Incirlik:"Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Soldaten zum Spielball werden"

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Der türkische Außenminister Çavuşoğlu empfängt seinen deutschen Kollegen Gabriel in Ankara. (Foto: AP)
  • Außenminister Gabriel (SPD) ist zu einem Krisengespräch in Ankara eingetroffen.
  • Es ist der wohl letzte Versuch, den Streit um die auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik stationierten Bundeswehrsoldaten zu schlichten.
  • Die Türkei hatte Bundestagsabgeordneten zuletzt den Besuch der Soldaten dort verweigert.

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) ist zu einem Krisengespräch mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Çavuşoğlu Ankara eingetroffen. Es ist der wohl letzte Versuch, zu einer Einigung im Streit um das Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik zu kommen.

Falls das nicht gelingt, sollen die rund 260 dort stationierten deutschen Soldaten mit ihren Tornado-Aufklärungsflugzeugen und einem Tankflugzeug abgezogen werden. Sie würden sich dann künftig von Jordanien aus am Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) beteiligen.

Gabriel wird in Ankara wahrscheinlich auch Präsident Recep Tayyip Erdoğan und Ministerpräsident Binali Yildirim treffen. Der Bundesaußenminister machte vor seinem Abflug klar, dass er in Ankara auf dem Besuchsrecht der Abgeordneten bestehen werde.

Das Tauziehen mit der Türkei dauere schon viel zu lange und sei zu einer großen Belastung der bilateralen Beziehungen geworden, sagte Gabriel. "Längst geht es nicht mehr nur um den gemeinsamen Kampf gegen den IS, sondern auch um Innenpolitik. Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Soldaten zum Spielball der politischen Wetterlage werden." Die Parlamentarier müssten die Soldaten im Auslandseinsatz jederzeit besuchen können.

"Wenn die Türkei sich festlegt, dass sie das in Incirlik nicht kann oder will, dann bleibt uns nur die Entscheidung für ein Verlegen", sagte Gabriel. Gleichzeitig machte der Außenminister deutlich, dass er die deutsch-türkischen Beziehungen wieder auf den Weg der Normalisierung bringen will. "Ich reise jetzt nach Ankara, weil wir nichts unversucht lassen dürfen, zu verhindern, dass wir einander gänzlich verlieren."

Die deutsch-türkischen Beziehungen sind seit vielen Monaten schwer belastet. Der Streit um den Bundeswehreinsatz in Incirlik ist nur einer von vielen Streitpunkten. Die Türkei hatte Verteidigungsexperten des Bundestags einen Besuch in Incirlik untersagt, weil Deutschland türkischen Soldaten Asyl gewährt hat. Ankara wirft den Offizieren eine Beteiligung an dem Putschversuch im vergangenen Jahr vor.

Streit gab es zwischen beiden Ländern auch rund um die Auftritte türkischer Regierungsvertreter vor dem Verfassungsreferendum im April, das Erdoğan knapp gewann. Belastet wird das Verhältnis außerdem durch die Inhaftierung des Welt-Korrespondenten Deniz Yücel und der Übersetzerin Mesale Tolu Corlu. Beiden wird Terrorpropaganda vorgeworfen.

© SZ.de/dpa/Reuters/pram - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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