Nach der Groko-Einigung rumort es nicht nur in der SPD, sondern auch in der CDU. Der CDU-Politiker Norbert Röttgen beklagte gegenüber dem Tagesspiegel eine "inhaltliche Entleerung" der CDU. Dagegen könne eine Verjüngung der Spitze allein nicht helfen, sagte der ehemalige Umweltminister. Merkel hatte angekündigt, jüngere Unionspolitiker ins Bundeskabinett der nächsten großen Koalition zu holen. Aus Sicht von Röttgen, der im Bundestag dem Auswärtigen Ausschuss vorsitzt, gibt der Koalitionsvertrag keine Antworten auf die "drängendsten Fragen unserer Zeit". Als Beispiele nannte Röttgen Digitalisierung, Flüchtlingspolitik, Sicherheits- und Europapolitik.
Die Parteispitze müsse ihrer "geistig-politischen Führungsverantwortung" mit einer "Repolitisierung der CDU" nachkommen. "Noch nie in der Geschichte der CDU" habe es emotional und politisch einen so weit gehenden Vertrauensverlust gegeben.
"Die Götterdämmerung hat doch längst begonnen"
Zuvor hatte der ehemalige Verteidigungsminister Volker Rühe der Kanzlerin vorgeworfen, sie habe mit Blick auf die Zukunft der CDU in den Koalitionsgesprächen "desaströs verhandelt".
SPD und CSU, die in einer weiteren großen Koalition mit Merkel zusammenarbeiten würden, nutzten den politischen Aschermittwoch für scharfe Kritik an der Kanzlerin. Der kommissarische SPD-Chef Olaf Scholz sagte bei einer Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch: "Nicht nur ein bayerischer Politiker hat wohl den Zenit seiner politischen Karriere überschritten, sondern wohl auch eine Frau aus dem Norden." Damit spielte er auf CSU-Chef Horst Seehofer sowie die Kanzlerin an. Die designierte SPD-Vorsitzende Andrea Nahles sagte vor Genossen über Merkel: "Sie mag ja die mächtigste Frau der Welt sein, aber die Götterdämmerung hat doch längst begonnen."
Auch der für das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten vorgesehene Markus Söder stichelte gegen Merkel: "Wir brauchen keinen Wahlschlaf, sondern Wahlkampf", sagte er beim politischen Aschermittwoch der CSU in Passau.
Die Kanzlerin reagierte gewohnt pragmatisch und unterließ verbale Gegenattacken. Es gehe angesichts der politischen Lage "darum zu fragen, was kann ich für dieses Land tun, denn das ist die Aufgabe von Politik: zu dienen und nicht rumzumosern", sagte Merkel in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern.