Merkel gegen die SPD-Troika:Sie kann es sich leisten

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Die Kanzlerin veranstaltet eine schnöde Pressekonferenz, die SPD einen Zukunftskongress. Trotzdem geht Merkel aus dem indirekten Duell als Siegerin hervor. Ob der SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier, Steinbrück oder Gabriel heißt, ist egal. Denn das Kostüm für diese Rolle gibt es nur mit Fesseln.

Nico Fried, Berlin

Die vergangenen drei Tage waren verlorene Tage für die SPD. Mit viel Aufwand haben die Sozialdemokraten einen Zukunftskongress organisiert, von dem genau eine einzige Kunde wahrnehmbar nach außen drang: Es gibt immer noch keinen Kanzlerkandidaten. Am Montag dann hat sich die amtierende Kanzlerin eineinhalb Stunden hingesetzt und gesagt, sie sei so beschäftigt, dass sie sich um die Wahlen noch keine Gedanken machen könne. Deutlicher hätte das, was man einen Amtsbonus nennt, kaum zur Geltung kommen können. Die Botschaft? Angela Merkel kümmert sich ums Land, die SPD nur um sich selbst.

Die Botschaft ist klar: Angela Merkel kümmert sich ums Land, die SPD nur um sich selbst. (Foto: dapd)

O ja, das ist natürlich fürchterlich ungerecht. Wie gemein! Hat die Kanzlerin irgendeinen neuen Gedanken geäußert? Einen halben vielleicht, indem sie den Aufruhr in der islamischen Welt dazu nutzte, auf den Wert von Demokratie und Zusammenhalt in Europa hinzuweisen. Ansonsten: jede Menge Regierungserklärungsdeutsch; ohne Ende längst bekannte Deutungen; viele Probleme, über die man in Ruhe reden, die man Stück für Stück, wahlweise Schritt für Schritt lösen müsse. Ein typischer Merkel-Auftritt: Sie sehen, dass Sie nichts sehen - aber wir arbeiten dran.

Sie kann es sich leisten. Es stellt sie ja keiner. Peer Steinbrück hat gefordert, die SPD müsse stolz sein auf das, was ihr an der Regierung gelungen sei. In welchem Zustand muss eine Partei sein, wenn sie diesen Appell noch immer braucht, sieben Jahre nach dem Verlust des Kanzleramts, drei Jahre nach dem Ende der Regierungszeit? Frank-Walter Steinmeier hat gerufen, die SPD wolle eine Regierung von vorne führen. Wer soll das tun, wenn es keinen gibt, der sich zutraut, zumindest die Partei schon mal als Kandidat von vorne zu führen? Will die SPD der Kanzlerin Entscheidungsschwäche vorhalten, also das, woran man selbst am meisten leidet?

Ein gutes Jahr vor der Wahl hat die CDU ein Programm, das aus zwei Worten besteht: Angela Merkel. Die SPD dagegen bastelt an einem Programm, das dem Kandidaten möglichst wenig Spielraum geben soll. Alles wird vorher akribisch ausdiskutiert. Die potenziellen Kandidaten dürfen Schmerzgrenzen definieren, von ihren eigenen Zielen aber ist keine Rede. Der Weg, den die SPD eingeschlagen hat, signalisiert vor allem das Misstrauen gegen jedweden Kanzlerkandidaten. Das Kostüm für diese Rolle gibt es nur mit Fesseln.

Die Idee der SPD-Troika war, der Kanzlerin drei Männer gegenüberzustellen, die es besser können als sie. Die Bilanz der Troika lautet, dass es diese drei Männer nicht einmal zusammen schaffen, Merkel in Verlegenheit zu bringen. Die Idee der Troika war, einer am Boden liegenden Regierungskoalition geballte Regierungskompetenz gegenüberzustellen. Die Bilanz der Troika lautet, dass selbst eine Wiederwahl von Schwarz-Gelb nicht mehr ausgeschlossen erscheint. Die Bilanz der Troika ist also fast so schlecht, wie es die SPD von der Bilanz der Kanzlerin ständig behauptet. So gesehen, waren nicht nur die vergangenen drei Tage verlorene Tage für die SPD.

© SZ vom 18.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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