Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik:CDU-Politikerin muss trotz Nazi-Parole keine Konsequenzen fürchten

Bettina Kudla

Die CDU-Abgeordnete Bettina Kudla, 54, sitzt für den Wahlkreis Leipzig I im Bundestag. Sie ist gebürtige Münchnerin, war Kämmerin in Rosenheim.

(Foto: Laurence Chaperon/dpa)

Bettina Kudla warnt vor der "Umvolkung Deutschlands". Partei und Bundestagsfraktion lassen sich Zeit, bis sie die Äußerung kommentieren. Ungemach droht Kudla in ihrem Wahlkreis.

Von Stefan Braun, Berlin

Die sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla hat mit einem Tweet gegen die Flüchtlingspolitik Angela Merkels zwar heftige Kritik geerntet, muss offenbar aber bis auf Weiteres nicht mit Konsequenzen in Partei und Fraktion rechnen.

Kudla hatte am Wochenende auf dem Nachrichtendienst Twitter geschrieben: "BK Merkel streitet es ab, Tauber träumt. Die Umvolkung Deutschlands hat längst begonnen. Handlungsbedarf besteht!" Mit dem Begriff "Umvolkung" umschrieben die Nationalsozialisten ihr aggressives Vorgehen gegen slawische Bewohner eroberter Gebiete im europäischen Osten, die sie vertrieben oder ermordeten, um dort Deutsche anzusiedeln. Heute nutzen Rechtsextremisten das Wort, um Angst vor Flüchtlingen zu schüren.

CDU und Unionsfraktion brauchten einige Zeit, bis sie reagierten. Dann antwortete der Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, ebenfalls auf Twitter. Er schrieb, Kudlas Tweet sei "unsäglich", die Unionsfraktion distanziere sich "eindeutig von Inhalt und Sprache". Ähnlich meldete sich CDU-Generalsekretär Peter Tauber zu Wort; er schrieb, Kudlas Einlassungen seien "in Ton und Inhalt völlig inakzeptabel". Eine darüber hinaus gehende Erklärung von Partei oder Fraktion gab es am Wochenende nicht. Ungemach droht ihr aber im Wahlkreis Leipzig I. Die Nominierung für die nächste Wahl findet dort Ende Oktober statt - und seit dem Wochenende gibt es zwei Gegenkandidaten.

Viele Sanktionsmöglichkeiten gegen Abgeordnete gibt es nicht, weil diese laut Grundgesetz große Unabhängigkeit genießen. Allerdings gibt es bei partei- oder fraktionsschädigendem Verhalten die Option, einen Abgeordneten auszuschließen. Zuletzt geschah das 2003 mit dem hessischen CDU-Abgeordneten Martin Hohmann. Kudla hatte jüngst schon mit einem Tweet Empörung ausgelöst. Sie hatte den türkischen Journalisten Can Dündar als "Cansel Dünnschiss" beschimpft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: