen, diese Vereinbarung staatlicherseits für alle Unternehmen zur Verpflichtung zu machen". Das wiederum wundert Olivier Höbel, Bezirksleiter der IG Metall für Berlin, Brandenburg und Sachsen. "Wie kann es denn ein Eingriff in die unternehmerische Freiheit sein, wenn wir die Vereinbarung mit den Arbeitgebern getroffen haben?", sagt er.

Es habe sich auf beiden Seiten die Erkenntnis eingestellt, dass eine komplette Deregulierung wettbewerbsfeindlich sei. Der Einspruch des sächsischen Ministeriums ärgere ihn auch, "weil die in ihrem Zuschnitt ja für beide Seiten zuständig sind, für Arbeitnehmer und für Arbeitgeber". Ob der Einspruch Sachsens bestehen bleibt, sei noch nicht klar, sagt ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums, "wir versuchen noch, für unsere Position zu werben". Sollte es keine Einigung geben, geht der Antrag ins Bundeskabinett, welches sich per Beschluss über das Veto aus Sachsen hinwegsetzen kann. Es wäre nicht das erste Mal.

"Wir haben uns schon daran gewöhnt", sagt ZVEH-Regionalchef Detlef Köhler. Sachsens Nein hat Tradition, als weniger verlässlich sieht Olivier Höbel von der IG Metall die gegensätzliche Bundeslinie der Partei. "Ich behaupte, dass die Position von Herrn Brüderle eine rein taktische ist", sagt er. Die Linie der Liberalen könne sich schon nach dem nächsten Sonntag wieder ändern: "Sobald die FDP nicht mehr unter Wahldruck steht, fällt sie wieder in die alte Position zurück."

© SZ vom 16.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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