Mecklenburg-Vorpommern:Die AfD gefällt ihm - Ministerposten weg

Staatsanwalt findet AfD-Seite gut und wird nicht Justizminister

Sascha Ott beim Parteitag der CDU. Er wird jetzt doch nicht Justizminister.

(Foto: dpa)
  • In Mecklenburg-Vorpommern beriet die CDU über den Koalitionsvertrag mit der SPD.
  • Überschattet wird der Termin durch den Rückzug der Nominierung von Sascha Ott als Justizminister.
  • Unter anderem geht es darum, dass er auf Facebook für die Seite der AfD sowie für Beiträge der Zeitung Junge Freiheit auf "Gefällt mir" geklickt haben soll.

Von Antonie Rietzschel

Was für ein Karrieresprung wäre das für Sascha Ott gewesen. Er, Staatsanwalt, CDU-Mitglied und Bürgerschaftsvertreter in Greifswald hätte Justizminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern werden sollen. Das war zumindest der Wunsch des CDU-Landesvorstands. Doch dann markierte Ott bei Facebook die Seite der Alternative für Deutschland Nordwestmecklenburg mit "Gefällt mir". Außerdem soll er auf diversen AfD-Seiten islamkritische Kommentare ebenfalls gelikt haben, genauso wie Beiträge der rechtspopulistischen Zeitung Junge Freiheit. Nun ist der Ministerposten futsch.

Dem CDU-Landesvorstand waren die Sympathien Otts zu AfD-Themen zugetragen worden. Daraufhin trat er am Freitagabend zusammen, um zu beraten. Die "Gefällt mir"-Angaben sind mittlerweile gelöscht, aber nach Informationen des NDR gut dokumentiert. Der Landesvorstand entschied, Ott als Kandidat zurückzuziehen. Das Amt soll nun die Rostockerin Katy Hoffmeister übernehmen. Was wiederum der Frauen-Union gelegen kommt. Deren Vorsitzende hatte beklagt, dass die CDU ihre drei Ministerposten nur mit Männern besetzen wolle.

Der Streit über Ott überschattete den Parteitag an diesem Samstag in Wittenburg. Ein sichtlich getroffener Sascha Ott trat ans Rednerpult. Nur wenige Meter entfernt saß Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Podium. Sie hatte zuvor zwar erklärt, hinter Ott zu stehen. Doch sie hatte ebenfalls erklärt, man wolle mit seiner Nominierung kein Risiko eingehen.

Die Rede Otts, die der SZ als Videomittschnitt vorliegt, macht deutlich, dass es bereits im Vorfeld seiner Nominierung Querelen gegeben haben muss: "Wenn jeder etwas anderes will. Wenn die Mecklenburger der Meinung sind ein Vorpommer soll kein Justizminister werden. Wenn die Frauen-Union meint, ein Mann tauge nichts dafür, dann befinden wir uns in einer sehr schlimmen Krise und ich muss mich fragen ob nicht alle wahnsinnig geworden sind."

In sehr emotionalen zwölf Minuten redet Ott über die Entwicklungen der vergangenen Tage. "Ich bin politisch tot", sagte er, bevor er auf die konkreten Vorwürfe zu sprechen kam. Er gab zu, die Seite der AfD Nordwestmecklenburg mit "Gefällt mir" markiert zu haben. Sowie einen von der AfD geteilten Artikel der Augsburger Allgemeinen, in dem es um Prügeleien zwischen Muslimen und Christen geht.

Schließlich sagte Ott, er habe sich an ein Verhör mit der Stasi erinnert, dass diese mit ihm Anfang der achtziger Jahre geführt habe weil er eine Brieffreundin in Bayern gehabt habe. Damals habe er sich dafür entschuldigen müssen. "Das muss ich heute nicht, das werde ich auch nicht. Wie ich hier stehe, bin ich nicht bereit, mich in einen Käfig politischer Korrektheiten gefangen zu halten", sagte er und bekam dafür zumindest vereinzelten heftigen Applaus.

Unterstützer Otts hatten auf dem Parteitag bestürzt auf die Rücknahme der Nominierung reagiert, wie ein Beobachter von vor Ort beschrieb. Egbert Liskow, der Kreisvorsitzende der CDU in Vorpommern-Greifswald, und eine weitere CDU-Politikerin sollen damit gedroht haben, auf Ihr Landtagsmandat zu verzichten. Liskow war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Immerhin gab es auch eine gute Nachricht: Der Koalitionsvertrag mit der SPD wurde angenommen.

Häme bei der AfD

Die AfD in Mecklenburg-Vorpommern reagierte mit Häme über die Entscheidung der CDU. "Langsam bekomme ich Mitleid mit der CDU, zumindest mit den einfachen Mitgliedern. Die Union hat die Landtagswahl krachend verloren, sich beim Koalitionsvertrag von der SPD völlig über den Tisch ziehen lassen und jetzt entfernt sie auch noch den einzigen Lichtblick ihrer Ministerkandidaten", schrieb Landessprecher Leif-Erik Holm bei Facebook.

Die Facebookseite, die Ott gelikt hatte, verbreitet vor allem AfD-typische Parolen wie "Der Islam gehört nicht zu Deutschland". Außerdem wird auf ihr gegen "Altparteien" gewettert, zu denen aus Sicht der AfD auch die CDU gehört. Die hatte bei der Landtagswahl Mitte September eine herbe Niederlage erlitten. Während die Union lediglich 19 Prozent erreichte, kam die AfD aus dem Stand auf 20,8 Prozent. In Vorpommern konnte sie in traditionellen CDU-Hochburgen mehrere Direktmandate gewinnen. Obwohl die Union immer wieder versuchte, Akzente mit landespolitischen Themen zu setzen, bestimmte die Asylpolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel die Wahl. Die AfD trieb die anderen Parteien zuweilen mit ihren Parolen vor sich her - obwohl im ganzen Land lediglich 11 000 Asylbewerber leben.

Aus der Niederlage zieht nun auch der Landesvorsitzende der CDU, Lorenz Caffier Konsequenzen. Während des Parteitages kündigte er seinen Rückzug für Frühjahr 2017 an. Dann soll ein Parteitag einen neuen Vorsitzenden wählen. Er werde nicht mehr kandidieren: "Es ist Zeit für einen Generationswechsel." Die CDU im Land brauche eine inhaltliche Erneuerung und unverbrauchte Köpfe. Caffier war bisher Innenminister und soll den Posten auch im neuen Kabinett von SPD und CDU behalten.

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