Merkel: Kritik an Rot-Grün in NRW:"Einer solchen Regierung kann man nicht trauen"

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Der Countdown läuft: Heute will sich Hannelore Kraft in Nordrhein-Westfalen zur Ministerpräsidentin wählen lassen. Das gefällt der Kanzlerin überhaupt nicht - Merkel wirft der SPD-Frau "Wortbruch" vor.

Hannelore Kraft will Ministerpräsidentin in Nordrhein-Westfalen werden. Kurz vor der heutigen Abstimmung muss sie sich jedoch von höchster politischer Stelle massive Kritik gefallen lassen. Kanzlerin Angela Merkel wirft der Sozialdemokratin in einem Interview mit der Rheinischen Post Wählertäuschung vor: "Zuerst einmal hat Frau Kraft eine zentrale Wahlaussage gebrochen."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geht hart mit den nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten und der SPD-Fraktionsvorsitzenden Hannelore Kraft ins Gericht. (Foto: AP)

Merkel argumentiert, dass Kraft im Wahlkampf immer wieder betont habe, dass ein Land wie NRW eine stabile Regierung brauche. "Jetzt will sie ihre Arbeit mit einem massiven Wortbruch beginnen. Einer solchen Regierung kann man nicht trauen", wetterte die CDU-Vorsitzende.

Kritik übt Merkel auch an der von Rot-Grün geplanten Erhöhung der Neuverschuldung: "So werden die Finanzen des Landes NRW ruiniert. Das hat mit Generationengerechtigkeit nichts zu tun", sagte Merkel.

Von der angeblichen Blockademacht von Rot-Grün im Bundesrat zeigte sich die Kanzlerin unbeeindruckt: "Die christlich-liberale Koalition wird wichtige Gesetze umsetzen können, wie zum Beispiel fast das ganze Zukunftspaket für solide Finanzen und die Gesundheitsreform. Dafür brauchen wir keine Mehrheit im Bundesrat." Bei anderen Themen werde die Regierung auf die Länder zugehen und auf die Vernunft einiger setzen, so die Kanzlerin.

Die designierte Vize-Regierungschefin in Nordrhein-Westfalen, Sylvia Löhrmann (Grüne), kündigte indes eine klare Opposition gegen Regierungsvorhaben im Bundesrat an. Die Länderkammer müsse ein Korrektiv sein, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende im ZDF- Morgenmagazin. "Diese Macht wollen wir auch ausdrücklich nutzen."

Westerwelle: SPD und Grüne auf Brautschau

Ähnlich wie Angela Merkel stellt auch Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) der Minderheitsregierung in NRW schon vorab ein schlechtes Zeugnis aus: "Die Schuldenkoalition in Düsseldorf aus SPD und Grünen, getragen von der Linkspartei, soll der Probelauf für Berlin sein. Weil die Bürger sehen, was das für Deutschland bedeuten würde, haben wir auch bei der nächsten Bundestagswahl beste Chancen, wieder eine Mehrheit von Union und FDP zu schaffen", orakelt der Bundesaußenminister im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt. "SPD und Grüne machen sich auf Kosten der Bürger hübsch für eine sehr hässliche Braut: die Linkspartei."

Linken-Fraktionschef Gregor Gysi schickt unterdessen eine Warnung in Richtung Düsseldorf: "Sollten SPD und Grüne in Selbstgerechtigkeit verfallen, wird ihre Regierung Ablehnungen erleben", kündigte er in der Saarbrücker Zeitung an. "Einen Gesetzentwurf, den Linke, Union und FDP aus unterschiedlichen Gründen für untragbar halten, können SPD und Grüne vergessen", so Gysi weiter.

Zwar wolle man keinen Oppositionsblock gemeinsam mit CDU und FDP bilden, doch gebe es Situationen, "in denen der eine aus bestimmten Motiven 'Nein' sagt und der andere aus anderen Motiven das gleiche tut". Dies müsse aber "nicht gleich das Ende von Rot-Grün sein", sagte Gysi.

Hannelore Kraft
:Bewerten Sie die neue Ministerpräsidentin!

Nun wird sie vermutlich Ministerpräsidentin mit einer Minderheitsregierung. Schafft sie das? Bewerten Sie Hannelore Kraft!

Ganz einig ist sich die Linke über ihren Kurs in Nordrhein-Westfalen offenbar nicht. Der Parlamentarische Geschäftsführer der NRW-Linksfraktion, Ralf Michalowsky, setzt im Gegensatz zu Gysi auf Unterstützung für Rot-Grün: "Wir wollen den Politikwechsel ermöglichen", sagte er der Frankfurter Rundschau. "Dazu gehört es auch, dass wir uns in Wahlgängen flexibel zeigen."

Minderheitsregierung
:Regieren in der Unterzahl

In Nordrhein-Westfalen deutet sich eine rot-grüne Minderheitsregierung an. Es wäre nicht das erste Mal, dass die tragenden Fraktionen keine eigene Mehrheit im Parlament haben. Erfolgreich waren die bisherigen Versuche allerdings kaum.

Optimistisch sieht man die Chancen von Rot-Grün-Rot erwartungsgemäß in der SPD: Generalsekretärin Andrea Nahles betrachtet die Minderheitsregierung in Düsseldorf als "belebendes Element für den Parlamentarismus".

Der Charme einer Minderheitsregierung sei, dass diese überzeugen und Argumente liefern müsse, um die Parteien im Landtag für bestimmte Gesetze zu gewinnen, sagte Nahles dem Hamburger Abendblatt. Es werde nicht nach Block abgestimmt, sondern nach Überzeugung.

Gut zwei Monate nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen stellt sich Kraft am heutigen Mittwoch in Düsseldorf als Ministerpräsidentin zur Wahl. Als Chefin einer rot-grünen Minderheitsregierung ist Kraft im ersten Wahlgang, der für zwölf Uhr angesetzt ist, auf mindestens eine Stimme aus der Opposition angewiesen - SPD und Grünen fehlt im Landesparlament ein Mandat zur absoluten Mehrheit.

Im zweiten Wahlgang bräuchte Kraft allerdings nur noch die einfache Mehrheit. Dafür würden die rot-grünen Stimmen ausreichen, falls sich die Linke wie angekündigt enthält. Kraft wäre die erste Frau an der Spitze des bevölkerungsreichsten Bundeslandes. Als Schulministerin und Stellvertreterin ist Sylivia Löhrmann von den Grünen vorgesehen.

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