Koalitionsverhandlungen:"Klein-Klein hatten wir genug"

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Höhere Steuern für Wohlhabende oder lieber gezielte Steuererleichterungen? Vor den Koalitionsverhandlungen zum Thema Finanzen stellen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ihre Forderungen an die neue Regierung.

Steuererleichterungen waren eines der zentralen Wahlversprechen von Schwarz-Gelb - doch eines, das angesichts der leeren Staatskassen kaum zu halten sein wird. Bevor am heutigen Montag die Koalitionsverhandlungen auch zum Thema Finanzen weitergehen, stellen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter schon mal ihre Forderungen an die künftige Regierung.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ermunterte Union und FDP zu einem "großen Wurf". BDI-Präsident Hans-Peter Keitel sagte der Bild-Zeitung, die großen Probleme erforderten dies. "Klein-Klein hatten wir in den vergangenen Jahren schon genug." Es dürfe keinen Verzicht auf "mutige Weichenstellungen für Wachstum und neue Beschäftigung geben", sagte Keitel.

Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) verlangt klare Signale. "Wir brauchen jetzt gleichzeitig Haushaltssanierung und erste gezielte Steuererleichterungen", sagte DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann der Frankfurter Rundschau. "Das ist machbar und schlicht notwendig."

Die künftige Regierung müsse "alle staatlichen Ausgaben auf den Prüfstand stellen. Driftmann sagte: "Teure Versprechen wie die Rentengarantie wird die Koalition kaum aufrechterhalten können, wenn sie ihrer Verantwortung gegenüber den Beitrags- und Steuerzahlern gerecht werden will." Auch bei den Subventionen für die Wirtschaft seien "erhebliche Abstriche" angesagt.

Dagegen mahnte die Gewerkschaft Verdi eine Steigerung der Staatseinnahmen an. Nur durch die Erhöhung mehrerer Steuerarten seien die rekordverdächtig steigenden Staatsschulden in den Griff zu bekommen, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske der Bild-Zeitung.

"Deutschland hat die Steuern auf Vermögen, Unternehmensgewinne und Spitzeneinkommen in den letzten zehn Jahren gesenkt. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätten wir heute 105 Milliarden Euro Einnahmen mehr im Jahr. Wir können es uns nicht länger leisten, auf diese Einnahmen für die Allgemeinheit zu verzichten", zitierte die Zeitung den Gewerkschafter.

Die FDP-Spitzenpolitikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte im ZDF, ihre Partei wolle eine Steuerreform, aber "nicht auf Pump". "Die haushaltliche Situation ist desolat", sagte sie. Daher müsse der Schwerpunkt auf jenen Maßnahmen liegen, die wirklich für das Wachstum förderlich seien. Eine Steuerreform könne nicht sofort "in einem Guss" umgesetzt werden.

Ihr Parteifreund Rainer Brüderle drängt ungeachtet der angespannten Haushaltslage von Bund und Ländern auf rasche Steuerentlastungen. "Es gibt Spielraum. Er ist enger als wir es uns wünschen, aber er muss genutzt werden", sagte der stellvertretende FDP-Chef in der ARD.

"Es muss eine nennenswerte Entlastung sein", forderte er mit Blick auf den Fortgang der Koalitionsverhandlungen zu Wochenbeginn. "Das muss sehr schnell gehen", ergänzte er. Es könne aber sein, "dass man das in zwei Schritten machen muss".

Brüderle begründete die Forderung nach Steuersenkungen mit der Notwendigkeit, die Binnenkonjunktur in Deutschland anzuschieben und damit zu mehr Wachstum zu kommen. Zu einem solchen Kurs gebe es keine Alternative.

Bei den Verhandlungen der Finanz-Experten geht es um wichtige Weichenstellungen für die nächsten vier Jahre einer schwarz-gelben Bundesregierung. Wegen der krisenbedingt angespannten Haushaltslage zeichnet sich ab, dass die von Union und FDP versprochenen Steuererleichterungen geringer ausfallen und später kommen als geplant.

© AFP/dpa/AP/bavo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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