Kampf gegen IS-Milizen:Steinmeier sichert Irak Unterstützung zu

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Außenminister Steinmeier trifft in Bagdad auf seinen irakischen Amtskollegen Hussein al-Schahristani. (Foto: dpa)

"Eine terroristische Mörderbande versucht, sich das Land untertan zu machen": Bei seinem Kurzbesuch im Irak verspricht Bundesaußenminister Steinmeier der Regierung Hilfe im Kampf gegen die IS-Miliz. Ein irakischer Regierungsvertreter bestätigt ein Massaker der Dschihadisten an Dutzenden Jesiden.

  • Außenminister Steinmeier ist zu einem Kurzbesuch im Irak eingetroffen. In Bagdad wird er sich mit dem designierten Ministerpräsidenten Abadi treffen und dann in die Kurden-Hauptstadt Erbil weiter reisen.
  • Erstes deutsches Flugzeug landet mit Hilfsgütern im Nordirak.
  • Kämpfer der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) sollen in einem jesidischen Dorf im Nordirak ein Massaker angerichtet und mindestens 80 Männer getötet haben.

Steinmeier sagt irakischer Regierung Hilfe zu

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat der irakischen Regierung bei einem Kurzbesuch Unterstützung im Kampf gegen die extremistische Gruppe Islamischer Staat versprochen. "Eine terroristische Mörderbande versucht, sich das Land untertan zu machen." Es gehe nun um ein Signal der Solidarität, sagte Steinmeier am Samstag nach einem Gespräch mit seinem irakischen Amtskollegen Hussein al-Scharistani in Bagdad. "Humanitäre Nothilfe ist ganz notwendig." Deutschland habe dafür bereits mehr als 24 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Steinmeier erklärte, er habe mit Scharistani auch darüber gesprochen, was die Europäer zur Ausrüstung derjenigen beitragen könnten, die sich im Augenblick im Kampf gegen die IS-Milizen befänden. Inzwischen befindet sich Steinmeier nach Angaben des Auswärtigen Amtes auf dem Weg von Bagdad in die kurdische Stadt Erbil im Norden des Landes. Dort will er auch mit Flüchtlingen zusammenkommen, die vor den islamischen Extremisten geflohen sind.

Erstes deutsches Transportflugzeug bringt Hilfsgüter nach Erbil

Kurz vor Steinmeiers Eintreffen ist ein Transportflugzeug der Bundeswehr mit den ersten deutschen Hilfsgüter im Nordirak angekommen. Die Transall landete am Samstagmorgen auf dem Flughafen in Erbil im nordirakischen Kurdengebiet. Dorthin hatten sich Zehntausende Jesiden, Christen und andere Vertriebene gerettet, die vor der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geflüchtet waren.

Weitere Hilfsflüge der Bundeswehr vom türkischen Incirlik aus soll es voraussichtlich am Samstagabend geben. Insgesamt transportieren fünf Transall-Maschinen Hilfsgüter für die in Not geratenen Menschen im Nordirak. Die mit insgesamt rund 30 Tonnen Lebensmitteln und sechs Tonnen medizinischem Material beladenen Hilfsflieger waren am Freitagmorgen vom schleswig-holsteinischen Hohn aus gestartet.

IS-Kämpfer haben Massaker in Dorf angerichtet

Kämpfer der Dschihadistengruppe IS haben nach Angaben von Behörden und Augenzeugen im Nordirak Dutzende Jesiden hingerichtet. Der Regierungsvertreter Hoschjar Sebari sagte der Nachrichtenagentur AFP, ein "Konvoi von bewaffneten IS-Kämpfern" habe das Dorf Kudscho gestürmt und ein "Massaker" angerichtet. Er berief sich auf Geheimdienstinformationen sowie auf Angaben aus der Region. Es habe "rund 80 Tote" bei dem Vorfall am Freitag gegeben, die meisten von ihnen Jesiden, sagte Sebari.

Ein kurdischer Vertreter der Nordprovinz Dohuk sprach von mindestens 81 Toten und erklärte, die Angreifer hätten auch mehrere Frauen verschleppt. Der Jesiden-Kämpfer Mohsen Tawwal sagte der Nachrichtenagentur AFP, in dem Dorf lägen zahlreiche Leichen. Der Zentralrat der Jesiden in Deutschland spricht sogar von Hunderten getöteten Jesiden. Ein geflohener Augenzeuge habe berichtet, IS-Kämpfer hätten sämtliche Gefangenen aus der Sindschar-Region nach Kudscho gebracht und getötet, sagte ein Sprecher des Zentralrats der Nachrichtenagentur dpa. Frauen und Kinder seien in den Ort Tel Afar verschleppt worden. Demnach lebten in Kudscho etwa 180 Familien.

Die Jesiden sollen von den Kämpfern vor die Wahl gestellt worden sein, zu konvertieren oder getötet zu werden. Im Nordirak sind derzeit Zehntausende Menschen wegen der Offensive der Terrormiliz auf der Flucht.

UN-Sanktionen gegen Unterstützer der Islamisten im Irak und Syrien

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat Sanktionen gegen Unterstützer islamistischer Terrorgruppen im Irak und Syrien beschlossen. Eine entsprechende Resolution verabschiedete das mächtigste UN-Gremium am Freitag in New York einstimmig. Für sechs Männer, die als Hintermänner und Financiers der Terroristen gelten, wurden Reiseverbote und Kontensperrungen beschlossen. Zudem werden alle 193 UN-Staaten verpflichtet, die Finanzierung von und die Rekrutierung für Terrorgruppen zu unterbinden. Der Beschluss richtet sich insbesondere gegen die Terrorgruppen Islamischer Staat im Irak und Al-Nusra-Front in Syrien.

EU-Außenminister befürworten Waffenlieferungen an Kurden

Die Außenminister der Europäischen Union haben sich für Waffenlieferungen einzelner EU-Mitglieder in den Irak ausgesprochen. Ob sich Deutschland an Waffenlieferungen beteiligen wird, blieb zunächst unklar. "Wir müssen bis an die Grenze des rechtlich und politisch Machbaren gehen", sagte Steinmeier am Freitag. Er machte deutlich, dass in erster Linie die Osteuropäer gefragt sein könnten, weil sie über Munition für die Waffen der Kurden aus Sowjetzeiten verfügten.

MeinungSunniten gegen Schiiten
:Nahöstlicher Weltkrieg

Unter entsetzlichen Verwerfungen treten in Syrien die Bruchlinien eines 1400 Jahre alten und äußerst komplexen Konflikts zu Tage. Er kann Ländergrenzen einreißen und hat das Zeug zu einem nahöstlichen Weltkrieg: der Antagonismus zwischen den islamischen Glaubensanhängern, den Sunniten und Schiiten.

Ein Kommentar von Sonja Zekri, Kairo

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