Kölner Bauskandal:Verdacht auf Pfusch an ICE-Trasse

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Der Kölner U-Bahnskandal weitet sich aus: Es gibt Hinweise auf Mängel beim Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke Nürnberg-München.

Uwe Ritzer und Klaus Ott

Seit ein paar Wochen fahren die ICE-Züge zwischen München und Nürnberg maximal mit Tempo 160 auf Streckenabschnitten, auf denen sie eigentlich mit 300 Stundenkilometern dahinbrausen sollen. Grund dafür seien Schäden an der Befestigung zwischen den Schienen und den darunter liegenden Kunststoffplatten, erklärte eine Sprecherin der Deutschen Bahn (DB) Anfang Februar. Eine Version, an der nun Zweifel aufkommen.

ICE auf der Strecke München - Nürnberg: Seit Wochen nur gebremst unterwegs. (Foto: Foto: dpa)

Es besteht der Verdacht, dass es beim Bau der 2006 in Betrieb genommenen Hochgeschwindigkeits-strecke zu Pfusch, womöglich sogar zu kriminellen Manipulationen gekommen ist. Das eine habe mit dem anderen nichts zu tun, versicherte ein Bahnsprecher. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen der Anfang Februar angekündigten Überprüfung der Gleisanlagen und den aktuellen Manipulationsvorwürfen, wusste der DB-Sprecher, obwohl die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen noch nicht einmal richtig begonnen haben. Alles also nur ein dummer Zufall?

Ruchbar geworden ist der Vorgang nicht vor Ort in Bayern sondern in Köln. Ein im Zuge des dortigen U-Bahn-Bauskandals vernommener Ex-Bauleiter des Mannheimer Konzerns Bilfinger Berger gab den Ermittlern den Hinweis auf angeblich ähnliche Tricksereien an der ICE-Strecke München-Nürnberg. Die Bilfinger Berger AG war auch dort im Einsatz.

Konkret geht es offenbar um Metallanker zur Befestigung und Absicherung der Strecke, die nach Aussage des Mannes falsch oder gar nicht eingebaut worden sein sollen. Zumindest im Fall der Kölner U-Bahn sollen anschließend die entsprechenden Bauprotokolle gefälscht worden sein.

Nicht eingebaute Anker habe man schwarz verkauft. Um etwaige Beweismittel zu sichern, ließ die Staatsanwaltschaft Köln ihrem Sprecher zufolge Büros der mit dem U-Bahn-Bau betrauten Arbeitsgemeinschaft durchsuchen, zu der neben Bilfinger Berger auch weitere Baufirmen gehören.

Der Mannheimer Konzern ist jedoch ganz besonders ins Visier der Ermittler geraten. In einer Erklärung kündigte das Unternehmen an, bereits laufende interne Untersuchungen nun auszuweiten. "Wir wollen sicherstellen, dass alle Projekte, in denen ähnliche Technologien verwendet wurden, korrekt ausgeführt sind", wird darin Bilfinger-Berger-Vorstandschef Herbert Bodner zitiert.

Dabei macht nicht nur die Staatsanwaltschaft, sondern auch die Deutsche Bahn AG Druck. "Sollte Bilfinger Berger über Indizien oder gar Erkenntnisse verfügen, dass es zu baulichen Mängeln gekommen sein könnte, fordern wir Bilfinger Berger auf, uns diese Erkenntnisse unverzüglich zur Verfügung zu stellen", sagte ein DB-Sprecher. "Beim geringsten Verdacht ist das ein Fall für den Staatsanwalt."

Nach SZ-Informationen aus Bahnkreisen gibt es Hinweise, wonach Bilfinger Berger angeblich schon länger um den Manipulationsverdacht bei der ICE-Strecke München-Nürnberg weiß. Sollte der Konzern das tatsächlich verschwiegen haben, wäre dies "unverantwortlich", heißt es. Bilfinger Berger war für eine Stellungnahme dazu nicht erreichbar.

Die Bahn hatte, nachdem erste Hinweisen am Freitag bekannt geworden waren, selbst eine interne Prüfung der Pfuschvorwürfe veranlasst. Diese habe "bislang keinerlei Erkenntnisse über Unregelmäßigkeiten an Bauwerken, die durch die Firma Bilfinger Berger errichtet wurden, ergeben", hieß es in einer Stellungnahme. Die DB selbst werde "jeden Beitrag für eine schnelle Aufklärung leisten", kündigte ein Sprecher an. Schließlich liege es "im ureigensten Interesse unseres Unternehmens, hier schnellstmöglich Klarheit zu bekommen."

Die Staatsanwaltschaft Köln will die Ermittlungen in Sachen ICE-Trasse Nürnberg-München an die zuständigen bayerischen Kollegen abtreten. Je nachdem, wo entlang der 171 Kilometer langen Strecke es zu Pfusch gekommen sein könnte, könnten mehrere Staatsanwaltschaften bei der Aufklärung gefordert sein.

In Köln laufen derweil die Ermittlungen zum U-Bahn-Skandals, bei dem vor knapp einem Jahr das Stadtarchiv eingestürzt und zwei Menschen ums Leben gekommen waren, auf Hochtouren. Dabei mehren sich die Hinweise, wonach es massive Schlampereien bei der Bauaufsicht gegeben hat.

© SZ vom 22.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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