Katalonien-Konflikt:Deutsche Staatsanwaltschaft will Puigdemont ausliefern

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  • Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein will den katalanischen Separatistenführer Puigdemont an Spanien ausliefern.
  • Der Antrag der Regierung in Madrid sei begründet, argumentiert die Behörde, der gegen Puigdemont erhobene Vorwurf der Rebellion entspreche im deutschen Recht dem des Hochverrats.
  • Gegner kritisieren das Verfahren als politisch motiviert.
  • Nun muss das Oberlandesgericht Schleswig entscheiden.

Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein will Carles Puigdemont an Spanien ausliefern. Sie hat beim Oberlandesgericht in Schleswig einen entsprechenden Haftbefehl beantragt.

Nach intensiver Prüfung des Europäischen Haftbefehls des Obersten Gerichtshof Spaniens ( Tribunal Supremo) sei der Generalstaatsanwalt zu dem Ergebnis gelangt, "dass ein zulässiges Auslieferungsersuchen vorliegt, mit einer Durchführung des ordnungsgemäßen Auslieferungsverfahrens zu rechnen ist und der Haftgrund der Fluchtgefahr vorliegt". Nun muss das Oberlandesgericht über die Auslieferung entscheiden.

Puigdemont hat über seine deutschen Anwälte juristische Schritte gegen den Haftbefehl eingeleitet. "Anträge auf Zurückweisung haben die Strafverteidiger bereits gestellt", teilte der Rechtsanwalt Till Dunckel am Dienstag in Hamburg mit. "Carles Puigdemont und seine Strafverteidiger vertrauen auf eine unabhängige und sachgerechte Prüfung durch das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig, dem sie ihre weiteren Einwände gegen die Auslieferung im Detail vortragen werden."

Eine Sprecherin des OLG teilte mit, dass der Antrag der Generalstaatsanwaltschaft am Vormittag eingegangen sei und der Erste Strafsenat sich bereits mit dem Fall befasse. Die Prüfung sei zeitlich nicht begrenzt. Es sei von einigen Tagen auszugehen.

Puigdemont ist ehemaliger Regierungschef Kataloniens und der führende Kopf der Unabhängigkeitsbewegung in der Region im Nordosten Spaniens. Im Herbst 2017 war seine Regierung wegen separatistischer Bestrebungen des Amtes enthoben worden. Puigdemont flüchtete daraufhin nach Belgien, um der Strafverfolgung durch die spanische Justiz zu entgehen. Ende März wurde er auf der Durchreise von Finnland nach Belgien in Norddeutschland festgenommen.

Die Behörden seines Landes werfen Puigdemont Rebellion und Veruntreuung öffentlicher Gelder vor. In Spanien könnte ihm eine Haftstrafe drohen. Andere Mitglieder der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung sind bereits festgenommen worden.

Am Ende könnte Puigdemont Verfassungsbeschwerde einlegen

Nach der Festnahme Puigdemonts in Schleswig-Holstein wurde Deutschland unfreiwillig zu einem Akteur im Katalonien-Konflikt, aus dem die Bundesregierung sich bis dato weitgehend herausgehalten hatte. Die öffentliche Debatte kreiste bisher darum, ob der Separatistenführer ausgeliefert werden soll oder nicht. Kritiker werfen der Regierung in Madrid politische Motive vor. Zudem argumentieren einige, in Deutschland gebe es keinen mit "Rebellion" vergleichbaren Straftatbestand.

Zu Letzterem nahm nun auch die Staatsanwaltschaft Stellung. Der Vorwurf finde eine vergleichbare Entsprechung im Deutschen Strafrecht in den Paragrafen 81 und 82 Strafgesetzbuch (Hochverrat). Eine wortgleiche Übereinstimmung der deutschen und spanischen Vorschriften sei insoweit gesetzlich nicht gefordert.

Das Verfahren am Oberlandesgericht Schleswig sieht nun mehrere Schritte vor. Es muss zunächst prüfen, ob Puigdemont in Auslieferungshaft genommen wird. Dazu zieht es die Unterlagen aus Spanien heran, aus denen sich der Grund für die Auslieferung ergeben muss. In einem weiteren Schritt prüft das Gericht, ob eine Übergabe von Puigdemont an die spanischen Behörden rechtlich zulässig ist. Sollte dies der Fall sein, befindet über die Auslieferung abschließend die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig. Puigdemont könnte gegen die Entscheidung aber noch Verfassungsbeschwerde einlegen.

Die Linke warnt vor einer Auslieferung des Separatistenführers. Puigdemont solle als politischer Gefangener ausgeliefert werden, schrieb Parteichef Bernd Riexinger auf Twitter. Die EU und die Bundesregierung duckten sich weg und schöben die Justiz vor.

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Fraktionsvize Sevim Dağdelen verlangte, eine Auslieferung zu verhindern. Die Verfolgung Puigdemonts sei politisch motiviert. "Der Katalonien-Konflikt braucht eine politische Lösung, keine weitere Kriminalisierung seiner Protagonisten. Deutschland sollte hier eine Vermittlerrolle einnehmen statt sich zum Vollstrecker und Büttel der Rechten in Spanien zu machen."

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