Hilfsschiffe auf dem Weg nach Gaza:PR-Schlacht auf hoher See

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Eine weitere Hilfsgüter-Flottille für den Gaza-Streifen könnte Israel bald vor neue Herausforderungen stellen. Diesmal schicken Iran und der Libanon Schiffe.

Peter Münch, Tel Aviv

Eine weitere Hilfsgüter-Flottille für den Gaza-Streifen könnte Israel schon bald vor neue Herausforderungen stellen. Denn die Boote sind von heikler Herkunft: Sowohl aus Iran als auch aus dem Libanon wird gemeldet, dass entsprechend ausgerüstete Schiffe startklar seien. Offenbar haben Israels ärgste Feinde nun die hohe See als schwache Flanke erkannt, an der sie dem jüdischen Staat vor den Augen einer kritischen Weltöffentlichkeit heftig zusetzen können. Israels Militär jedoch will sich nicht in die Enge treiben lassen. Gewohnt deutlich werden die potentiellen Blockadebrecher gewarnt.

Die Situation nach dem blutigen Sturm auf das türkische Hilfsschiff Mavi Marmara (im Hintergrund) ist immer noch aufgeheizt. Doch was jetzt am Horizont erscheint, zeigt Israels Regierung, dass das Flottillen-Fiasko noch längst nicht durchgestanden ist. (Foto: afp)

Nach einigem propagandistischen Getrommel, bei dem die Teheraner Führung ursprünglich sogar die Begleitung der Schiffe durch die paramilitärischen Revolutionsgarden angekündigt hatte, hat sich nun herauskristallisiert, dass der Iranische Rote Halbmond allein verantwortlich zeichnen soll für die maritime Hilfslieferung an die Palästinenser. Zweimal bereits hatte diese Organisation in der Vergangenheit erfolglos versucht, Schiffe mit Hilfsgütern nach Gaza zu schicken, zuletzt kurz nach dem Krieg im Januar 2009. Nun soll ein erster Frachter - Teheraner Angaben zufolge beladen mit gespendeten Lebensmitteln und Arzneien - den Hafen von Bandar-Abbas bereits verlassen und Kurs auf den Gaza-Streifen genommen haben. Ein zweites Schiff soll noch in der Türkei Zwischenstation machen.

In Israel wird das als pure Provokation verstanden. Der Iranische Rote Halbmond gilt der Regierung nicht als Hilfsorganisation, sondern als Handlanger der Geheimdienste. Als Beleg dafür wird auf einen CIA-Bericht aus dem Jahr 1996 verwiesen. Überdies stünde zum Beispiel das Schiff Iran Shahed (Iranischer Märtyrer), das 2009 die Blockade brechen sollte, wegen Waffenschmuggels auf einer Schwarzen Liste der USA. Die israelische Marine erklärt, sie sei gerüstet für den Einsatz gegen "Provokateure" an Bord. Doch die Gegenseite zeigt sich davon wenig beeindruckt. "Wir fürchten die israelischen Drohungen nicht", wird einer der iranischen Organisatoren zitiert. "Sie können höchstens unser Schiff konfiszieren, oder wir sterben als Märtyrer."

So aufgeheizt ist die Lage immer noch nach dem blutigen Sturm auf das türkische Hilfsschiff Mavi Marmara, dass sich selbst mit Gerüchten trefflich Stimmung machen lässt. Zur Flottille, die in den nächsten Tagen schon aus dem Libanon nach Gaza schippern soll, könnte auch ein Hisbollah-Schiff gehören, meldet die israelische Zeitung Jedioth Ahronot. Der besondere Clou: Es sollen nur Frauen an Bord sein. Das israelische Militär wird demnach von den Islamisten nun mit allen Waffen bekämpft, auch mit weiblichen.

In Gaza träumt die Hamas unterdessen von einem großen Flottillen-Finale zum Ende des Fastenmonats Ramadan im September. Aus aller Welt sollen dann Hilfsschiffe vor Gazas Küste auftauchen. Bis dahin ist es noch eine Weile hin. Doch was nun bereits am Horizont erscheint, zeigt Israels Regierung, dass das Flottillen-Fiasko noch längst nicht durchgestanden ist.

© SZ vom 16.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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