Inakzeptable Antwort auf schriftliche Frage:Warum der Bundestagspräsident den Vizekanzler rügt

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Ein ungewöhnlicher Vorgang: Bundestagspräsident Lammert hat das Ressort des Vizekanzlers ermahnt. Gabriels Wirtschaftsministerium hatte eine schriftliche Frage zu Rüstungsexporten nicht ausreichend beantwortet. Dabei ist das Fragerecht eines der wichtigsten Rechte der Abgeordneten.

Von Robert Roßmann, Berlin

Es ist ein Vorgang, den es in Berlin nicht so oft gibt: Der Bundestagspräsident hat das Ressort des Vizekanzlers ermahnt. Anlass sind Fragen des Linken-Abgeordneten Stefan Liebich. Dieser hatte von Sigmar Gabriels Wirtschaftsministerium Details zu Rüstungsexporten wissen wollen. Das Ressort des SPD-Chefs antwortete aber nur ausweichend.

Der Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, wollte das nicht akzeptieren und beschwerte sich beim Parlamentspräsidenten. Und dieser hat jetzt reagiert: In einem Brief an Gysi, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, schreibt Lammert, er habe "das Ministerium aufgefordert, die entsprechenden Informationen nunmehr nachzuliefern".

Das Fragerecht ist eines der wichtigsten Rechte der Abgeordneten. Die Geschäftsordnung des Bundestages kennt vier Formen: Die große Anfrage, die kleine Anfrage, die schriftliche Frage und die mündliche Frage. Liebich hatte schriftliche Fragen gestellt. Um die Regierung nicht zu überlasten, darf jeder Abgeordnete höchstens vier derartige Fragen im Monat einreichen. Diese sollen dann aber "binnen einer Woche nach Eingang" beantwortet werden.

Liebich hatte unter anderem wissen wollen, in welcher Höhe im Jahr 2013 "Genehmigungen für den Export von Kleinwaffen, -teilen und -munition an die MENA-Staaten erteilt" wurden. "MENA" steht für "Middle East & North Africa" - also den Nahen Osten und Nordafrika.

Das Wirtschaftsministerium schickte Liebich am 28. Februar zwar einen Brief - allerdings ohne Antworten auf seine Fragen. Stattdessen verwies es darauf, dass der gesamte Rüstungsexportbericht für das Jahr 2013 "noch vor der Sommerpause" veröffentlicht und es zusätzlich einen "Zwischenbericht" geben werde. Das bedeutete: Liebich solle bis dahin warten.

Für Lammert ist diese Antwort nicht akzeptabel. In seinem Brief schreibt er, er habe den Protest der Linken "zum Anlass genommen, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie darauf hinzuweisen, dass die Verpflichtung zur Vorlage eines Rüstungsexportberichts nicht die verfassungsrechtlich garantierte Pflicht zur Beantwortung Parlamentarischer Anfragen verdrängen kann".

Für die Ministerien ist es allerdings nicht immer einfach, diese Pflicht zu erfüllen. Es gab Legislaturperioden, in denen mehr als 16 000 schriftliche Anfragen gestellt wurden.

© SZ vom 04.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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