Krise in der Ukraine:Sanktionen sind der einzige Hebel

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Poroschenko wollte sich nicht weiter vorführen lassen und in kürzester Zeit seine Autorität bei den eigenen Landsleuten verspielen (im Bild: Aktivisten verlangen am vergangenen Wochenende ein Ende des Waffenstillstands vor einem Regierungsgebäude in Kiew) (Foto: REUTERS)

Die vergangenen Tage haben es gezeigt: Die Zeit ist nicht reif für einen echten Waffenstillstand. Frieden in der Ukraine kann es nur geben, wenn das Spiel aus Propaganda und Unaufrichtigkeit ein Ende hat. Moskau muss akzeptieren, dass der Osten der Ukraine kein zweites Georgien ist.

Ein Kommentar von Stefan Kornelius

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat eine Waffenruhe beendet, die keine war. Das ist - wie alles in diesem Konflikt - nur ein Element einer vielschichtigen Botschaft, bei der es vor allem um das große Thema Lug und Trug geht. Denn wenn sich eines wiederholt in der Ukraine, dann ist es dieses unsägliche Spiel aus Propaganda und Unaufrichtigkeit.

Poroschenko steckt in einem Dilemma. Die vor allem aus Russland eingesickerten Aufständischen haben sich an keine Waffenruhe gehalten und der ukrainischen Armee einen hohen Blutzoll abverlangt. In den Augen seiner Bürger führte der Präsident die Soldaten auf die Opferbank für ein politisches Geschäft, das gar nicht funktionieren konnte. Die vergangenen Tage haben also gezeigt: Die Zeit ist nicht reif für einen echten Waffenstillstand und für ausschließlich politische Verhandlungen.

Poroschenko hatte die Wahl: Entweder er würde sich weiter vorführen lassen und in kürzester Zeit seine Autorität bei den eigenen Landsleuten verspielen - die Armee begann bereits deutlich zu murren. Oder er würde die einseitige Waffenruhe wieder aufheben und sich um eine politische Lösung bemühen müssen, während die Kämpfe wieder aufflammen. Denn bei allem Verständnis für die Zwangslage: Dem Präsidenten muss klar sein, dass er diesen Konflikt nicht militärisch lösen kann.

Neue, spürbare Sanktionen sind nötig

Politisch wird sich dieser Krieg nur dann beenden lassen, wenn Russland das Spiel von Lug und Trug aufgibt und den Separatisten sowohl die militärische als auch die politische Basis für ihr Treiben entzieht. Dazu muss Russland einem Ziel glaubwürdig abschwören: Eine Zone dauerhafter Unruhe darf es in der Ostukraine nicht geben.

Diese frozen conflicts mögen aus Sicht Moskaus in Georgien funktionieren und den ungeliebten Nachbarn im Zustand permanenter Instabilität halten. In der Ukraine wird dieses Kalkül qua Größe des Landes und seiner Anbindung an den Westen nicht aufgehen. Dieser Westen tut gut daran, den russischen wie den ukrainischen Präsidenten weiter politisch zu fordern und ihnen die Ausweglosigkeit ihrer militärischen Winkelzüge klarzumachen. Dazu sind aber auch endlich neue, spürbare Sanktionen nötig, ohne die Europa seine letzten politischen Hebel vergibt.

Russland bietet zu wenig an

Poroschenko hat die richtigen Instrumente für die politische Lösung bereitliegen: hohe Autonomie, wirtschaftliche Anbindung an Russland, kulturelle Freiheiten. Der Föderalismus-Plan ist sein Ölzweig, den er immer wieder ausstrecken und vorzeigen muss.

Was aber bietet Russland an? Die OSZE-Beobachter kamen durch Vermittlung Moskaus frei, sicher. Aber nach wie vor ist die ukrainische Grenze nicht geschlossen, nach wie vor beziehen die Separatisten Waffen in allen Variationen aus Russland. Präsident Wladimir Putin kann nicht behaupten, die gäbe es an jeder Ecke zu kaufen - ähnlich der vielen Uniformen, die vor Wochen plötzlich auf der Krim aufgetaucht waren.

© SZ vom 02.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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